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Bischofsheim: Das wäre für die Rhön fatal: Gibt es bald keinen Notarzt mehr in Bischofsheim?

Bischofsheim

Das wäre für die Rhön fatal: Gibt es bald keinen Notarzt mehr in Bischofsheim?

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    Seit 38 Jahren arbeitet der Bischofsheimer Hausarzt Dr. Erich Martin als Notarzt. Als Notarzt-Standort hält er Bischofsheim für unverzichtbar.
    Seit 38 Jahren arbeitet der Bischofsheimer Hausarzt Dr. Erich Martin als Notarzt. Als Notarzt-Standort hält er Bischofsheim für unverzichtbar. Foto: Heiko Becker

    Tiefgreifende Veränderungen für die Rhön empfiehlt das bayerische Innenministerium in seiner im Herbst veröffentlichten Notarztstudie: Die Notarzt-Standorte Bischofsheim und Mellrichstadt sollen demnach geschlossen und stattdessen eine Notarzt-Wache in Bastheim neu errichtet werden. "Vollkommen unrealistisch", findet das Dr. Erich Martin, inzwischen im 34. Jahr Hausarzt in Bischofsheim. Der über 70-Jährige fährt seit 38 Jahren Notarzt-Einsätze. 

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    "Nur Leute, die theoretisieren, können auf solche Lösungen kommen", lautet Dr. Martins vernichtendes Urteil. Die Studie ist in seinen Augen "ein Unding". Bislang gibt es im Landkreis Rhön-Grabfeld vier Notarzt-Standorte –Bad Neustadt, Bad Königshofen, Bischofsheim und Mellrichstadt. Laut dem Studien-Planungsszenario wären es dann nur noch drei: Bischofsheim und Mellrichstadt würden wegfallen, Bastheim neu dazu kommen. 

    Unbesetzte Standorte: Warum gibt es zu wenig Notärzte?

    Ziel der Umstrukturierung ist es, die zunehmenden Besetzungs-Probleme im Notarzt-Bereich zu entschärfen. Auch in den Rhön-Landkreisen sind, vor allem in den ländlichen Gebieten, immer mehr Notarzt-Standorte immer öfter nicht besetzt.

    Dass Notärzte fehlen, habe viele Gründe: Für die Notfallmedizin müsse man brennen, so Martin, das täten heute weniger Ärzte als früher. Zudem seien Klinikärzte stark eingespannt, sodass vielen wenig Zeit bleibe für den optionalen Notarzt-Dienst. Auch finanziell seien die Dienste vor allem in Bayern alles andere als attraktiv.

    Bischofsheim deckt als zentraler Notarzt-Standort die gesamte Hochrhön ab

    Dass so viele Standorte inzwischen unbesetzt sind, habe Auswirkungen auf die noch besetzten Standorte: "Ich bin nicht mehr nur hier für meinen Kreis zuständig, sondern muss überall hinfahren." Stralsbach, Zahlbach, Burkardroth, Premich, Gefäll, Ostheim, Mellrichstadt, Weimarschmieden  – in all diesen Orten sei er inzwischen standardmäßig im Einsatz. Währenddessen warten nicht selten Patienten in der Bischofsheimer Hausarztpraxis ungeduldig auf seine Rückkehr. "Schaut man dieses Gesamtpaket an, vergeht manchem die Lust am Notarzt-Dienst."

    Eine Standort-Verlegung von Bischofsheim nach Bastheim wäre in Martins Augen aber trotz der Personal-Not der völlig falsche Weg: "Wir decken von Bischofsheim aus die komplette Hochrhön ab." Bastheim, nicht weit entfernt von Bad Neustadt, sei als neuer Standort völlig ungeeignet, weil weniger zentral.

    Warum die Reformen der Studie den Personalmangel weiter verschärfen könnten

    Entwickelt würden solche Reform-Ideen von "realitätsfernen Theoretikern", die "irgendwo sitzen und Kreise ziehen": "Die haben noch keine Blaulichtfahrt unter widrigen Wetterbedingungen von Bastheim nach Sandberg gemacht, mit all dem Risiko, das dahinter steckt. Die wissen nicht, wie viele Kurven es sind, wie oft Wildwechsel droht. Dann wäre die gesamte Theorie Makulatur."

