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NIEDERSTETTEN: Tag der Heimatforschung: Doktorandin Elisabeth Grüner nahm Sozialakten unter die Lupe

NIEDERSTETTEN

Tag der Heimatforschung: Doktorandin Elisabeth Grüner nahm Sozialakten unter die Lupe

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    Der Vergangenheit auf der Spur: Rund 70 Bürger nahmen die Einladung zum 23. „Tag der Heimatforschung“ – diesmal in Niederstetten – an. Walter Krüger führte durch die Stadt.
    Der Vergangenheit auf der Spur: Rund 70 Bürger nahmen die Einladung zum 23. „Tag der Heimatforschung“ – diesmal in Niederstetten – an. Walter Krüger führte durch die Stadt. Foto: Foto: Inge Braune

    Vor 23 Jahren rief Volker Rödel, der damalige Leiter des Archivverbunds Main-Tauber, den „Tag der Heimatforschung“ ins Leben. Das Konzept, die regionalen Heimatforscher einmal jährlich an wechselnden Orten zum Austausch über Neuigkeiten und Entwicklungen zusammenzuführen, erweist sich auch heute noch als tragfähig: Rund 70 historisch interessierte Gäste aus dem gesamten Main-Tauber-Kreis konnten jetzt Archivverbundsleiterin Monika Schaupp und Landrat Reinhard Frank im Kultur- und Literaturtreff Niederstetten, kurz KULT, begrüßen.

    Das Kernthema des Treffens steuerte die Trierer Doktorandin Elisabeth Grüner bei, die sich mit der „Ländlichen Armut im Schatten des Wirtschaftswunders“ auseinandersetzt. Exemplarisch konnte sie anhand der Sozialakten der sogenannten „Odenwaldkreise“ Tauberbischofsheim, Buchen, Mosbach und Sinsheim ein Ursachenbündel identifizieren, das der in der Zeit von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder meist verschämten Armut auf dem Land Vorschub leistete.

    Einerseits wurde der ländliche Raum als Auffangbecken für Vertriebene genutzt, andererseits überschnitten sich auf dem Land die Bewältigung der Kriegsfolgen und der landwirtschaftliche Strukturwandel. Es fehlten schlicht Arbeitsplätze. Während in den Ballungsräumen Industrieansiedlungen auch ungelernten Arbeitskräften Existenzmöglichkeiten öffneten, ging die Zahl der landwirtschaftlichen Arbeitsplätze durch das einsetzende Höfesterben zurück. Ein modernes Rentensystem für Landwirte war noch im Aufbau. Zum einen dünnte der durch Modernisierungsbedarf erzwungene Strukturwandel die Möglichkeiten zur Versorgung mithelfender Familienmitglieder aus, zum anderen wurden bei Fürsorgeanträgen die Möglichkeiten der Selbstversorgung überschätzt. Landbesitz galt als Haben. Entsprechend restriktiv wurden Beihilfen gewährt, auch wenn sich etwa der Tauberbischofsheimer Landrat Anton Schwan (1948-1964) und etliche Bürgermeister für die Antragsteller einsetzten, die ohnehin erst in höchster Not Hilfen beantragten. Entsprechend warnte bereits damals Landrat Schwan vor der „Abwanderung des Humankapitals“. Heute steht Landrat Frank einer ähnlichen Herausforderung gegenüber, allerdings unter umgekehrten Vorzeichen: Die Region ist wirtschaftlich gut aufgestellt, muss sich aber angesichts des demographischen Wandels schwer ins Zeug legen, um insbesondere junge Akademiker nach ihrer Ausbildung wieder für die Region zu begeistern.

    Karl Fink und Walter Krüger, Vorsitzender des Niederstettener Heimatvereins „Steidemer Männle“ und zugleich Bürgermeisterstellvertreter, verbanden beim anschließenden Stadtrundgang lokale Zeugnisse und Geschichtserfahrung gelungen mit dem Beitrag der Referentin. Da zeugen etwa an die Stadtmauer angrenzende Häuschen von erzwungener Sparsamkeit, hier und da sind noch vereinzelt die krummen, engen Gässchen zu entdecken, die in alten Oberamtsberichten kritische Erwähnung fanden. Die 1847 kritisierten „oft aus Holz gebauten, teilweise armseligen und ungesunden Wohnungen“ haben die Bewohner der Gegenwart in manch schmuckes Kleinod verwandelt.

    Beim Empfang wurde die Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit der Referentin rege genutzt. Nur zu gern notierte sich mancher Angebote wie die Schriftlesekurse, die der Archivverbund anbietet.

    Infos: www.landesarchiv-be.de/staw.

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