Der Vater ist seit 20 Jahren stellvertretender Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes und der 20 Jahre alte Sohn lässt sich zum Direktkandidaten der Partei Die Linke für die Landtagswahl am 8. Oktober im Stimmkreis 604 Haßberge, Rhön-Grabfeld aufstellen. Hängt da der Haussegen schief im Hause Gerstner in Trappstadt?
Kandidat Lukas Gerstner schmunzelt und schüttelt den Kopf. "Mein Vater hat sich mir gegenüber noch nie negativ zu meiner Mitgliedschaft bei den Linken geäußert", sagt der junge Mann beim Gespräch im Garten seines idyllisch gelegenen Elternhauses, in dem er noch wohnt. Zu Hause sei schon immer viel über Politik und Geschichte gesprochen worden, daher komme sein Interesse.
Beim Klimaschutz darf die Kompromissbereitschaft nicht zu weit gehen
Klar würden zu Hause Diskussionen zu politischen Themen nicht ausbleiben, doch es sei gut andere Meinungen zu hören, weil es ohne Kompromisse eh nicht gehe, weiß Kandidat Lukas Gerstner. Nur dürfe die Kompromissbereitschaft nicht so weit gehen, wie bei den Grünen. Die Partei verfolge kein ausreichendes Klimaschutzprogramm für die dringend notwendigen Dinge. "Nicht einmal das Tempolimit haben Sie durchbekommen."
Wirksamer Klimaschutz ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit
Wirksamer Klimaschutz sei auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, entgegnet er dem Vorhalt, dass die Linke bislang nicht sonderlich durch Klimaschutz von sich reden gemacht hat. Die soziale Komponente werde von den Grünen, aber auch von Fridays for Future nicht genug berücksichtigt, betont Gerstner. Das gilt im Grunde auch für "Die letzte Generation", deren Anliegen er zwar unterstützt, nicht aber die Art und Weise, wie sie agieren. Die Anmerkung, dass er als eigentlich Roter grüner als die Grünen wirke, lässt Gerstner gerne gelten.
Forderung nach einem Sondervermögen für den Klimaschutz
Klimagerechtigkeit sei nicht nur eine Verpflichtung gegenüber den Ländern des globalen Südens, sondern auch der eigenen Bevölkerung. "Erst kommt das Fressen, dann die Moral", zitiert Gerstner Bertolt Brecht und liefert auch gleich die Interpretation. Gerade ärmere Menschen seien so mit der Existenzsicherung beschäftigt, dass sie keine anderen Ressourcen hätten. Deshalb fordert er ein Sondervermögen Klimaschutz.
Mehr Regulierung durch den Staat auf verschiedenen gesellschaftlichen Feldern
Wer 100 Milliarden in die Bundeswehr investieren wolle, der könne dies auch für den Klimaschutz tun. Außerdem ließen sich manche Probleme eben nicht allein durch die Marktwirtschaft lösen, glaubt der Landtagskandidat. Deutlich mehr staatliche Regulierung fordert für das Gesundheitswesen, den Wohnungsbau, die Energiepolitik, Altenpflege und den Verkehr. In der Vergangenheit sei viel zu viel privatisiert worden.
Keine Unterstützung für Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst
Wer derzeit für die Linken kandidiert, kommt einer Frage nach Sahra Wagenknecht nicht aus. "Ich hätte kein Problem damit, wenn sie aus der Partei austreten würde, damit wir uns um die richtigen Probleme besser kümmern können", erklärt Gerstner. Wenn sie schon eine eigene Partei gründen wolle, dann möge sie damit nicht so lange warten und schauen, wer noch alles mitmache.
Wagenknecht sei immer eine populäre Figur gewesen, aber nie eine Person, hinter der er voll und ganz gestanden wäre. Auch Klaus Ernst könne er nicht unterstützen, den Kurs gegenüber Russland schon gar nicht. Man könne die Nato kritisch sehen, aber ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen ein anderes Land gehe gar nicht. Letztlich würden aber nur Verhandlungen zum Frieden führen.
Die Jugend sollte mehr an politischen Entscheidungen beteiligt werden
Neben dem Klimaschutz nennt Gerstner einen zweiten Grund für seine Kandidatur: "Ich mache das für unsere Generation." Seine Schwester sei gerade 16 geworden und dürfe mit ihrer Stimme nicht mitentscheiden über die Zukunft, die sie angeht, tritt er für die Änderung des Wahlrechtsalters ein. Die Politikverdrossenheit unter Jugendlichen sei groß, viele seien der Ansicht, dass die da oben eh machen, was sie wollen. Nicht selten müsse er sich bei Arbeitskollegen und Bekannten mit AFD-Parolen auseinandersetzen und sich manchen dummen Spruch anhören, weil er sich fleischlos ernährt.
Lukas Gerstner, Landtagskandidat für die Partei Die LinkeLukas Gerstner wurde am 11. April 2003 im Leopoldina Krankenhaus in Schweinfurt geboren. Er ist ledig, hat zwei jüngere Geschwister und lebt bei den Eltern. Gerstner hat Abitur und befindet sich in einer Ausbildung zum Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik. Parteimitglied ist er seit 2021 und gehört zum erweiterten Kreisvorstand. Lukas Gerstner spielt Schach und Fußball beim heimischen TSV. In Trappstadt ist auch sein Lieblingsplatz im Stimmkreis, weil es hier sehr idyllisch ist, wie er sagt. Ein direktes politisches Vorbild hat er keines, Gregor Gysi findet er gut und Che Guevara richtig toll. Als erste Amtshandlung als Landtagsabgeordneter würde er mehr Windräder bauen. Quelle: Lukas Gerstner