Mehr als 14.000 Besucherinnen und Besuchern, rund 60 Bands aus Rock, Punk oder Rap - beim 25. Taubertal-Festival in Rothenburg ob der Tauber am zweiten August-Wochenende herrschte ausgelassene Stimmung. Viele feierten bei strahlendem Sonnenschein und Sommerhitze mit internationalen Bands wie "Biffy Clyro", "Flogging Molly" oder der deutschen Gruppe "Kraftklub" die Rückkehr eines der größten Festivals der Region nach zwei Jahren Pandemie-Pause.
Doch trotz aller Freude und einem weitgehend ungestörten Ablauf des Musikfestivals, wird in den Tagen danach Kritik an der musikalischen Zusammensetzung des Programms laut. Eine der Kritikerinnen ist Miriam Wesnitzer, die an der Universität in Würzburg Lehramt für Englisch und Biologie studiert. Die 24-Jährige besuchte zum ersten Mal das Taubertal-Festival auf den Eiswiesen vor der Kulisse Rothenburgs. In einem Schreiben an die Redaktion kritisiert Wesnitzer das "männerlastige Line-Up" der diesjährigen Jubiläumsausgabe des Festivals scharf.

"Ich habe das Line-Up gesehen und mich darüber geärgert. Es macht mich wütend und frustriert mich zugleich, dass männliche Musiker eine Bühne geboten bekommen - egal ob sie bekannt sind oder nicht und zugleich so absurd wenige Frauen im Programm vertreten sind", schreibt die 24-Jährige. Das Taubertal-Festival sei ein Sinnbild dafür, wie man auch im 21. Jahrhundert noch mit weiblichen Musikern umgehe - und Jahr für Jahr aufs Neue.
Generell zu wenig Frauen im Bühnenprogramm von Festivals
Die Studentin aus Würzburg bezieht sich mit ihrer Kritik in erster Linie auf die Hauptprogramm der beiden großen Bühnen. Dort traten heuer 32 Bands auf. Zählt man die Live- und Session-Musikerinnen und -Musiker mit, standen nach Recherche und Schätzung der Redaktion 119 Männer und 17 Frauen auf den beiden Bühnen. Sieben der 32 Bands hatten mindestens eine Frau in den eigenen Reihen. Die schwedische Rock-Band "Modesty" bestand als einzige rein aus Musikerinnen.

Der Vorwurf einer Männerdominanz im Programm von Festivals ist nicht neu. Die Komikerin und Autorin Carolin Kebekus veranstaltete in diesem Juni in Köln deshalb eigens ein Festival, bei dem ausschließlich Künstlerinnen auf der Bühne standen und bei dem unter anderem über die Frage "Warum gibt es so wenig weibliche Acts auf Bühnen?" diskutiert wurde.
Veranstalter des Taubertal-Festivals: Buchbare Acts sind von Männern dominiert
Die Veranstalter des Rothenburger Festivals halten die Kritik von Besucherinnen und Besucher für durchaus berechtigt: "Ich weiß, dass es viel zu wenig Künstlerinnen im Vergleich sind", sagte Festival-Organisator Volker Hirsch bei der Abschlusspressekonferenz. Seiner Meinung nach handelt es sich dabei um einen Teufelskreis.
"Die Festivals werden gerade an die Wand genagelt, weil sie zu wenig Künstlerinnen haben", so Hirsch. Die Mehrzahl der "kommerziell machbaren Acts" für das Taubertal-Festival sei derzeit jedoch noch von Männer dominiert. "Fakt ist, wir buchen Bands, die zu unserem Festival passen, die eine Live-Qualität - und eine gewisse Zugkraft haben."
Rothenburger Veranstalter lehnt Frauenquote unter Künstlern ab
Gerade im Bereich der Gitarrenmusik sei die Tradition, sich im Proberaum zu treffen, früher in erster Linie ein Männerding gewesen, meint Hirsch. "Ich freu mich, dass es weibliche Acts gibt, die da auch aufrücken." Ein Quote für das Festival wolle man von Veranstalter-Seite nicht erfüllen. Ziel des Taubertal-Festivals sei es in erster Linie ein gutes Programm zu erstellen.

Miriam Wesnitzer hält das für fadenscheinig: "Wenn jemand behauptet, dass bekannte Bands nur männlich sind, handelt es sich dabei schlicht um eine Ausrede." Das Hamsterrad könne nur durchbrochen werden, wenn Veranstalterinnen und Veranstalter endlich damit anfingen, mehr weibliche Acts auf die Bühne zu holen, sagt die 24-Jährige.
Veranstalter des Taubertal-Festivals will weibliche Bands bevorzugen
Wie geht es in Rothenburg weiter? "Wenn ich die Möglichkeit oder die Entscheidung habe eine gleichwertige Band zu setzen, dann will ich diesen Trend unterstützen und Künstlerinnen vor den Künstlern bevorzugen", sagt Volker Hirsch. Auch wenn das heuer nicht geklappt habe, wolle er den Trend in Zukunft bewusst fördern.