Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Königshofen
Icon Pfeil nach unten

Bad Königshofen: 60 Kilometer Wallfahrt nach Vierzehnheiligen an einem Tag: Nach 16 Stunden Fußmarsch sieht man gestandene Männer weinen

Bad Königshofen

60 Kilometer Wallfahrt nach Vierzehnheiligen an einem Tag: Nach 16 Stunden Fußmarsch sieht man gestandene Männer weinen

    • |
    • |
    Die Wallfahrer am Ziel in Vierzehnheiligen.
    Die Wallfahrer am Ziel in Vierzehnheiligen. Foto: Markus Büttner

    Seit 78 Jahren macht sich die Männerwallfahrt aus Bad Königshofen auf den Weg zur Basilika Vierzehnheiligen. Auch dieses Jahr liefen 357 Männer aus vielen Ortschaften über 60 Kilometer an einem Tag. Die diesjährige Wallfahrt werden viele sicher nicht vergessen. Denn nach knapp 30 Jahren legte der Wallfahrtführer sein Amt in neue Hände.

    Früher Wecker und große Wiedersehensfreude

    Die Stimmung am Marktplatz von Bad Königshofen ist schwer zu beschreiben. In stockfinsterer Nacht strömen um 4 Uhr aus allen Straßen und Gassen Männer in Wanderoutfits herbei. Die Wiedersehensfreude ist groß. Man umarmt sich, man freut sich, man hat Respekt. Vielleicht auch ein bisschen Angst. Müde sind die wenigsten – trotz Vatertag am Tag zuvor. Den allermeisten Pilgern ist zu diesem Zeitpunkt bewusst, welche Strapazen und Schmerzen ihnen bevorstehen. 16 Stunden Fußweg bis zur Ankunft in der Basilika in Vierzehnheiligen. Über 60 Kilometer an einem Tag.

    Tragen mich meine Füße? Halten die Knochen? Der letzte Check der Wandersocken. Noch einmal durchschnaufen bei der kurzen Andacht und der Verabschiedung durch Pater Jo Jovilla Kurian in der Stadtpfarrkirche. Dann geht es los.

    Der Ort, an dem der (Andreas) Barthel seinen Most holt: Brennhausen. Werner Fell (links) schenkt seit vielen Jahren Most an die Wallfahrer aus.
    Der Ort, an dem der (Andreas) Barthel seinen Most holt: Brennhausen. Werner Fell (links) schenkt seit vielen Jahren Most an die Wallfahrer aus. Foto: Markus Büttner

    Bei Sonnenaufgang macht sich die Wallfahrt auf den Weg zur ersten Station in Unteressfeld. Pfarrer Tobias Fuchs, der als Teilnehmer und Wallfahrtpfarrer die Männerwallfahrt schon in der Vergangenheit begleitet hatte, hält um 5.45 Uhr einen Morgengottesdienst. Auch er freut sich, die Pilger aus seinen alten Pfarreien Salz, Niederlauer und Strahlungen zu treffen. Bei einem kurzen Kaffee-Stop vor der Kirche stoßen zu der Hauptgruppe noch weitere Wallfahrer dazu. 

    Vier Stunden am Stück stehen nun bevor. Es wird gebetet, gesungen, geschwiegen und unterhalten, während die Gruppe an Sternberg und an der ehemaligen innerdeutschen Grenze in Richtung Mittagspause wallt.

    Wasmuthhausen – ein organisatorisches Meisterwerk

    Wie man perfekt und reibungslos 357 Männer in 60 Minuten satt bekommt, beweist seit vielen Jahren die Freiwillige Feuerwehr aus dem kleinen Wasmuthhausen. Leberkäse und Kartoffelsalat werden binnen weniger Minuten von einer Armada an Helferinnen und Helfern serviert. Noch bevor man Platz genommen hat, steht das Essen schon auf dem Tisch. Bier, Wein und Wasser sind schon vorher eingeschenkt. Eine gastronomische Herangehensweise, die sich offenbar noch nicht bis nach Seßlach herumgesprochen hat. Gestärkt und mit neuer Kraft, geht es auf die nächste Etappe.

