Er steht auf der Straße. Ist aber keineswegs mittellos, wie es das Sprichwort suggerieren mag. Ganz und gar nicht. Er steht gleich mit seinem ganzen Büro auf der Straße. Er – das ist Michael Spies, der als örtlicher Bauleiter der Würzburger Pflasterbau (WPB) die Bauarbeiten vor Ort zur Platzgestaltung des Roßmarkts überwacht. Ein Arbeitsplatz mitten auf der Straße und mitten unter Menschen – im Bürocontainer auf der Hauptstraße, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bürocenter Sterzinger.
Ebenerdig liegt das Fenster, an dem die Fußgänger und Passanten direkt vorbeigehen. Sie können Michael Spies quasi auf die Finger gucken, wenn er seinen Laptop bedient oder in dicken Aktenordnern Vorschriften und Planentwürfe studiert. Er ist für die Abläufe zuständig und koordiniert die Bauarbeiten. Darauf ist er konzentriert, das Geschehen auf der Straße stört ihn „nicht im Geringsten“, wie er sagt.
Das Handy ist unentbehrlich und im Dauerbetrieb. Draußen sind es nahezu 30 Grad, im Bürocontainer misst der Arbeitsplatz gerade einmal zwei auf zwei Meter. Fenster und Tür stehen offen, ein leichter Luftzug bringt nicht wirklich Erfrischung. Auch die Arbeit ohne Spitzhacke und Schaufel kann schweißtreibend sein. Michael Spies weiß ein Lied davon zu singen. Die Gespräche über Handy reißen nicht ab. „Weiß jemand Bescheid?“ Ohne die Antwort abzuwarten, sagt er nur: „Gut, ich kümmere mich darum.“ Der Bauleiter kommt nicht nur durch die Hitze ins Schwitzen, denn er hat buchstäblich alle Hände voll zu tun.
Dass der Bürocontainer auf der Hauptstraße steht, ist für Michael Spies nicht ungewöhnlich. „Vor Ort, an der Baustelle, bin ich so immer dabei und kann, was die technische Bauleitung betrifft, alles Notwendige vom Container aus koordinieren.“
Der Standort des Bürocontainers ist nicht nach jedermanns Geschmack in der Stadt. Michael Spies weiß das, verweist aber darauf, dass das Ganze rechtlich abgesichert sei vom Landratsamt Rhön-Grabfeld. Und zwar mit der Sperrung des Verkehrs in der Hauptstraße vom Bereich der Bauerngasse bis zum Marktplatz vom 3. Mai bis 10. Dezember dieses Jahres. Und da in Kürze eh die Bagger die Hauptstraße in dem vorgenannten Bereich zur Kanalsanierung aufreißen, sei die Durchfahrt über die Hauptstraße ohnehin nicht mehr möglich. So gesehen ist der Container dann kein Hinderungsgrund mehr.
Wenn sich die Mellrichstädter über den tiefen Erdaushub am Roßmarkt wundern, dann hat das nach den Worten von Bauleiter Spies seinen Grund: Bei den Lastplattendruckversuchen, anhand derer festzustellen ist, ob die sogenannte Erdplanung tragfähig ist, wurde an zwei Stellen der Mindestwert von 45 MN (Meganewton) pro Quadratmeter nicht erreicht. Der eine Versuch war ganz ohne Wert geblieben, der andere weit unter der Norm. Nach Rücksprache mit einem Bodengutachter wurde der Roßmarkt deshalb tiefer ausgebaggert, um die geforderte Standfestigkeit zu erreichen.
Nette Beobachtung am Rande der Baustelle: Vor dem Schaufenster eines Geschäfts in diesem Bereich sind zwei „Baustellen-Beobachtungsstühle“ aufgestellt. Das entsprechende Pendant findet sich auf der gegenüberliegenden Seite als rot-blauer „Geschäfts-Beobachtungsstuhl“. Sitzproben sind frei. Bitte Platz zu nehmen.