Alles war schon vorbereitet. Eine Hütte für den Bischofsheimer Marktplatz, maßgeschneidert, sodass möglichst kontaktlos Glühwein und Punsch hätten ausgeschenkt werden können. Auch warme Suppe sollte es geben. Am 27. Oktober schaute sich Jatin Verma die letzten Handgriffe der Handwerker an, dann kam der Lockdown: "Alles hatten wir vorbereitet und organisiert. Einen weiteren Heizstrahler gekauft und Stehtische für den Marktplatz besorgt." Nichts kam zum Einsatz. Die Brotzeitstube, die Jatin Verma und seine Frau Alev seit drei Jahren am Bischofsheimer Marktplatz betreiben ist seit November geschlossen.
Vermas wünschen sich nichts sehnlicher als endlich wieder öffnen zu dürfen. "Wir vermissen unsere Gäste und freuen uns schon alle wiederzusehen." Dass sie so lange schon nicht arbeiten dürfen sei frustrierend und enttäuschen. "Wir sind nach Deutschland gekommen, um zu arbeiten und unser Restaurant zu führen. Wir wollen nicht von Soforthilfe und Überbrückungsgeld leben." Indien ist die Heimat von Jatin Verma, seine Frau Alev ist Kurdin. Jatin Verma hat viele Jahre in Österreich gelebt. In Linz war er Restaurantleiter des Hotels Maritim. Dort lernte er auch seine Frau kennen.
Viele Gedanken gemacht und Investitionen getätigt
Schon der erste Lockdown im Frühjahr 2020 hat sie belastet. Um im Mai wieder öffnen und Gäste bewirten zu können, haben sie sich viele Gedanken gemacht und Investitionen getätigt. "Wir haben alles angeschafft was nötig ist, Desinfektionsspender und Plexiglas für Abtrennungen", berichtet Alev Verma. Aus sechs Tischen im Inneren wurden zunächst drei. Später haben sie weitere Investitionen getätigt, um mehr Tische aufstellen zu können und die Gäste gleichzeitig zu schützen. Die Daten ihrer Gäste haben sie penibel aufgenommen. "Wir haben alles dokumentiert, aber es gab nicht eine Nachverfolgung." An den Tischen wurden Barcodes angebracht, um die Speisekarte am Smartphone aufzurufen. "Wir haben versuch vieles kontaktlos zu ermöglichen." Die Speisekarte am Handy ist eine Neuerung, die sie auch nach der Corona-Zeit beibehalten wollen.

Jatin und Alev Verma blicken auf einen guten Sommer zurück. Ende Mai ging es mit der Außengastronomie los. Dank dem Entgegenkommen der Stadt Bischofsheim war es ihnen möglich, mit Tischen auf den Marktplatz auszuweichen. "Das hat den Marktplatz belebt und sah auch sehr schön aus." Dankbar ist Jatin Verma, das die Stadt keine Gebühren für die zusätzliche Fläche erhoben hat. Überhaupt spricht er in höchsten Tönen über das Entgegenkommen der Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Bürgermeisters und die Bereitschaft, kreative Lösungen zu finden und seine Ideen aufzugreifen.
Cocktails und Snacks am Marktplatz?
"Bischofsheim ist so schön für seine Gäste. Wir haben viele Ideen, was wir anbieten können", berichtet er von seinen Plänen. Mehr Blumenschmuck, den er auch bereit sei zu pflegen. Große Schirme auf den Marktplatz. Hier habe er bereits mit der Stadtverwaltung Ideen entwickelt. Einen Loungebereich möchte er am Marktplatz einrichten, um speziell abends in den Sommermonaten für die jüngere Generation Cocktails und Snacks anzubieten. Gerade von jungen Gästen habe er gehört, dass sie ein Angebot vermissen, dass ihnen entgegenkomme. Jatin Verma hat mit der Glühwein- und Punschbar im Winter 2019 schon großen Erfolg gehabt. Auch seine Cocktails im Sommer 2019 kamen sehr gut an. Doch Corona hat Familie Verma 2020 ausgebremst. Nun hoffen sie, wenigstens in 2021 einen Teil ihrer Ideen verwirklichen zu können.
"Wir vermissen unsere Stammgäste" sind sich beide einig. "Vor allem unsere Golden Girls", lacht Alev Verma, die jeden Freitag in der Brotzeitstube zu Gast sind. Dass es für die Gastronomie über Monate hinweg keine vernünftige und planbare Perspektive gab, frustriere und sei enttäuschend. Auch aktuell sei nicht klar, ob eine zuverlässige Öffnung möglich sein werde. "Wenn wir die Außengastronomie öffnen dürfen, müssen wir einkaufen, vorbereiten, kochen und wenn es dann regnet und keine Gäste kommen, was machen wir dann?" beschreibt Jatin Verma die Problematik. Nicht nachvollziehbar und enttäuschend ist für beide das zögerliche Verhalten der politisch Verantwortlichen. Natürlich gehe die Sicherheit der Gäste, des Personals und der Wirtsleute selbst vor. Doch sie haben viel Zeit und Ideen investiert, um Abstand und Hygiene zu gewährleisten. "Wir möchten unseren Gästen einen schönen und sicheren Aufenthalt ermöglichen. Wir haben alles getan, damit die Menschen ohne Angst zu uns kommen können. Es wäre auch im Winter möglich gewesen, sicher Essen zu gehen", betonen beide.
Außer-Haus-Verkauf lohnt sich nicht
Bewusst haben sie sich entschieden, keinen Außer-Haus-Verkauf anzubieten. Zum einen fehle ihnen die Ausstattung für eine solches Unterfangen, zum anderen befürchtete Jatin Verma, dass die Qualität der Speisen leide. Auch wirtschaftlich lohne sich der Aufwand nicht.
So haben sie die Monate zu Hause genutzt, um als Familie miteinander Zeit zu verbringen. Die Corona-Pandemie habe ihnen noch mal deutlich bewusst gemacht, wie wichtig ihre Zeit als Familie ist. Jatin Verma genießt es mit seinem Sohn Ayaann (8 Jahre) Hausaufgaben zu machen. "Sonst war ich den ganzen Tag im Restaurant und hatte keine Zeit. Es hat mir jetzt richtig Spaß gemacht." Und seine Frau ergänzt: "Auch unserem Sohn hat es gutgetan mit dem Papa Zeit zu verbringen." Zur Familie gehört auch noch der fünfjährige Riaan. Einen Monat waren sie in Österreich bei Alev Vermas Eltern. "Die psychische Belastung ist schon groß", räumt sie ein. "Wie lange werden wir noch zu Hause sitzen? Aber wir sind dankbar, dass unsere Familie gesund ist. Unser Sohn hat am 16. April Geburtstag. Sein sehnlichster Wunsch sind nicht Geschenke, sondern, dass seine Großeltern und Verwandten nach Deutschland zu Besuch kommen."