Daher kamen an der Sternberger Straße bei Alsleben der stellvertretende Landrat und Bürgermeister Kurt Mauer, Forstdirektor Wolfgang Schlegel vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt und der Landwirt Robert Kast aus Alsleben zu einer Besichtigung zusammen.
Robert Kast, der bis in die 60er Jahre in der elterlichen Landwirtschaft arbeitete, kann sich noch daran erinnern, dass sein Vater Josef Kast im Herbst 1957 in der Flurgemarkung „Rotäcker“ am Ende der furchenziehenden Feldarbeit den Pflug an einen nahen Baumast hängte – mit den Worten „Gott sei Dank!“. Der Zeitzeuge erklärte, dass die fortgeschrittene Technik das von Kühen gezogene Ackergerät von heute auf morgen überflüssig machte.
Dass der in den Baum eingewachsene Pflug einmal ein so großes Staunen hervorrufen würde, konnte man damals noch nicht ahnen. Kaum jemand hatte ihn in den vergangenen Jahren zu Gesicht bekommen – außer einem Landwirt, der dort seine Felder bestellte. Und der behielt die Sache für sich. Heute spricht man in der Gemeinde von einem „Baumwunder“.
Pädagogischer Nutzen
Die Idee, das anschauliche Phänomen für Natur-Exkursionen freizugeben – etwa für die Schuljugend – wurde bei der Besichtigung positiv aufgenommen. Mit einem solch seltenen Naturereignis würde die Natur wohl auch für Schüler wieder interessant werden. Thema vor Ort könnte einerseits das Wald- und Forstwesen und andererseits die Problematik sowie die „besonderen Vorkommnisse“ in heimischen Wäldern sein. Allerdings ist der Ort der Besichtigung nicht gerade einfach zugänglich.
Wie kam es plötzlich zur Entdeckung dieses längst vergessenen Pfluges? Nach 1957 hatte kaum jemand von dem betroffenen Eichenstamm Notiz genommen. Verständlich. Denn von der Öffentlichkeit ist der „Pflug-Stamm“ von der Straße kaum einzusehen, außerdem macht ihn eine steile Böschung nur schwer zugänglich.
Erst im Herbst vergangenen Jahres erfuhr Trappstadts Bürgermeister Kurt Mauer von dem Phänomen in der Gemeinde. Landwirt Klaus Gerstner war mit ihm wegen der Pflege einer Hecken in der Flur zusammengekommen. „Da hat mir plötzlich der Klaus diesen Pflug im Baum gezeigt“, sagt Mauer. Dass es so etwas in der heimischen Natur überhaupt gibt, konnte er sich bis dahin nicht vorstellen.
Wolfgang Schlegel vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sprach mit Blick auf das Einwachsen des Pflugs in den Baum von einer „Einverleibung“ und hatte dafür auch eine Erklärung parat. Während die übrigen Besichtigungsteilnehmer gebannt auf das Baumwunder blickten, erzählte der Forstfachmann, dass sich der Stamm naturgemäß nicht gegen einen Fremdkörper wehren könne und so den Pflug auch nicht abgestoßen habe. Schlegel erklärte, dass dieses Fremdobjekt, wenn es im Bauminnern verschwindet, die Wachstumsschicht des Holzes nicht mehr behindert. Der Fachmann verwendete den Begriff „Kambium“, den Zellteilungs-Ort, bei dem zwischen Holz und Rinde feine grüne Zonen verlaufen. Die embryonalen Zellen, die sich fortlaufend teilen, bilden die Wachstumsschicht des Baumes.
Sonst nur Bombensplitter
Der zirka 60 Jahre alte Eichenbaum bei Alsleben wird in 150 Jahren, so er noch steht, den Pflug wohl ganz vereinnahmen, meinte Forstdirektor Schlegel. Das heißt: Man würde das Gerät aufgrund seines Baumumfangs, der derzeit noch 35 bis 40 Zentimeter beträgt, von außen nicht mehr sehen. Schlegel wird zwar bei Holzarbeiten nach eigenem Bekunden immer wieder damit konfrontiert, aus dem Krieg herrührende Bombensplitter in den Bäumen zu entfernen. Doch einen „Pflug im Baum“ wie bei Alsleben hatte er zu seiner Verwunderung als Forstfachmann noch nie gesehen.