Die Gelegenheiten, ohne viel Geld ein Dach über dem Kopf zu finden, werden dank der grenzenlosen Kommunikation über das Internet immer vielfältiger. Am bekanntesten dürfte mittlerweile das Couchsurfing sein, ein Netzwerk mit mehreren Millionen Mitgliedern, über das Anbieter und Sucher einer kostenfreien Unterkunft zueinanderfinden. So weit ist die Initiative von Bernd Müller, der für sich selbst eine ganz besondere Art des Reisens kreiert hat, noch lange nicht.
Die Suche nach dem einfachen Leben auf Zeit
Mit seinem Gardensurfing steht der Familienvater aus Saal an der Saale noch allein auf weiter Flur. Auf seinen Radtouren sucht er das einfache Leben auf Zeit, abseits jeglicher Bequemlichkeiten. Und dazu gehört auch, abends die müden Beine nicht unter eine warme Bettdecke zu stecken, sondern auch schon mal in strömendem Regen ein Zelt aufzubauen und in einen klammen Schlafsack zu kriechen. Und das vorzugsweise in fremden Gärten. Ein Wunsch, dessen Beweggrund vielen Gartenbesitzern nicht so einfach zu vermitteln ist, wenn etwa ganz in der Nähe ein offizieller Campingplatz liegt.
Der Frust fährt immer mit
Nicht vorhersehbar und planbar soll das sein, was ihn auf der Strecke erwartet. Der 46-jährige Holztechniker und Wirtschaftsinformatiker sucht Erfahrungen, die man im durchgetakteten modernen Leben nur noch schwer findet: Zufällige Begegnungen mit wildfremden Menschen auf der Straße, die ihm Vertrauen schenken sollen und Gastfreundschaft. Dafür nimmt er auch manche Widrigkeiten in Kauf, etwa bei Anbruch der Dunkelheit noch nicht zu wissen, wohin er sein Haupt in der folgenden Nacht betten kann. Und da ist auch der Frust, der nach mehreren Absagen natürlich in ihm die Frage aufkommen lässt, warum er sich das alles eigentlich antut und sich nicht einfach ein gemütliches Hotelzimmer sucht. Oder zumindest bei Gartenbesitzern an der Haustüre klingelt.
So, wie jetzt in Furtwangen, der ersten Station seiner Tour, wo sich Anfang Oktober bei echtem Sauwetter kaum jemand draußen aufhielt und er zunächst in einer Gegend unterwegs war, in der Mietshäuser dominierten. Nach mehreren vergeblichen Anläufen hatte Müller dann doch noch Glück. „Der oder keiner“, dachte er sich, als er im Neubaugebiet schließlich auf einem Grundstück einen älteren Mann entdeckte.
Zum Platz im Garten gab es Apfelkuchen
Der war zwar nach Müllers Empfinden nicht begeistert von seinem Ansinnen, konnte aber, wie sich später herausstellte, als Leiter einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde den Herbergsuchenden wohl schlecht abweisen. „Seine Frau war aber ganz offen“, erinnert sich Müller. Zum Schlafplatz im Garten gab es sogar noch ein Tablett mit Apfelkuchen, Kaffee und Chips sowie die Einladung, im Gästebett zu übernachten. Ein Angebot, das Müller stets ablehnt, weil der den Leuten nicht zur Last fallen will. Er freut sich schon, wenn er die Toilette benutzen darf. Als kleines Gastgeschenk lässt er Holzelefanten zurück, die er mit seinen Kindern bemalt hat.
Die Freunde hatten abgeraten
Dreimal hatte er Erfolg auf seiner Tour vom 2. bis 8. Oktober entlang des Oberlaufs der Donau. Darunter auch auf einem Bauernhof in Saal an der Donau. Eine Nacht verbrachte er in einem Gasthof, eine auf einem regulären Zeltplatz und einmal nutzte er das auf Radreisende zugeschnittene Warm Showers-Angebot, das Dusche und Bett in Privathaushalten vermittelt. „Eine tolle Sache“, wie Müller findet, die er als nicht kommerzielle Erweiterung seines Gardensurfings betrachtet.
Es war nach 2015 die zweite dieser Touren, die er unternommen hatte. Dabei hatten ihm Freunde zuhause schon klargemacht, dass sie so jemanden wie ihn mit seinen langen Haaren und dem Bart im Gesicht wohl eher nicht aufs Gelände lassen würden.
Zunächst ging es mit dem Zug von Bad Neustadt aus nach Trieberg im Schwarzwald, wo die Breg-Quelle für einen der zwei Zuflüsse der Donau entspringt, die sich schließlich in Donaueschingen vereinigen. Gut 600 Kilometer war er von dort aus unterwegs bis nach Regensburg. Die nächste Tour bis nach Passau will er mit seiner Familie unternehmen, dann aber ganz konventionell mit fest gebuchten Unterkünften.