Egal, ob wie zuletzt im Februar 2020 oder nun auch im Juli 2022: Die Prunksitzungen der Fastnachtsgesellschaft Werbacher Goaggerli (FGWG) sind immer Spitze – sei’s sonst im Winter und eben jetzt im Sommer, und das bei größter Hitze!
Eigentlich gilt es längst als fest zementiert, dass eine übliche Kampagne vom 11.11. bis zum nächsten Aschermittwoch dauert: Nicht so jedoch in der beschaulichen Gemeinde, in der die Fastnachter seit jeher ihr eigenes spezielles Brauchtum pflegen. Nicht eingebunden somit in den kreisübergreifenden Narrenring Main-Neckar, platzierten die Werbacher Goaggerli daher ihr Highlight der Session mitten in die heiße Jahreszeit – und der Erfolg gab ihnen recht.
120 Akteurinnen und Akteure
Insgesamt rund 580 Besucherinnen und Besucher strömten an zwei Abenden bei "vollem Haus" in die dekorierte Tauberhalle, um nach zweieinhalbjähriger Pause ein jeweils fünfstündiges Programm abzufeiern, bei dem die Stimmungswogen von Anfang an hochschlugen. Kein Wunder auch bei etwa 120 Akteurinnen und Akteuren aller Altersschichten.
Aus dem Fünfer- statt üblichem Elferrat ragte ein neues Gesicht heraus: Nach 33-jähriger Präsidentschaft von Charly Höfling, schwingt ab sofort Christian Herold das Zepter. Er fand sich bereits gut in den ziemlich großen Fußstapfen seines Vorgängers ein, wobei er wie gewohnt in einem Rundum-Resümee die bemerkenswerten Ereignisse der jüngsten Vergangenheit beleuchtete.

Die Auftakt-Gegenwart bei den 2022er-Prunksitzungen gehörte allerdings erst einmal dem Nachwuchs: Bei erstmaliger musikalischer Umrahmung durch die "Gaudi-Profis" Kurt & Roger wuselten nacheinander die Kindergarde (Trainerinnen Elisa Sendelbach, Meike Hahner und Selina Behringer) sowie die Schautanzgruppe der Kleinsten (Natascha Reichert und Julia Wolny) über die Bretter.
Probleme des Autokaufs
Die ebenfalls nicht zu verdenkende Spannung überspielten danach die jungen Damen der Weißen Garde (Melanie Schweder und Jessica Bauer) bei ihrem Formationstanz, ehe Silas Förter zum zweiten Mal die ja nicht leichte Aufgabe als "Eisbrecher" bewältigte. Während sich der Büttenredner als "Jugendlicher ohne Plan" vorwiegend mit dem schwierigen Problem des Autokaufs beschäftigte, entführten die "Chicken Queens" (Elisa Sendelbach und Luisa Förter) in die unheimliche mexikanische Welt von "Dia de los Muertos".
Umso lebendiger präsentierte sich dafür im Anschluss das Tanzpaar Hannah Liebers und Lisa Baum (Katharina Liebers), bevor der "Kreuzfahrer" Johannes Rossi nach einer anstrengenden Reise als Fazit seiner Büttenrede die Erkenntnis vermittelte "Fahr‘ nicht fort, bleib‘ im Ort". Wörtlich nahm diesen Ratschlag prompt die Blaue Garde (Katharina Liebers), die "vor Ort" auf der Bühne mit ihrem "Schautanz durch die Jahrzehnte" glänzte.

Dann beklagte der Büttenredner Jan Schlör lauthals als "Armer Hund" sein angeblich kümmerliches Dasein, obwohl von seinem "Schazie" (gebildet aus Schaf und Ziege) umsorgt, ehe die stampfende Männergarde (Lisa Baum) mit ihrem zackigen Marsch die Hallenwände zum Beben brachte.
Ehrungen für insgesamt 85 Jahre
Mit "Nachrichten, Schlagzeilen, Gerüchten und Unwahrheiten" wartete danach die schon 20. Ausgabe von "Kanal 11 Werbach" auf – lokales Geschehen der jüngsten Zeit von Daniel Schlachter und Andreas Michel, die zu einem der Höhepunkte der Veranstaltungen überleiteten.
"Wir würdigen zusammen 85 Jahre unermüdlichen Einsatz für die FG Goaggerli", betonten der Vorsitzende und sein Stellvertreter, Rüdiger Klebes und Manuel Schlachter, die nacheinander drei treibende Kräfte für ihre Verdienste mit Urkunden und Präsenten ehrten. Während Peter Haas 19 Jahre den Vorsitz innehatte, kamen zwei Urgesteine auf eine jeweils 33-jährige Amtszeit – der Ehrenvorsitzende und Kassierer Bernd Schlachter sowie Charly Höfling, den man gleichzeitig zum Ehrenpräsidenten ernannte.

Nach Dankesworten lenkte Christian Freisleben dann wieder den Blick auf die närrischen Inhalte. Bei seiner Thematik "Hubi in der Corona-Krise" sorgte der Büttenredner mit seinen teils tiefschürfenden Aussagen für wahre Lachsalven, abgelöst vom "Kobolde"-Schautanz der Weißen Garde.
Männerballett mit einer fulminanten Piraten-Show
Als gewohnter Garant für beste Unterhaltung erwies sich im Anschluss erneut Rüdiger Klebes, der als "Vom Alltag geplagter Mann" in unnachahmlicher Weise seine Bühnenpräsenz untermauerte, gekrönt mit einer Gesangseinlage zum "Dorfkind".
Die perfekte Abrundung der beiden Prunksitzungen bildeten die fulminante "Piraten-Show" des Männerballetts (Michaela Klebes und Gloria Kraft), das damit den Übergang ermöglichte zum Marschtanz der Blauen Garde, der gleichzeitig in das große Finale mündete. Voller Inbrunst schmetterte danach der komplette Saal das bekannte "Werbacher Lied" mit dem zigfach verbundenen "Goaggerli Helau".