    Auszug aus Seßlach am Freitagmittag.
    Auszug aus Seßlach am Freitagmittag. Foto: Markus Büttner

    Seßlach – Rast in der Altstadt, Totengedenken am Kreuz

    Nach zwei Stunden Marsch durchschreiten die Wallfahrer gegen 14 Uhr eindrucksvoll die Tore der historischen Altstadt von Seßlach. Nach einer 40-minütigen Pause geht es weiter. In jedem Jahr gedenken die Wallfahrer außerhalb der Stadt an einem Waldkreuz ihrer verstorbenen Begleiter.

    Immer wieder ergreifend. In diesem Jahr ganz besonders. Denn mit Jochen Leber aus Wülfershausen verlor die Gruppe vor kurzem einen langjährigen Vorbeter, einen Ideengeber und einen Wallfahrer, der für viele ein Vorbild war (und immer sein wird). Wenn sich die Gruppe nach dem Totengedenken schweigend durch den Wald bewegt, spürt man förmlich die Sorgen, die jeder Wallfahrer mit sich trägt.

    Bier und Franzbranntwein in Altenbanz

    Gegen 17 Uhr erreicht die Männerwallfahrt das kleine Dorf Altenbanz. Die Beine sind schon schwer, die Knochen schmerzen. Es kommt Müdigkeit auf. Schließlich ist der Großteil seit über 15 Stunden auf den Beinen. Bier und Franzbranntwein sorgen für eine sofortige Verbesserung des Wohlbefindens. Nicht ganz so reibungslos wie in Wasmuthhausen, aber trotzdem beeindruckend, versorgen bei dieser Rast zwei kleine Wirtshäuser die gut 350 Männer in einer Stunde und stärken sie für die letzte Etappe des Tages.

    Ankunft bei Sonnenuntergang. Im Hintergrund Schloss Banz.
    Ankunft bei Sonnenuntergang. Im Hintergrund Schloss Banz. Foto: Markus Büttner

    Die Ankunft: Ein emotionales Feuerwerk

    Vorbei am Kloster Banz sind zum ersten Mal die Türme der Basilika Vierzehnheiligen zu sehen. Das Ziel ist in Sicht. Es ist nicht mehr weit. Nachdem die Gruppe an diesem Tag auch viel gelacht und Privates ausgetauscht hat, ist die Anspannung für die Ankunft nun deutlich spürbar. In sich gekehrt und ruhig laufen die Männer die letzten, wenigen Kilometer.

    Die Ankunft an der Basilika gleicht einem emotionalen Feuerwerk. Denn die Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus Sulzfeld, die wenige Stunden zuvor schon ihr Ziel erreicht hatten, sowie zahlreiche Frauen, Angehörige und Kinder empfangen klatschend die Männerwallfahrt aus Bad Königshofen. Die Last, die die Männer die 60 Kilometer hochgeschleppt haben, ist vergessen. Die Dankbarkeit, es doch wieder geschafft zu haben, sorgt für große Emotionen. Wenn die Männer in dieses imposante Gotteshaus einziehen und voller Inbrunst "Brüder singt ein Lied der Freude" schmettern, bleibt kein Auge mehr trocken. Hier sieht man gestandene Männer weinen.

    Nach einem Bier, gesponsert und mit der Gießkanne ausgeschenkt vom Sulzfelder Wallfahrtführer Georg "Schorsch" Wohlfart, geht es in die lang ersehnte Dusche, zum späten Abendessen und ins wohlverdiente Bett.

    Der Wallfahrergottesdienst: Showtime der katholischen Kirche

    Der Wallfahrergottesdienst am Samstagmorgen ist mit einer klassischen Messe im Heimatort nicht zu vergleichen. Wenn in diesem pompösen, bis auf den letzten Platz und mit Weihrauch gefüllten Gotteshaus 50 Musikerinnen und Musiker gemeinsam mit dem Organisten so lautstark ihre Lieder spielen, dass der Boden zu wackeln scheint, bekommt man Gänsehaut.

    Männerwallfahrt 2023
    Männerwallfahrt 2023 Foto: Markus Büttner

    Kurz vor dem Segen werden die Wallfahrer für 25 und 40 Teilnahmen geehrt. Bei Teilnehmern, die erst wenige Male bei der Männerwallfahrt dabei waren, lösen diese Leistungen Ehrfurcht und tiefsten Respekt aus. Engelbert Brüger aus Bad Königshofen, der seit 1994 die Männerwallfahrt leitet, wurde diese Ehrung zuteil. 40 Mal diese Schmerzen. 40 Mal 60 Kilometer an einem Tag. Und das noch zu Zeiten, als es keine Merino-Hemden und gedämpften Gore-Tex-Schuhe gab. Für viele nicht begreifbar. Dementsprechend laut und lange war der Beifall.

