Es war der Versuch, das Publikum mit weniger bekannten Stücken zu überraschen, und er scheint geglückt. Mit insgesamt 17 338 Zuschauern, die heuer die Röttinger Frankenfestspiele besuchten, zeigt sich Bürgermeister Martin Umscheid, verantwortlich für die wirtschaftliche Seite der Festspiele, zufrieden.
Die Zahl liege in etwa auf dem Stand des Vorjahres. Lediglich das bekannteste Stück auf dem Spielplan, Franz Lehárs Operette „Paganini“, blieb, obwohl von der Kritik hoch gelobt, hinter den Erwartungen zurück.
Ein Jugendroman aus dem frühen 20. Jahrhundert bildet die Grundlage für das Musical „Der geheime Garten“, mit dem sich die künstlerischen Leiter der Frankenfestspiele heuer gleich in mehrfacher Hinsicht auf Neuland gewagt hatten. Das 1991 am New Yorker Broadway uraufgeführte Musical war in Röttingen erstmals in deutscher Fassung auf einer deutschen Festivalbühne zu sehen.
In den jugendlichen Hauptrollen – auch das ein Novum – waren Nachwuchsschauspieler aus der Region zu sehen. Ein Vierteljahr lang hat sich Musikdirektor Walter Lochmann für das Casting Zeit genommen. Die 13-jährige Vera Herberich aus Würzburg, Luis Schmidbauer aus Wiesentheid und Niklas Röckert aus Lauda-Königshofen meisterten ihre Aufgabe, Seite an Seite mit den Profi-Schauspielern, mit Bravour.
Aufwärtstrend hält an
„Ich bin sehr, sehr stolz auf unsere Kinderdarsteller“, resümiert Bürgermeister Martin Umscheid. Um fünf Prozent seien die Zuschauerzahlen beim Musical gestiegen so Umscheid weiter, ein Zeichen, dass die Aufwärtsentwicklung der letzten Jahre anhält.
Überraschend erfolgreich war auch das Schauspiel „Der Weibsteufel“ gelaufen. Überraschend deshalb, weil das kurz vor dem Ersten Weltkrieg verfasste Stück des Österreichers Karl Schönherr alles andere ist als leichtes Sommertheater, sondern ein ernstes Volksstück, das sich auf durchaus zeitgemäße Art mit dem Thema Emanzipation auseinandersetzt.
Von den Zuschauerzahlen her rangierte das Schauspiel erwartungsgemäß hinter den Singspielen. Eine Steigerung um 15 Prozent zur letztjährigen Aufführung Inszenierung von Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ zeigt aber, dass die Auswahl und die Inszenierung von Pavel Fieber durchaus Gefallen gefunden hat. Schauspieldirektor Sascha Oliver Bauer will auch in Zukunft an dem Dreiklang aus Musical, Operette und Schauspiel festhalten.
Mehr Zuspruch hatte sich die Festspieleleitung für die Lehár-Operette „Paganini“ erhofft. Obwohl mit dem Opernsänger Alexandru Badea und seiner Ehefrau Elena Dediu hochrangig besetzt, lag die Zuschauerzahl 16 Prozent hinter dem Vorjahr zurück, als der Operetten-Klassiker „Wiener Blut“ auf dem Spielplan stand.
Bei der Übernahme der künstlerischen Leitung vor drei Jahren haben Musikdirektor Walter Lochmann und Schauspieldirektor Sascha O. Bauer mit dem Aufbau eines Extra-Ensembles und eines Extra-Chores aus ambitionierten Laien begonnen. Damit war das Ziel verbunden, die Röttinger Festspiele besser in der Region zu verankern. Auch die Umbenennung in Frankenfestspiele trug diesem Anspruch Rechnung.
Aus Sicht von Bürgermeister Martin Umscheid ist diese Rechnung auch heuer wieder aufgegangen. „Die Leistungen des Profi-Ensembles und die des Extra-Ensembles und Extra-Chores waren herausragend und haben den Qualitätsanspruch der Frankenfestspiele als einziges Profitheater in dieser Größenordnung im Landkreis Würzburg wieder einmal unter Beweis gestellt“, sagt er.
Zuschussbedarf noch offen
Wie die wirtschaftliche Bilanz der Festspiele 2015 aussieht, steht noch nicht fest. Erst mit Aufstellung des Haushaltsplans für das kommende Jahr sollen gesicherte Zahlen vorliegen. Im vergangenen Jahr betrug der Fehlbetrag, denn die Röttinger Stadtkasse ausgleichen musste, knapp 100 000 Euro, 70 000 Euro weniger als noch im Jahr zuvor. Langfristiges Ziel, so Umscheid, sei ein Zuschussbedarf von 85 000 Euro.
Inzwischen laufen bereits die Vorbereitungen auf die 33. Spielzeit im kommenden Jahr. Nach dem diesjährigen Ausflug in weniger bekannte Gefilde wird mit Andrew Lloyd Webbers „Sunset Boulevard“ dann wieder ein Musical-Klassiker zu sehen sein. Bei der Operette greifen die Festspiele mit „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kálmán ebenfalls auf einen bekannten Stoff zurück.
Auf unerschlossenes Terrain wagt sich die Festspielleitung hingegen mit dem modernen Schauspiel „Kunst“ der französischen Autorin Yasmina Reza. Die 1993 entstandene Komödie setzt sich auf unterhaltsame Weise mit dem Kunstbegriff auseinander.
Beim Starkonzert der Festspiele am 4. Juli 2016 wird die Kölner A-Capella-Band „Wise Guys“ zu Gast sein. Der Vorverkauf für die Frankenfestspiele 2016 startet am 1. November.