Erst vor ein paar Tagen krachte in Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) ein mit rund sechs Tonnen Mist beladener Traktor in eine Hauswand, nachdem aus bislang ungeklärter Ursache die Bremse des Anhängers versagt hatte. Der Schaden, den der 17-jährige Fahrer verursacht hat, ist hoch. Zwar wurde niemand schwer verletzt, doch das ist nicht immer der Fall. Laut eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) ist die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem Unfall mit Traktorbeteiligung zu tödlichen Verletzungen kommt, 56-Mal höher als mit PKW-Beteiligung.
Immer größere Traktoren, fehlende Vorgaben bezüglich Assistenzsystemen und eine Fahrerlaubnis ab 16 Jahren müssten laut dem Leiter der UDV Siegfried Brockmann kritisch hinterfragt werden. Gerade letzteres sorgt für Diskussionen. "Jugendlichen Fahrer fehlt die Reife, um zu sagen, 'Nein, da bin ich mir unsicher, da warte ich lieber'. Sie denken, dass sie unverwundbar sind", so Brockmann. "Das ist bei Söhnen von Landwirten sicherlich nicht anders, als bei anderen in diesem Alter." Sind junge Traktorfahrer tatsächlich eine Gefahr? Die Polizei Unterfranken, regionale Verkehrsexperten sowie der Präsident des Bauernverbands widersprechen.
Polizei Unterfranken: geringes Unfallgeschehen mit Traktoren
"Die Unfallzahlen mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen sinken kontinuierlich. Die Zahl der Verursacher, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleibt auf sehr niedrigem Niveau", sagt Andy Laacke, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. 2020 wurden hier 79 Unfälle, 2021 68 Unfälle und 2022 dann 66 Unfälle registriert, an denen Traktoren beteiligt waren. Davon wurden zwei (2020), einer (2021) und drei (2022) von unter 18-Jährigen verursacht.

Traktorunfälle seien eine Ausnahmeerscheinung, heruntergebrochen auf das Unfallgeschehen in Unterfranken, machten sie nur einen geringen Prozentsatz aus, so Laacke. Gleiches gelte auch für Jugendliche unter 16, die unerlaubt im Straßenverkehr Traktor fahren: 2019, 2021 und 2022 gab es jeweils einen Fall, der zur Anzeige gebracht wurde.
Jugendliche Traktorfahrer seien sich der Gefahr eines Traktors bewusst
Stefan Nöller ist als Fahrlehrer nah dran an den Jugendlichen, die in seiner Fahrschule den Traktor-Führerschein absolvieren. "90 Prozent der Jugendlichen, die zu uns kommen, können bereits Traktor fahren. Da geht es nur noch darum, wie sie sich im Straßenverkehr richtig verhalten", so der stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands bayerischer Fahrlehrer im Raum Würzburg.
"Eine Erhöhung des Führerscheinalters würde dazu führen, dass viele Azubis das wichtigste Arbeitsgerät in der Landwirtschaft nicht nutzen dürfen. Was sollen sie dann lernen oder arbeiten?"
Stefan Köhler, Präsident des Bauernverbands in Unterfranken
Auch er stamme aus einem landwirtschaftlichen Betrieb und habe von seinem Opa Traktor fahren gelernt und bereits früh auf dem Acker geholfen, betont Nöller. Seine Erfahrung sei, dass die Jugendlichen sich den Gefahren des Traktors bewusst sind und sich bereits vor der Prüfung mit den Fahrzeugen auskennen. In der Fahrschule lernten sie dann, wie sie selbstständig fahren, Lücken im Straßenverkehr nutzen und sicher auf schmalen, engen Straßen fahren.
Der Traktorführerschein als Notwendigkeit in der landwirtschaftlichen Ausbildung
Für den Präsidenten des unterfränkischen Bauernverbands, Stefan Köhler, sind Traktoren kein Statussymbol, sondern Arbeitsmaschinen. "Eine Erhöhung des Führerscheinalters würde dazu führen, dass viele Azubis das wichtigste Arbeitsgerät in der Landwirtschaft nicht nutzen dürfen. Was sollen sie dann lernen oder arbeiten?" fragt er. Die meiste Zeit werde sowieso auf dem Feld gearbeitet, wo die Unfallgefahr am niedrigsten sei und er ergänzt: "Jeder junge Mensch bekommt eine ordentliche Ausbildung, da gehört Traktorfahren dazu."

Generell ist die Zahl der Führerscheinbesitzer unter 18 gering und liegt laut ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Hildebrandt bei 0,3 Prozent. Deshalb sollte der Blick auf Assistenzsysteme gerichtet werden, die Unfälle beim Überholen und Abbiegen verhindern könnten, aber bislang nicht verpflichtend sind. "Wenn man einen 100.000 Euro teuren Traktor besitzt, warum kann man nicht für ein paar Euro noch ein System einbauen, dass den Fahrer warnt, wenn sich andere Verkehrsteilnehmer im toten Winkel befinden?", fragt Hildebrandt.
Auch Siegfried Brockmann, Leiter des UDV, verweist darauf, dass es ihm nicht um eine Anhebung des Alters des Traktorführerscheins gehe, sondern um Einschränkungen, die für mehr Sicherheit sorgen könnten. Seine Forderung: 16-Jährige sollten nur Traktoren fahren dürfen, die mit Assistenzsystemen ausgestattet sind und das beschränkt auf Fahrten vom Hof zum Feld.