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BAD KÖNIGSHOFEN: Das Brillen-Geheimnis des Apostels

BAD KÖNIGSHOFEN

Das Brillen-Geheimnis des Apostels

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    Ein Apostel mit Brille: Das Vermächtnis des Münchner Künstlers Thomas Buscher findet man in der Pfingstszene am Hochaltar in Bad Königshofen. Dort ist laut Auskünften seiner Urgroßnichte Thomas Buscher als alter Mann mit Brille verewigt.
    Ein Apostel mit Brille: Das Vermächtnis des Münchner Künstlers Thomas Buscher findet man in der Pfingstszene am Hochaltar in Bad Königshofen. Dort ist laut Auskünften seiner Urgroßnichte Thomas Buscher als alter Mann mit Brille verewigt. Foto: Foto: Hanns Friedrich

    Ein Apostel bei der Sendung des Heiligen Geistes mit einer Brille auf der Nase – kann das historisch sein? Diese Frage stellen sich Betrachter am Hochaltar der Stadtpfarrkirche in Bad Königshofen immer wieder. So sicher auch am Patrozinium der Kirche mit anschließendem Pfarrfest an diesem Freitag.

    Am Hochaltar hat der erste Apostel eine Brille auf der Nase. Forschungen belegen, dass schon Archimedes (212 vor Christus) einen am Kopf befestigten Kristall zur Sehkorrektur getragen habe. Später gab es in den Klosterbibliotheken sogenannte Lesesteine. Allerdings folgte erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Leseglas und Brille. Eine Brille zu Zeiten Jesu ist ganz unmöglich.

    Allerdings gibt es noch ein Brillen-Beispiel, und zwar den sogenannten „Brillenapostel“ in der Stadtkirche von Bad Wildungen, der 1403 von Conrad von Soest gemalt wurde. Dies soll die früheste Darstellung einer Brille nördlich der Alpen sein.

    Auch am Hochaltar der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen ist ein Apostel mit Brille dargestellt. Dessen Geschichte ist aber eine ganz andere. Und die hat vor sieben Jahren die Urgroßnichte des Münchner Künstlers Thomas Buscher, Charlotte Baumann-Hendriks, erzählt: „Der Apostel hat die Züge wie mein Urgroßvater Thomas Buscher!“ Dessen Freund, August Weckbecker, habe nach dem Tod Buschers, ihn als einen der Apostel dargestellt. Ein Schwarz-Weiß-Bild, das Baumann-Hendrik dabei hat, bestätigt dies.

    Wer aber war dieser Thomas Buscher? Er studierte an der Akademie der Künste in München. Schon früh interessierte er sich für die sakrale Kunst. Das ist auch seinem Skizzenbuch zu entnehmen. Darin hatte er als 17-/18-Jähriger Entwürfe gemacht und dabei sehr intensiv die Leute aus dem Volk beobachtet. Er hat seinen Werken die Gesichter der Menschen der jeweiligen Gegend gegeben. Und noch etwas zeichnet den Münchner Künstler aus: Er ist ein Erzähler, sagt Baumann-Hendriks und verweist erneut auf den Bad Königshofener Hochaltar. Die Geschichten werden in seinen Werken greifbar und begreifbar. So auch in Bad Königshofen, wo sich im Pfingstwunder, die Apostel zu Jesus hindrängen. Oder die Engel am Altar, die im Gebet vertieft am Tabernakel knien.

    Nicht nur die Altarengel sind in Bad Königshofen vom Münchner Künstler Thomas Buscher, sondern auch der überlebensgroße geschnitzte Gottvater, sowie die für Buscher so bekannten Vögel in den oberen Bereichen des Hochaltars. Aufgrund von Archivmaterial steht fest, dass Thomas Buscher, nur wenige Wochen vor seinem Tod, noch die Figur des Gottvaters schnitzte, der in seinen Händen das Kreuz hält. Nur noch einmal gibt es eine solche Darstellung Buschers, nämlich im Dom zu Speyer. Hat er dort Gottvater als einen fast jugendlichen Mann dargestellt, zeigt die Figur in Bad Königshofen einen alten, ergrauten Mann mit traurigem Blick. Wohl schon in Vorahnung seines Todes, so Buschers Urgroßnichte.

    Heute noch ist der goldglänzende Hochaltar der Mittelpunkt der spätgotischen Hallenkirche von Bad Königshofen. Thomas Buscher selbst sah im Hochaltar von Königshofen sein letztes Werk. Das hat er unter anderem 1935 in einem Brief an den damaligen Stadtpfarrer von Königshofen im Grabfeld, Adam Pfeuffer, den Auftraggeber geschrieben: „Mit der Ausführung der Figuren in Naturgröße habe ich bereits begonnen. Ich hoffe, bis der Winter vorüber ist, mit dem begonnenen Mittelteil des Altars fertig zu werden.“ Das geschah allerdings nur zum Teil, denn Thomas Buscher starb während der Arbeiten. Kurz nach dem Tod Buschers, teilt seine Tochter Cäcilie dem Stadtpfarrer mit, dass in der Werkstatt ihres Vaters die unvollendete Figur Gottvaters steht, der mit ausgebreiteten Händen ein leeres Kreuz hält. Der Anblick sei erschütternd, denn er habe tatsächlich mit seinen letzten Kräften das Werk vollendet. Cäcilie Buscher schickte schließlich ein Foto des Werkes an Pfarrer Pfeuffer und vermerkt dazu: „Sie sehen selbst, wie erschütternd dieser alte, müde Gottvater ist – wie unendlich hoheitsvoll, gerade in dieser Haltung. Es ist mir, uns allen ein Rätsel, wie unser Vater noch die Kraft hatte, diese Figur herauszuhauen.“

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