Hochkonzentriert fokussiert Marie den grünen Eimer, in den sie einen kleinen Plastikring werfen soll. Sie zielt, wirft und trifft. Doch Marie steht dabei nicht auf dem Boden, sie sitzt auf Conchita – einer 1, 50 Meter großen Stute – und diese Übung gehört zu ihrer Reitstunde auf dem Pferdehof Wiesengrund.
Wie lange sie schon reitet, weiß die Siebenjährige nicht genau, aber bei einem ist sie sich sicher: „Es macht total Spaß.“ Traben gefällt der Schülerin am Besten. „Es ist zwar hoppelig, aber so schön schnell – vor allem auf Sheila“, strahlt sie. Sheila ist ihr Lieblingspferd. Doch nicht nur ihres, auch ihre Reiterkollegen Vivien und Philip mögen die Schimmelstute am liebsten. „Sie ist schließlich ein richtiges Turnierpferd und hilft Miriam, Wettkämpfe zu gewinnen“, erklärt Philip.
Obwohl er ein Junge ist, Reiten ist seine Leidenschaft. „Fußball finde ich doof, aber dieser Sport hat mir von Anfang an Spaß gemacht.“ Was er am tollsten an der Reitstunde findet? „Zu lernen, wie man mit einem Pferd umgeht, weil Pferde und Hunde meine Lieblingstiere sind.“ Da ist er auf dem Pferdehof Wiesengrund gerade richtig. Denn Miriam Müller liegt es am Herzen, den richtigen Umgang mit dem Pferd zu vermitteln.
Tiere im Mittelpunkt
1998 begann sie selbst, Westernreitunterricht zu nehmen. Vier Jahre später kaufte sie sich ihr erstes Pferd – Sheila. Immer wieder wollten Freunde und Bekannte die Stute reiten und Miriam unterrichtete sie. 2008 entschloss sich die hauptberufliche Erzieherin, ihr Hobby zum Nebenberuf zu machen: die Geburtsstunde des Pferdehofes Wiesengrund.
Heute leitet sie den Betrieb mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Eltern ganz nach ihren eigenen Vorstellungen: „Wir sind ein Pferdehof und kein Reiterhof, deshalb stehen die Tiere bei uns im Mittelpunkt. Die Kinder lernen von Anfang an das richtige Verhalten gegenüber den Vierbeinern.“
Kein Leistungsdruck
Zu einem Pferd gehört schließlich mehr als nur das Reiten. Misten, Füttern, Putzen und Satteln, das alles machen die Kinder selbst vor ihrer Reitstunde. Es gehe dabei nicht darum, dass sie eine ganze Box gründlich misten, sondern darum, ein Gefühl für das Tier und die dazugehörigen Aufgaben bekommen, so die 25-Jährige. Und von Nörgeln und Jammern keine Spur. Auch diese vermeintlich ungeliebten Arbeiten erledigen die Reitschüler gerne.
Allerdings: Am schönsten finden es die meisten dann doch auf dem Rücken der Pferde. Strahlend erfüllen sie jede Aufgabe, die Miriam Müller während des Reitunterrichts stellt. Der Schmetterling? Kein Problem. Selbstbewusst und ohne Zögern lässt die siebenjährige Vivien den Festhaltegriff los und reitet freihändig. „So bekommt sie spielerisch ein Gefühl für die Bewegungen des Pferdes“, erklärt die Reitlehrerin.
Spielend lernen – das wird auf dem Pferdehof groß geschrieben. „Kinder lernen am besten durch eigene Erfahrungen“, sagt Müller. Nach diesem Ansatz baut sie ihren Unterricht auf. Ob aufrecht sitzen, den Kopf gerade halten oder andere Grundlagen des Reitens: Statt theoretischer Erklärungen gibt es Praxis pur.
Ein Beispiel? Die so genannte Doppelkrone. Dabei legt sich der Schüler während des Reitens zwei Plastikringe übereinander auf den Kopf. „Fallen sie runter, hat man nicht gerade gesessen. Das ist ganz einfach und die Kinder verstehen es sofort.“ Zunächst werden die Kinder bei solchen Aufgaben geführt, doch wenn sie sicherer sind, dürfen sie auch frei reiten.
Leistungsdruck ist auf dem Pferdehof Wiesengrund Fehlanzeige. Das hat Miriam Müller immer gestört – sowohl als Reitlehrerin als auch als Reiterin selbst. „Bei uns steht der Spaß im Vordergrund.“ Den hatten auch Vivien, Philip und Marie in ihren Reitstunden. Erschöpft aber glücklich steigen sie ab und versorgen gewissenhaft die beiden Schulpferde Sheila und Conchita.
Weitere Informationen zum Pferdehof Wiesengrund gibt es unter: www.pferdehof-wiesengrund.de.