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Bad Königshofen: Flucht vor Bomben und Tod: Wie es der Schachspielerin Olga Babiy und ihrem kleinen Andriy in Bad Königshofen ergeht

Bad Königshofen

Flucht vor Bomben und Tod: Wie es der Schachspielerin Olga Babiy und ihrem kleinen Andriy in Bad Königshofen ergeht

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    Olga Babiy mit ihrem sechs Monate alten Sohn Andriy, der seinen Vater noch nicht kennt.
    Olga Babiy mit ihrem sechs Monate alten Sohn Andriy, der seinen Vater noch nicht kennt. Foto: Regina Vossenkaul

    Nur ein Gepäckstück mit den wichtigsten Dingen konnte Olga Babiy mitnehmen, als sie gemeinsam mit ihrer Schwägerin und ihrer Nichte die Ukraine wegen des Kriegsausbruchs verließ. Jetzt ist sie seit fast einem Jahr in Deutschland. Was hat sie inzwischen erlebt, wie geht es ihr heute?

    Obwohl sich der russische Angriff auf die Ukraine angekündigt hatte, überraschte er die Eheleute Igor und Olga Babiy trotzdem. "Der Gedanke war so unreal", sagt Olga Babiy rückblickend. Sie war damals im sechsten Monat schwanger, eigentlich auf Ruhe und Schonung eingestellt, stattdessen erlebte sie erste Luftalarme und verbrachte die Nächte im Schutzraum.

    Spielerin in der Frauenbundesliga beim SC Bad Königshofen

    Obwohl ihre Heimatstadt Ternopil in der Westukraine liegt und wahrscheinlich für die Russen nicht besonders interessant ist, wie ihr Mann vermutete, kam eine WhatsApp von Jürgen Müller, dem Schachclub-Vorsitzenden aus Kleinbardorf genau zur richtigen Zeit. Olga Babiy ist eine der Spielerinnen in der Frauenbundesliga beim SC Bad Königshofen.

    "Das Wichtigste ist unser Baby", sagte Igor und so nahmen die Ukrainer das Angebot der Müllers an, sich bei ihnen in Sicherheit zu bringen. Igor brachte sie mit dem Auto zur polnischen Grenze, dann musste er zurückbleiben, es gab endlose Schlangen und lange Wartezeiten. Freiwillige brachten die Geflüchteten auf der polnischen Seite nach Warschau in ein Auffanglager, dort gab es Verpflegung und ein Dach über dem Kopf.

    Treffpunkt in Breslau

    Igor ist Schachtrainer, ein Bekannter aus der Warschauer Schach-Community brachte die kleine Gruppe nach Breslau, wo Jürgen Müller die Flüchtlinge abholte. Zwei Wochen später kamen auch Olgas Mutter und ihre Schwester mit Sohn nach Kleinbardorf – das Haus war voll.

    "Ich bin der Familie Müller unglaublich dankbar", sagt Olga. "Von Anfang bis heute haben sie uns in allem sehr geholfen. Sie haben uns überall hingefahren, zum Arzt, zu den Ämtern und beim Ausfüllen der Formulare geholfen. Zuletzt auch beim Umzug und Einrichten der eigenen Wohnung. Bekannte und Nachbarn haben viele notwendige Dinge für uns und mein Baby gespendet", berichtet die 33-Jährige.

    Bei der Geburt hat sie ihren Mann schmerzlich vermisst

    Bei der Geburt des kleinen Andriy hat sie ihren Mann besonders vermisst. Inzwischen ist ihr Baby schon sechs Monate alt, beide wohnen seit Mitte Juli in Bad Königshofen. Während Andriy auf seiner Decke herum robbt und spielt, lernt Olga online Deutsch, was sie inzwischen schon ganz gut beherrscht, und kommuniziert täglich online mit ihrem Mann. "Ich habe jeden Tag Angst um ihn und seine Eltern. Die Nachrichten verfolge ich immer und bin schockiert über die berichteten Grausamkeiten, die Drohnen und Raketen", sagt sie.

    Ein Lichtblick im sorgenvollen Alltag: Olga Babiy gewann das 19. Bad Königshofen Open, Jürgen Müller überreichte ihr den "Schwarzen Grabfeldspringer".
    Ein Lichtblick im sorgenvollen Alltag: Olga Babiy gewann das 19. Bad Königshofen Open, Jürgen Müller überreichte ihr den "Schwarzen Grabfeldspringer". Foto: Regina Vossenkaul

    Vater Igor hat seinen Sohn nur einmal gesehen

    Vater Igor hat seinen Sohn nur einmal gesehen, seine Babyzeit kann er nicht miterleben. Als Andriy zwei Monate alt war, nahm ihn Olga mit zu der europäischen Schachmeisterschaft in Prag, an der sie und auch Igor als Schachtrainer teilnehmen durfte. Dort konnte der Vater seinen Sohn zum ersten Mal in die Arme schließen. "Er war sehr glücklich", berichtet Olga.

    Die Eltern sind sich einig, dass es wichtig ist, dem Kind eine gute Kindheit zu bieten und dass nach Kriegsende der Aufbau in der Ukraine lange dauern wird. Der kleine Andriy wird deshalb wahrscheinlich in Bad Königshofen in den Kindergarten gehen.

    Kleine Lichtblicke im sorgenvollen Alltag

    Es gibt auch kleine Lichtblicke im sorgenvollen Alltag: Die Schwiegereltern kamen an Weihnachten für drei Wochen zu Besuch nach Bad Königshofen und unterstützten die junge Mutter, die am Turnier "19. Bad Königshofen Open" teilnahm. Vier bis fünf Stunden pro Partie, an mehreren Tagen zweimal, das erfordert eine gute Organisation, besonders, wenn das Baby noch gestillt wird. Den großen Kursaal in Bad Königshofen hat Olga in bester Erinnerung, weil sie dort 2013 ihre dritte Norm für den Titel Damen-Großmeister (WGM) absolviert hat. Beim Turnier um den Schwarzen Grabfeldspringer siegte sie. "Das war ein toller Erfolg für mich", bemerkte die gelernte Programmiererin und Schachtrainerin.

    Die Schwiegereltern wohnen in Dnipro

    Die Schwiegereltern wohnen in Dnipro, dort ist oft Luftalarm, es gibt kein Wasser und keinen Strom. Trotzdem wollten sie nicht in Deutschland bleiben. "Ich träume davon, dass der Krieg vorbei ist und wir wieder alle zusammen sein werden", sagt Olga. Inzwischen versucht sie, die Zeit mit ihrem Kind zu genießen. Wenn sie Hilfe braucht, kann sie ihre Verwandten ansprechen, die fast alle in der Nähe sind. Bad Königshofen findet sie schön, weil man gut spazieren gehen kann und es ruhig ist. "Ich liebe diese Stadt", bekundet sie.

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