Die Suche nach Arztterminen ist nicht nur in Rhön-Grabfeld ein viel diskutiertes Thema. Das zeigte ein Bericht dieser Redaktion über die Augenärztin Dr. med. Julia Katinka Müller-Richter. Sie darf aus rechtlichen Gründen seit dem Weggang der früheren Inhaberin ihrer Praxis in Bad Neustadt, Gabriele Szopa-Spötta, gesetzlich versicherte Personen nicht mehr wie gewohnt behandeln. Deshalb stehen viele Kassenpatienten nun vor der Herausforderung, einen neuen Augenarzt für sich zu finden.

Mehrere Patienten hatten dieser Redaktion von kurzfristigen Terminabsagen in der Praxis von Müller-Richter berichtet. Nach Erscheinen des Artikels meldeten sich weitere Patienten, die die Vorwürfe bestätigten. Darunter Christa Hornig aus Mellrichstadt, deren Mann Walter – Kassenpatient – ebenfalls kurzfristig keinen Termin mehr bekommen habe.
Er sei nicht einmal mehr in der Patientenkartei gewesen, sie sei "stinksauer", klagte Hornig. Die Augenärztin Julia Müller-Richter hatte Verständnis für den Unmut der Patienten gezeigt und die Probleme auf den unerwartet früheren Rückgang Szopa-Spöttas zurückgeführt.
So schätzt die Kassenärztliche Vereinigung Bayern die Versorgungslage ein
Als Interessenvertretung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte organsiert die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten in Bayern. Wie schätzen die KVB-Verantwortlichen die augenärztliche Versorgung in Rhön-Grabfeld ein? "Die augenärztliche Versorgungslage im Landkreis Rhön-Grabfeld ist derzeit in der Tat angespannt", teilt stellvertretender Pressesprecher Dr. Axel Heise auf Nachfrage mit. Aus Datenschutzgründen könne er zu einzelnen Praxen und deren Leistungsspektrum aber keine Auskunft geben, so Heise.
Die bundesweit vorgegebene sogenannte "regionale Verhältniszahl" sehe pro Augenarzt 18.036 Patientinnen und Patienten vor. Somit ergebe sich bei rund 79.400 zu versorgenden Rhön-Grabfelderinnen und Rhön-Grabfeldern ein Bedarf von 4,4 Augenärzten für den Landkreis. Bislang würden in Rhön-Grabfeld sechs Augenmediziner Kassenpatienten versorgen, von denen allerdings viele in Teilzeit arbeiten. Das entspreche noch einem Versorgungsgrad von 90,88 Prozent.

Es sei aber davon auszugehen, dass der Landesausschuss bald einen deutlichen niedrigeren Versorgungsgrad feststellen werde, so Heise. Der Grund: Eine bereits seit August 2022 bestehende augenärztliche Niederlassungsmöglichkeit im Landkreis sei offen und ausgeschrieben.
Die zwischenzeitlich weggefallenen Augenarztsitze werde der Landesausschuss voraussichtlich ebenfalls in der kommenden Sitzung offiziell ausschreiben. Der Ausschuss werde den Landkreis wohl in seiner kommenden Sitzung als zumindest "drohend unterversorgt" einstufen.
KVB-Pressesprecher: Wartezeiten sind im internationalen Vergleich kurz
Das Thema Wartezeiten sei in einem größeren Kontext zu sehen, schreibt Heise. "International steht Deutschland mit seinem dualen Versicherungssystem und der Aufteilung zwischen einem sehr umfassenden ambulanten Versorgungsangebot und einer spezialisierten stationären Versorgung sehr gut da", schreibt Axel Heise. Das würden Studien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigen. Die Wartezeiten seien kürzer als in vielen Nachbarländern.
Was rät Heise Patienten, die Schwierigkeiten haben, einen Arzttermin zu bekommen? Sie sollten sich an die Terminservicestelle der KVB wenden, so der stellvertretende KVB-Pressesprecher. Wie ein Blick auf die Internetseite der Terminservicestelle zeigt, müssen Patienten dafür gesetzlich versichert sein.
Terminservicestelle hilft Patienten bei der Arztsuche
Innerhalb einer Woche nach ihrem Anruf sollen Patienten dann mit einer Wartezeit von maximal fünf Wochen einen Termin beim Arzt erhalten. Allerdings nur, sofern ihr Anliegen keine Bagatellerkrankung oder Routineuntersuchung betrifft.

Weil Augenärzte zur Kategorie "Allgemeine fachärztliche Versorgung" zählen, sei den Patienten dabei – von ihrem Wohnort ausgehend – eine Fahrzeit von 30 Minuten oder 30 Kilometern zum Termin zumutbar, heißt es auf der Internetseite. In der "spezialisierten fachärztlichen und gesonderten fachärztlichen Versorgung" (zum Beispiel Strahlentherapeuten) sind es 60 Minuten oder 60 Kilometer.
Die Terminservicestelle ist über www.kvb.de/service/patienten/terminservicestelle/ oder Tel. 116117 zu erreichen.