    Der Heimweg - Bier aus Seßlach und Most aus der Gießkanne

    In zwei Tages-Etappen macht sich am Samstagmittag die mittlerweile dezimierte Gruppe auf den Rückweg. Nach den Anstrengungen des Vortages sind die 20 Kilometer nach Seßlach alles andere als einfach. Gerade der steile Berg nach Schloss Banz verlangt den Wallfahrern alles ab. Dennoch genießen die Männer die Gastfreundschaft, das gute Essen und das frische Seßlacher Bier. Nach dem Sonntagsgottesdienst, Mittagspause in Wasmuthhausen, Most in Brennhausen und Rast in Aub ist man endlich fast wieder zu Hause.

    Ein besonderer Abschied: Engelbert Brüger wird Ehrenwallfahrtsführer

    Der alte und der neue Wallfahrtsführer: Engelbert Brüger (rechts) und Kilian Weigand.
    Der alte und der neue Wallfahrtsführer: Engelbert Brüger (rechts) und Kilian Weigand. Foto: Markus Büttner

    Kurz vor Ipthausen nutzte Wallfahrtführer Engelbert Brüger die Gelegenheit, um seinen Dank auszusprechen. An Peter Ames für den Gepäcktransport und die Musikanten, für die Pflege der Internetseite www.maennerwallfahrt.de, an die Unterstützer, Gönner und die Verkehrsregler.

    Eigentlich alles wie immer. Doch dann schockt Brüger seine Pilger mit einer Nachricht, mit der niemand gerechnet hatte: "Das war mein letztes Mal als Wallfahrtsführer." Brüger übernahm 1994 dieses Amt und prägte drei Jahrzehnte mit Texten und Liedern diesen Bittgang. Er steckte mit einer unvergleichlichen Hingabe unzählige Stunden und Tage in die Vorbereitung. In Zukunft soll Kilian Weigand aus Bad Königshofen, der schon seit vielen Jahren an der Seite von Brüger hilft, als neuer Wallfahrtsführer die Männerwallfahrt anführen, organisieren und leiten.

    Nach 60 Kilometern Fußmarsch die Ankunft an der Basilika Vierzehnheiligen
    Nach 60 Kilometern Fußmarsch die Ankunft an der Basilika Vierzehnheiligen Foto: Markus Büttner

    Ansgar Büttner, der in diesem Jahr erstmals auch als Vorbeter mitgeholfen hatte, machte den Vorschlag, Engelbert Brüger zum Ehrenwallfahrtsführer zu ernennen. Tosender Applaus und vollste Zustimmung.

    Wieder daheim in Bad Königshofen

    Wie auch in Vierzehnheiligen, erwarten und beklatschen auch in Bad Königshofen viele Angehörige die Männer, die nach 120 Kilometern wieder ihren Startpunkt erreicht haben. Innige Umarmungen unter den Männern, Tränen bei den Familien und ein Satz, den man hunderte Male hörte: "Wir sehen uns im nächsten Jahr!" Dann klingelt am 10. Mai 2024 wieder der Wecker um 2.45 Uhr.

    Ehrungen bei der WallfahrtTreue Wallfahrer wurden für ihre Teilnahme geehrt: Zum 7. Mal dabei waren Niklas Schmitt, Emanuel Endres, Hubert Endres  (alle Heustreu), David Schmitt (Bastheim), Lukas Kopp (Breitensee), Thomas Paul (Trappstadt), Steffen Sendner (Gräfenhäusling), Wolfgang Büttner und Heinz Mauer (beide aus Saal), Stefan Derleth (Großwenkheim) und Jürgen Endres (Salz). Zum 14. Mal auf Vierzehnheiligen-Wallfahrt waren Ludwig Geis (Oberstreu), Thomas Albert (Althausen), Günther Kraus (Frankfurt), Waldemar Düring und Wolfgang Kühnel (beide aus Saal) und Klaus Illig (Heustreu). 25. Mal dabei waren Marco Benkert (Windshausen), Gerhard Pfister (Eichenhausen), Alfred Kopp (Breitensee), Michael Warmuth (Großeibstadt) und Markus Lang (Heustreu). Engelbert Brüger aus Bad Königshofen wallte zum 40. Mal nach Vierzehnheiligen.Quelle: mab

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden