(mim) Blindschleiche – wer hat den Begriff nicht schon mal in der Schule gehört, werden doch damit meistens Mitschüler bedacht, die eine dicke Brille auf der Nase haben, oder denen irgendwie der Durchblick fehlt. Die echte Blindschleiche gilt zwar als farbenblind, ist aber alles andere als blind, sie ist eher eine Besonderheit unter ihren Artgenossen.
Fast jeder kennt sie, hat sie angeblich auch schon mal gesehen oder sogar in der in der Hand gehalten – aber die Wenigsten wissen Genaueres über dieses Tier, schreibt Klaus Mandery von Biodiv in einer Pressemitteilung. Biodiv ist ein Zusammenschluss von mehreren Vereinen und Gruppierungen mit dem Ziel, in Ebern, auf dem Gelände der ehemaligen Balthasar-Neumann-Kaserne, als Teil einer sinnvollen Nachnutzung ein Biodiversitätszentrum (Zentrum der Artenvielfalt) entstehen zu lassen.
Bewegliche Augenlider
Die Blindschleiche sieht aus wie eine kleine Schlange, wird bis zu 50 Zentimeter lang und hat keine Beine – und da fangen die Irrtümer schon an. Sie bewegt sich zwar schlängelnd fort, aber sie ist keine Schlange, sondern zählt zu den Eidechsen. Anders als die Schlangen hat sie bewegliche, verschließbare Augenlider und bei Gefahr kann sie einen Teil des Schwanzes abwerfen – das können nur Eidechsen, heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Wird eine Blindschleiche von einem Feind angegriffen, dann kann sie das Ende ihres Schwanzes dank einer Sollbruchstelle abwerfen, um den Angreifer abzulenken. Dieses abgeworfene Schwanzende zuckt dann noch eine Zeit lang wild vor sich hin, während sich die Blindschleiche in Sicherheit bringt. Der abgebrochene Schwanz sieht zwar nicht schön aus, wächst aber bald in verkürzter Form nach.
Die Blindschleiche gehört wie alle einheimischen Reptilien zu den wechselwarmen Tieren. Ihre Körpertemperatur ist abhängig von der Außentemperatur. Während der gesunde Mensch eine konstante Körpertemperatur um die 36 bis 37 Grad hält, erreicht eine Blindschleiche erst beim warmen Sonnenschein ihre „Betriebstemperatur“. Erst dann wird sie richtig mobil.
Ist es kühl, dann wird sie eher träge. Aus diesem Grund fällt sie auch im Oktober in eine Winterstarre, aus der sie erst wieder mit den warmen Frühlingssonnenstrahlen erwacht – die kalte Jahreszeit ist einfach nicht ihr Ding. Blindschleichen können sehr alt werden, wenn sie nicht gefressen werden, einzelne Exemplare erreichten in Gefangenschaft ein Alter von weit über 40 Jahren, so die Mitteilung von Biodiv.
Blindschleichen werden jedoch oft gefressen – neben diversen größeren Vogelarten, wie Greife und Störche, gehören Igel, Wildschweine, Füchse und Marder zu ihren Feinden, und auch unsere einheimische Schlingnatter hat sie zum Fressen gern. In besiedelten Gebieten sind Hühner, Katzen, Hunde, Straßenverkehr und auch Mensch eine Bedrohung – mancher erschlägt sie als vermeintliche Giftschlange oder tötet sie versehentlich beim Rasenmähen.
Nebenbei sei erwähnt, so Mandery, dass selbst die einzige verbreitete heimische Giftschlange, die Kreuzotter, für einen gesunden Menschen nicht tödlich ist. Lediglich für Kinder und ältere Menschen stellt der Biss eine Gefahr dar. Ernsthaft gefährlich kann jedoch ein Biss der Aspisviper werden, die nur im südlichen Schwarzwald vorkommt.
Die Blindschleiche selbst bevorzugt als Nahrung Regenwürmer und Nacktschnecken, und wenn sie genug davon gefuttert hat, dann wächst sie. Dadurch wird ihr allerdings die alte, nicht mitwachsende Haut irgendwann zu eng. Dann macht sie es wie alle Reptilien – sie streift die alte, zu klein gewordene Haut einfach ab, sie häutet sich.
Besondere Fortpflanzung
Eine weitere Besonderheit dieser Tierart ist die Fortpflanzung. Die Paarungszeit beginnt Ende April, wobei die Männchen teilweise heftige Kämpfe um die Weibchen austragen, ohne sich dabei jedoch ernsthaft zu verletzten. Nach einer Tragzeit von etwa drei Monaten bringt das Weibchen ab Mitte Juli durchschnittlich acht bis zehn Junge zur Welt, es können aber auch deutlich mehr sein, so Mandery von Biodiv.
Die Blindschleiche gilt als lebend gebärend, das heißt, sie legt keine Eier wie andere Reptilien. Sie brütet die Eier sozusagen gleich in ihrem Körper aus. Die kleinen Blindschleichen durchstoßen bei der Geburt die Eihüllen und die Mutter bringt sie als fertige Individuen auf die Welt – ein Unterschied zu den Säugetieren, die ihre Babys erst hochpäppeln müssen.
Die Blindschleiche steht übrigens unter Natur- beziehungsweise Artenschutz und darf nicht gefangen oder verletzt werden.