"Ist da was passiert? So viele Fahrzeuge?" Fragen, die sich am Samstag so mancher stellte, als er am BRK Alten- und Pflegeheim in Bad Neustadt vorbeikam. Dort sah man Einsatzfahrzeuge des BRK, des THW, der Feuerwehr und anderer Einheiten.
Der Hintergrund: In einem großangelegten praxisnahen Feldtest wurde eine chemikalienfreie Dekontamination von Gegenständen vorgenommen, die mit Krankheitskeimen verseucht sind. Dazu stand ein mobiles Plasmabehandlungssystem zur Verfügung, das Wissenschaftler mit nach Bad Neustadt gebracht hatten.
Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
"Es handelt sich um das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt MoPlas2Dekon PRO", erklärt Uwe Kippnich von der Stabsstelle Forschung des Bayerischen Roten Kreuzes, Landesgeschäftsstelle München.
"MoPlas2Dekon PRO" stehe für "Mobile Plasmatechnologie zur Abwehr biologischer Gefahren in Seuchengebieten". Ein erster vielversprechender Einsatz des Verfahrens erfolgte zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 mit der Aufbereitung von Schutzmasken und Beatmungsschläuchen beim Bayerischen Roten Kreuz in Haßfurt. Mit dieser Plasmatechnologie konnten Krankheitserreger in kürzester Zeit ohne Gefahr für Umwelt und Gesundheit eliminiert werden.

Im Rahmen des MoPlas2Dekon-PRO-Verhabens sollte nun untersucht werden, ob und wie mithilfe des Plasmabehandlungssystems auch größere Räume wie beispielsweise Patientenzimmer verlässlich desinfiziert werden können.
Luft im Patientenzimmer in Bad Neustadt wurde abgesaugt
Dazu dichteten die Wissenschaftler das Zimmer im Alten- und Pflegeheim mit einem Plastikvorhang luftdicht ab. Dann schlossen Spezialisten der Haßfurter Fachgruppe CBRN des BRK in speziellen Schutzanzügen an das Gerät Schläuche und Messgeräte an. "Über diese wurde die Luft im Patientenzimmer abgesaugt, in dem speziellen Gerät gereinigt und wieder zurückgeführt", erläuterten Dr. Peter Muranyi und Dr. Bernd Kramer vom Fraunhofer-Institut IVV Freising.
Folgendes Szenario wurde angenommen: In einem Pflegeheim ist ein Bewohner schwer an Corona erkrankt und wurde ins Krankenhaus verlegt. Der Bewohner ist zudem MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) positiv. MRSA-Bakterien sind vor allem als Krankenhauskeime bekannt. Sie können als harmlose Besiedlungen der Haut und Schleimhäute auftreten, aber auch schwere Infektionen auslösen. Durch Resistenzen gegen einige Antibiotika ist die Therapie dann erschwert und die Infektion besonders gefährlich.
Am Schluss muss nur noch gelüftet werden
Das Bewohnerzimmer soll komplett desinfiziert werden, um es schnellstmöglich wieder bedenkenlos nutzbar zu machen. Dabei wurde das betroffene Zimmer mittels Plasmaverfahren desinfiziert. Dies ging lediglich mit Wasser vonstatten, Chemikalien wurden dabei nicht genutzt. Dadurch wurden keine Rückstände hinterlassen, es musste lediglich im Anschluss gelüftet werden, damit die chemikalienfreie Feuchtigkeit aus dem Raum entweichen konnte.
„Mit dieser zukunftsweisenden Technik können Einrichtungen aller Art, beispielsweise im Gesundheitswesen, schonend desinfiziert und schnell wieder nutzbar gemacht werden. Besonders in Räumen, die von immungeschwächten Menschen genutzt oder bewohnt werden, ist der Schutz vor Erregern unerlässlich. Die Sicherheitsforschung des BRK geht hier mit ihren Partnern wichtige, neue Wege“, betont Dr. Elke Frank, BRK-Landesgeschäftsführerin.
„Dabei steht auch der Umweltschutz im Fokus: Desinfektionen erfordern oft den Einsatz von hoch dosierten Reinigungsmitteln. Die erprobte Art und Weise der Desinfektion ist komplett chemikalienfrei und schützt dadurch Mensch und Umwelt.“

Wie geht es weiter? Für die Tests gibt es in Freising einen Modellraum, in dem mit dem biologischen Material getestet wird. Proben dazu hatte das Team mit nach Bad Neustadt gebracht, diese wurden im Raum platziert und werden im Nachgang im Labor ausgewertet.

Da das Projekt vom Staat gefördert wird, waren am Freitag bereits die Bundestagsabgeordneten der SPD, Carmen Wegge und die Parlamentarische Staatssekretärin für Gesundheit, Sabine Dittmar, zu Gast, um sich aus erster Hand vom Expertenteam informieren zu lassen.
