Das Thema Bebauungsplan "Nördlich der von-Guttenberg-Straße" bewegt die Herschfelder. Schon als das Thema am 4. Juli im Stadtrat angesprochen wurde, waren viele ins Rathaus gekommen. Bei einem Ortstermin an der Straße zum Klinik-Campus waren sie jetzt explizit eingeladen, und das Interesse war groß. Etwa 50 bis 60 Herschfelder waren zum öffentlichen Termin gekommen. Runde zwei Stunden dauerte er. Die Herschfelder diskutierten fleißig mit und formulierten ihre Bedenken.

Furcht vor ausgemachter Sache
Viele von ihnen hatten offensichtlich den Eindruck, als sei das Baugebiet mit fünf Gebäuden und 145 Wohneinheiten auf einer Fläche von 1,5 Hektar entlang der von-Guttenberg-Straße bereits eine ausgemachte Sache. Dem widersprach Bürgermeister Bruno Altrichter allerdings gleich zu Beginn. "Noch nichts ist fix", betonte er und erklärte, der Stadtrat habe bisher lediglich ein Bebaungsplanverfahren auf den Weg gebracht. Da würden die Überlegungen der Investoren geprüft. Und zwar von der Stadt, von Fachbehörden und auch die Nachbarn hätten die Möglichkeit, ihre Meinung zum Vorhaben vorzubringen. Aufgrund dieser Stellungnahmen werde dann entschieden, ob überhaupt und in welchem Umfang ein Bebauungsplan erstellt werden könne. Das sei die normale demokratische Vorgehensweise. Der Vorwurf, dass alles schon fertig sei, sei einfach falsch. Das unterstrich auch Barbara Stüdlein, die Chefin des Bauamtes.

Was viele Herschfelder umtreibt, ist offensichtlich die Sorge, dass von dem Baugebiet im hängigen Gelände nach eine Bebauung bei starkem Regen mehr Oberflächenwasser in den Ort kommt und mache Häuser dann "absaufen". Schon jetzt gebe es da oft genug Probleme. Genau dafür sei das Bebauungsplanverfahren da, so Altrichter, um zu klären, ob und wie das zu verhindern sei. Er machte aber auch deutlich, dass es angesichts von immer mehr sogenannten "Starkregenereignissen" überall mehr Probleme mit Wasser gibt - unabhängig davon, ob es neue Baugebiete gibt. Und Arno Schlembach, der Chef des Abwasserverbandes Saale-Lauer, stellte klar, dass nach den gesetzlichen Vorgaben die Situation durch ein Neubaugebiet nicht verschlechtert werden dürfe. Im Stadtteil seien außerdem unabhängig von einem möglichen Neubaugebiet Kanalverbesserungen vorgesehen.
Verkehrsbelastung
Die durch ein weiteres Baugebiet befürchtete zusätzliche Verkehrsbelastung war ein weiteres Thema. Außerdem stellte ein Herschfelder das Baugebiet mit dem Hinweis in Frage, ob es angesichts von vielen älteren Hausbesitzern im Stadtteil und drohendem Leerstand denn überhaupt einen Wohnungsmangel gebe. Den gebe es sehr wohl, betonte der Bürgermeister. Die Stadt erhalte regelmäßig Nachfragen von potenziellen Bauherren. Zum Thema Leerstand erklärte er, dass die Stadt bis zu 40 000 Euro zuschießt, wenn Leerstand beseitigt wird, allerdings gebe es kaum Besitzer, die ihre Häuser verkaufen wollten.
Architekt Martin Eckert, einer der vier Beteiligten an der Investorengemeinschaft für das Projekt, stellte das Vorhaben vor. Nach dem ersten Entwurf geht er von fünf Gebäuden aus. Drei davon entlang der von-Guttenberg-Straße. Von der Straße aus seien drei Geschosse zu sehen - etwa neun Meter hoch. Dazu komme dann noch ein zurückgesetztes Geschoss. Weiter nach unten in Richtung Altort seien dann zwei weitere Gebäude geplant. Dafür müsse ein Teil des dortigen Wäldchen verschwinden. In diesem Zusammenhang machte er darauf aufmerksam, dass für Baugebiete schon immer freie Flächen verbraucht werden mussten. Er sagte aber auch, dass die von ihm geplanten Gebäude begrünte Dächer bekommen sollten. Und zum Thema Verkehrsbelastung kann er sich beispielsweise ein Car-Sharing-Modell für das Baugebiet vorstellen. Trotzdem kam der Einwand eines Bürgers: "Lassen Sie die Finger von dem Wald."
Muss wirtschaftlich darstellbar bleiben
Was am Ende tatsächlich umgesetzt werden könne, hänge vom Ergebnis des Bebaungsplanverfahrens ab, so Eckert. Das könne deutlich anders aussehen, als im ersten Entwurf angedacht. Bei dem Verfahren habe jeder Bürger die Möglichkeit mitzureden. Allerdings müsse das Ganze für die Investorengruppe noch wirtschaftlich darstellbar sein. Ziel sei es aber in erster Linie, Wohnraum zu schaffen, nicht maximalen Gewinn zu erzielen.
"Wir können doch den Leuten nicht sagen: Geht woanders hin"
Bürgermeister Bruno Altrichter
Für wen dieser Wohnraum entstehen soll, wollte ein Bürger wissen. Das könne man so nicht sagen, antwortete Eckert. Dass er für Mitarbeiter des Rhön-Klinikums interessant sein könnte, dem widersprach er nicht. Manche Herschfelder fürchten offensichtlich, das für das Klinikum Wohnungen geschaffen werden, die Herschfelder aber dann unter den daraus entstehenden Folgen leiden müssen - wie etwa unter der Verkehrsbelastung. Allerdings kam auch der Einwand, was denn dagegen spreche, wenn Rhön-Klinikum-Mitarbeiter in dem möglichen Baugebiet wohnen würden. Das mindere doch den Pendelverkehr zur Arbeit durch Herschfeld.
Trend zur Urbanisierung
Wenn schon ein neues Baugebiet entstehen soll, dann müsse das doch nicht unbedingt in Herschfeld sein. Mehrfach kam der Einwand, dass es im Landkreis sicher Gemeinden gebe, die gerne Bauwillige in neuen Baugebieten aufnehmen würden. Da sei es doch nicht unbedingt nötig, noch ein neues Baugebiet in der Stadt auszuweisen. So argumentierte zum Beispiel die Herschfelder Stadträtin Gudrun Hellmuth. Dem widersprach der Bürgermeister vehement. "Wir können doch den Leuten nicht sagen: Geht woanders hin". Es sei schließlich die Entscheidung jedes Einzelnen, wo er wohnen wolle. Und da gebe es nun mal den Trend zur Urbanisierung. Ein generelles gesellschaftliches Problem, wie Architekt Eckert hinzufügte. Städtische oder möglichst stadtnahe Bauplätze seien nun einmal einfach mehr gefragt. "Wir können nicht am Markt vorbei planen".
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