    Brennt für den Notarzt-Dienst: der Hausarzt Dr. Erich Martin aus Bischofsheim.
    Brennt für den Notarzt-Dienst: der Hausarzt Dr. Erich Martin aus Bischofsheim. Foto: Heiko Becker

    Martin fürchtet, die Reform gehe nach hinten los: Käme alles, wie in der wissenschaftlichen Studie angedacht, täten zumindest in der Rhön am Ende weniger Ärzte Not-Dienst als zuvor. Drei Ärzte teilen sich aktuell die Arbeit am Notarztstandort Bischofsheim. "Keiner ginge nach Bastheim, um dort auf einer Mondscheinwache Dienst zu tun", ist Martin überzeugt. "Das wird von uns alles freiwillig gemacht. Uns kann niemand verpflichten."

    Weshalb die Hausärzte für die Notarzt-Dienste unverzichtbar sind

    Derzeit leistet Martin 64-Stunden-Dienste. Hat er gerade keinen Einsatz, versorgt er ganz normal seine Patienten in der Hausarzt-Praxis, mäht nach Dienstschluss Rasen und schläft nachts im eigenen Bett. "Mich nach Bastheim setzen, wenn ich Dienst fahre? Von Bastheim aus würde ich keine Stunde fahren", ist er ganz klar.

    Ähnlich argumentiert Dr. Wünsch, ebenfalls Hausarzt in Bischofsheim: "Der Notarzt-Dienst lebt gerade in der Fläche von den beteiligten Kollegen, die ihre Praxen versorgen. Wir können uns nicht tagsüber und genauso wenig nachts auf eine Wache in Bastheim setzen und dort die vielleicht zwei bis drei Einsätze abwarten, die kommen könnten".

    Appell an die Bevölkerung: "Was, wenn am Ende im Notfall kein Notarzt mehr kommt?"

    Da er das System an die Wand fahren sieht, geht Martin an die Öffentlichkeit: "Die Bevölkerung hat keine Ahnung, was das bedeutet, wenn am Ende im Notfall kein Notarzt mehr kommt", will er wachrütteln. Und erzählt ein wenig aus der Praxis: Sei er Mittwochnachmittag mal nicht da und der Bischofsheimer Standort unbesetzt, komme schon heute mitunter der Rettungshubschrauber Christoph 28 aus Fulda zum Einsatz ins Bischofsheimer Altenheim. "Das ist nicht ein Mal, das ist zig Mal passiert. Wir haben prozentual zu unserer Bevölkerung mehr Hubschraubereinsätze als das Flächenland Norwegen." Nur: Ein Hubschrauber könne nicht alles abdecken, insbesondere bei Nacht, Nebel und im Winter nicht.

    Auch das Telenotarztsystem ist in Martins Augen kein Allheilmittel: "Ich muss mit meinem Patienten in Kontakt treten, ihn sehen, spüren, riechen." Theoretisch gehe viel, in der Praxis könne Telemedizin immer nur eine Ergänzung sein.

    Wie geht es weiter mit der Notarztstudie des bayerischen Innenministeriums?

    Auch Wünsch erklärt: "Die Studie ist ohne Rücksicht auf die Belange der zu versorgenden Bevölkerung entstanden." Entsprechend hoffen beide Ärzte am Bischofsheimer Standort gemeinsam mit vielen ihrer Patienten auf Nicht-Umsetzung.

    Das Innenministerium will seine vom Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement an der Universität München (LMU) erstellte über 300-seitige Studie derweil als "Diskussionsgrundlage" verstanden wissen. Als Planungsszenario, das vom Zweckverband vor Ort ausgestaltet werden soll. Einen bindenden Charakter habe sie nicht.

    Wie es weitergeht, ist noch offen. Im Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Schweinfurt, dem der Landkreis Rhön-Grabfeld angehört, gründet man zur Bewertung der Studie derzeit eine Arbeitsgruppe.

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