Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Baden-Württemberg
Icon Pfeil nach unten

Bad Mergentheim: Wegen sexueller Belästigung verurteilter Lehrer bestreitet Vorwürfe: "Ich habe das schon hunderte Male so gemacht"

Bad Mergentheim

Wegen sexueller Belästigung verurteilter Lehrer bestreitet Vorwürfe: "Ich habe das schon hunderte Male so gemacht"

    • |
    • |
    Am Landgericht Ellwangen wird der Prozess gegen einen wegen sexueller Belästigung und Nötigung verurteilten Lehrer neu aufgerollt. 
    Am Landgericht Ellwangen wird der Prozess gegen einen wegen sexueller Belästigung und Nötigung verurteilten Lehrer neu aufgerollt.  Foto: Manuela Göbel

    Im Berufungsprozess am Landgericht Ellwangen muss sich ein Lehrer wegen sexueller Belästigungen und schwere Nötigung verantworten. Vom Amtsgericht war der langjährige Lehrer einer weiterführenden Schule in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) im März dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, gegen die er Berufung eingelegt hat. 14 Zeuginnen und Zeugen sagen jetzt im Berufungsprozess vor dem Landgericht aus.  

    Der Oberstudienrat streitet die Taten weiterhin ab. Dass er sich 2022 im BWL-Unterricht einer Schülerin auf die Oberschenkel gesetzt und eine andere auf seine genommen hat, bestätigt er vor dem Landgericht. Aber: "Schenkelsitzen ist ein Kennenlernspiel, das ich schon hunderte Male so gemacht habe." Jugendliche hätten sich nie beschwert, "einen sexuellen Hintergrund" gebe es nicht.    

    Damals 16-jährige Schülerin: "Ich habe mich angewidert gefühlt"

    Die damals 16 Jahre alten Mädchen, die bei dem Spiel eng an den über 60-Jährigen gepresst waren, empfinden das anders. "Es hatte eine sexuelle Komponente. Ich habe mich angewidert gefühlt", sagt eine Zeugin in der Verhandlung. Der Lehrer habe sie an der Hüfte gepackt und an sich gezogen. "Ich wollte mich losreißen, habe mich aber nicht getraut", berichtet die andere.     

    Mit Androhung von schlechten Noten zum Mitmachen gezwungen 

    Weinend schildert die heute 18-Jährige, dass sie seit dem Vorfall Berührungen nicht ertragen könne. Die andere sagt: "Ich hatte das restliche Schuljahr Angst vor ihm und versuchte, ihm nicht aufzufallen". Dass viele in der Klasse bei dem Spiel nicht mitmachen wollten, aber durch die Androhung schlechter Noten dazu genötigt wurden, sagen vier Augenzeugen aus.

    Einen weiteren sexuellen Übergriff soll es 2020 bei einer Skifreizeit gegeben haben: Der Lehrer habe einer Schülerin, die an nach dem Duschen an ihm vorbeimusste, auf den nur mit einem Handtuch bedeckten Hintern geschlagen. Eine weitere Schülerin ist sich "tausend Prozent" sicher, das gesehen zu haben. Der Angeklagte streitet es vor Gericht ab. 

    Anzügliches und fremdenfeindliches Verhalten sei an der Schule seit Jahren bekannt  

    Bei der Aufklärung dieser Vorwürfe werden auch Vorfälle geschildert, die dafür nicht relevant sind, aber ein schlechtes Licht auf die weiterführende Schule werfen. Denn für anzügliches und fremdenfeindliches Verhalten sei der Lehrer laut Schülern und Kollegen dort seit Jahren bekannt. 

    "Er sagte uns, als Mann müsse er in den Ausschnitt eines Mädchens schauen", sagt eine Schülerin vor Gericht. Zwei Zeugen mit Migrationshintergrund erzählen, sie seien von dem Lehrer als "die Türken" tituliert worden. Ein Kollege berichtet, was der Angeklagte mit einer Klasse "spielte": Einem Jungen, der sich nicht wehren konnte, wurde von den anderen die Hose heruntergerissen.  

    Die Frankfurter Rechtsanwältin, Anne Patsch, sieht in diesen Schilderungen den Versuch, ihren Mandanten "schlecht zu machen". Das "Hosenrunterziehen" hätte der Betroffene lustig gefunden. Der Lehrer selbst beschreibt sich als einer, der seinen Schülerinnen und Schülern "auf Augenhöhe" begegnen wolle.

    Gute Noten für entlastenden Brief?

    Bei einigen in der Schule kam das gut an. Von "einem Fanclub" des Angeklagten spricht der Lehrer, der mit einer Kollegin die Aufklärung in Gang gesetzt hat, "damit den Schülern endlich geholfen wird." Für manche an der Schule seien sie seitdem "schwarze Schafe".      

    Wie der angezeigte Oberstudienrat auf die Vorwürfe reagierte, kam am Landgericht auch zur Sprache. "Er hat uns aufgefordert einen Brief schreiben, dass er ein guter Lehrer ist", berichten mehrere Jugendliche der Klasse, mit der er "Schenkelsitzen" gespielt hat. Sogar gute Noten soll der Angeklagte dafür versprochen haben. Mittlerweile unterrichtet er nicht mehr, sondern ist freigestellt. Das Urteil im Berufsprozess soll nächste Woche fallen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden