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Tauberbischofsheim: Peter Bofingers Vision für Deutschlands wirtschaftliche Zukunft

Tauberbischofsheim

Peter Bofingers Vision für Deutschlands wirtschaftliche Zukunft

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    Peter Bofinger bei seinem Vortrag in Tauberbischofsheim. Der deutsche Ökonomen war von 2004 bis 2019 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den sogenannten fünf Wirtschaftsweisen.
    Peter Bofinger bei seinem Vortrag in Tauberbischofsheim. Der deutsche Ökonomen war von 2004 bis 2019 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den sogenannten fünf Wirtschaftsweisen. Foto: Ulrich Feuerstein

    Die Wirtschaft schrumpft. Die Arbeitslosigkeit steigt. "Ist Deutschland der 'kranke Mann' in Europa?" Das fragte Professor Peter Bofinger im Casino der Vereinigten Spezialmöbelfabriken (VS). Der Vortrag vor rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörern war eine Kooperationsveranstaltung des Rotary Clubs Tauberbischofsheim und des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), Arbeitskreis Bad Mergentheim.

    Die Zahlen sind alarmierend. Der Internationale Währungsfonds senkt die Wachstumserwartungen für Deutschland in diesem Jahr auf null. Das ist der schwächste Wert aller führenden westlichen G7-Industriestaaten. Das Bruttoinlandsprodukt stagniert seit 2019. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Gleiches gilt für Produktion und Auftragseingang.

    Peter Bofinger ist Seniorprofessor an der Universität Würzburg für Volkswirtschaft, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen.
    Peter Bofinger ist Seniorprofessor an der Universität Würzburg für Volkswirtschaft, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen. Foto: Ulrich Feuerstein

    An der oftmals ins Feld geführten überbordenden Bürokratie liegt es nach Auffassung von Peter Bofinger nicht. Er ist einer der bekanntesten deutschen Ökonomen. Von 2004 bis 2019 war er Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den sogenannten fünf Wirtschaftsweisen. Aktuell ist er Seniorprofessor an der Universität Würzburg für Volkswirtschaft, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen.

    Neben den hohen Energie- und Lohnkosten sei es vor allem das schlechte makroökonomische Umfeld, das Investitionen verhindere, meinte Bofinger und verwies auf einen Bericht der Bundesbank. Das "Geschäftsmodell Deutschland" gerate so unter Druck. Die deutsche Wirtschaft leide unter der Deglobalisierung. Und der hohe Anteil der Industrie an der deutschen Wirtschaft gerate zum Nachteil, weil die Energiepreise steigen.

    Zahl der Neuzulassungen von E-Autos um fast 70 Prozent abgestürzt

    Ein Problem sah Bofinger auch in der herausragenden Stellung der Automobilindustrie. Fast 800.000 Personen sind in Deutschlands wichtigstem Industriezweig beschäftigt. Da ist es fatal, wenn der Absatzmarkt zusammenbricht. EU-weit ging die Zahl der Neuzulassungen im August um über 18 Prozent zurück. Auch in Deutschland übte sich die Bevölkerung in Kaufzurückhaltung. Das lag aber nicht, wie Bofinger vermutete, daran, dass die deutschen Autobauer die Elektromobilität verschlafen hätten. Die E-Autos sind schlicht zu teuer. Kein Wunder, dass die Zahl der Neuzulassungen um fast 70 Prozent abstürzte.

    Peter Bofinger beim Vortrag in Tauberbischofsheim.
    Peter Bofinger beim Vortrag in Tauberbischofsheim. Foto: Ulrich Feuerstein

    Was tun? Bofinger, der schon immer als führender Vertreter einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik galt, sprach sich bei seinem Vortrag in Tauberbischofsheim für eine "transformative Angebotspolitik" aus. Den Staat wollte er dabei als "zentrales Element der Lösung" der Wirtschaftsprobleme sehen. In Anlehnung an den Ökonomen Joseph Schumpeter sprach er sich für die "Andersverwendung der verfügbaren Ressourcen" aus.

    Der Staat identifiziert dieser Theorie nach Zukunftstechnologien und subventioniert innovative Unternehmen. Eine erhöhte Staatsverschuldung wird dabei als Instrument der Transformationspolitik in Kauf genommen. Chinas Dominanz bei erneuerbaren Technologien, Bidens Inflation Reduction Act in den USA und die französische Industriepolitik nannte Bofinger als Beispiele, an denen Deutschland sich orientieren sollte.

    Das Bild zeigt (von links): Armin Stremlau (Rotary), Peter Bofinger, Harald Keitel (Rotary), Karl-Heinz Schmidt (VDI)
    Das Bild zeigt (von links): Armin Stremlau (Rotary), Peter Bofinger, Harald Keitel (Rotary), Karl-Heinz Schmidt (VDI) Foto: Ulrich Feuerstein

    Noch steht diesem Vorhaben die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse entgegen. Bofinger will sie reformieren. "Die Staatsverschuldung ist unser geringstes Problem", behauptete er. Der Staat müsse jetzt Geld in die Hand nehmen und als Risikokapitalgeber in Erscheinung treten.

    Ob das wirklich so eine gute Idee ist? Im September hat Intel seine Chipfabrik in Magdeburg storniert. Trotz versprochener Subventionen in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro. Und vor wenigen Tagen hat US-Chiphersteller Wolfspeed seine Pläne für eine Chipfabrik im saarländischen Ensdorf auf Eis gelegt. Auch dafür waren üppige Subventionen vorgesehen: 360 Millionen Euro vom Bund und 155 Millionen Euro vom Land.

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