Wenn es nach den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung geht, droht dem früheren leitenden Mitarbeiter des Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt, der sich im Oktober 2023 Auszubildenden gegenüber sexuell übergriffig verhalten haben soll, keine Gefängnisstrafe.

Laut Anklageschrift soll der 45-Jährige drei Auszubildenden bei der Grillfeier während einer Teambildungsmaßnahme in die Hose gefasst haben. Dabei soll er auch in ihre Körper eingedrungen sein, sie also vergewaltigt haben. Diesen Verdacht sehe die Staatsanwaltschaft nun nicht bestätigt, teilte Joachim Hein, Direktor des Amtsgerichts Bad Neustadt, am Montag auf Anfrage mit.
Staatsanwaltschaft fordert Verurteilung für sexuelle Übergriffe statt Vergewaltigung
Dies habe Staatsanwältin Melanie Roth am Freitag in ihrem nichtöffentlich gehaltenen Plädoyer deutlich gemacht. "Aus Sicht der Staatsanwaltschaft kann der Tatvorwurf der Vergewaltigung aufgrund der Zeugenaussagen nicht mehr bejaht werden", sagt Hein. Dafür würde die Mindestfreiheitsstrafe zwei Jahre betragen, erklärt der Direktor des Amtsgerichts.

Die Staatsanwaltschaft plädierte Hein zufolge auf eine Verurteilung des Angeklagten wegen sexueller Übergriffe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Bei einem der drei mutmaßlich Betroffenen hätten sich nicht in ausreichender Zahl Hinweise auf einen sexuellen Übergriff ergeben. Die Staatsanwältin habe deshalb einen Teilfreispruch des Angeklagten gefordert.
Die Nebenklage habe keinen konkreten Antrag gestellt, teilt der Leiter des Amtsgerichts mit. Die Verteidiger des früheren Campus-Mitarbeiters hätten einen Freispruch in allen Anklagepunkten beantragt.
Angeklagte ehemalige Führungskraft bestreitet die Vorwürfe
Der frühere Campus-Mitarbeiter hatte in seiner Einlassung zum Prozessauftakt die Vorwürfe bestritten. Zwei der drei mutmaßlich betroffenen Auszubildenden hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Gericht ausgesagt. Weitere Teilnehmer der Teambildungsmaßnahme berichteten im Zeugenstand, der Angeklagte habe ihnen auf die Schulter geklopft, sie hätten sich aber nichts dabei gedacht. Dennoch war von unpassend "kumpelhaftem" Verhalten die Rede und davon, die Führungskraft sei wie einige Azubis angetrunken gewesen.
Eine Zeugin gab an, sie habe die Hand des leitenden Mitarbeiters "kurz über der Hose" eines Azubis gesehen. Ähnliches sagte ein Auszubildender aus. Mehrere Teilnehmer berichteten von einer Art Entschuldigung des Angeklagten in seinem Vortrag am Tag nach dem Grillfest. Sie hätten dies nicht einordnen oder auf konkrete Vorfälle beziehen können, sagten die Zeugen.
Das Urteil wird am Amtsgericht Bad Neustadt an diesem Donnerstag, 10. April, um 10 Uhr verkündet.