Eine zu hohe Türschwelle, ein herumliegender Teppich oder eine rutschige Stufe und schon ist es passiert: Ein Mensch fällt hin und bricht sich den Oberschenkel oder die Hüfte. Während jüngere Personen nach Stürzen oder Unfällen oft schnell wieder auf die Beine kommen, dauert die Genesung bei älteren Menschen oder Personen mit mehreren Vorerkrankungen häufig länger. Um ihren Heilungsprozess zu unterstützen, hat der Rhön-Klinikum Campus eine Station für Alterstraumatologie und Ortho-Geriatrie eingerichtet.
"Früher hat man auch bei älteren Patienten gedacht, man repariert einen Knochenbruch und die Sache ist erledigt. Heute weiß man, dass es einer komplexen, ganzheitlicheren Behandlung bedarf", erklärt Prof. Dr. Andre Steinert, neben Prof. Dr. Arne Berner einer der beiden Chefärzte der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Schulterchirurgie und Endoprothetik, im Gespräch mit dieser Redaktion.

So gehe der Aufnahme auf der neuen Station immer ein Akutereignis wie ein Sturz oder Unfall voraus. Zusätzlich müsse ein geriatrischer, also altersmedizinischer, Behandlungsbedarf bestehen. Ob der vorliegt, werde bei Patienten ab dem Alter von etwa 65 Jahren geprüft, sagt Teresa Mucha, Leitende Oberärztin und Sektionsleitung.
In der Geriatrie in Bad Neustadt spielen auch psychologische Aspekte eine Rolle
Eine Frage sei zum Beispiel, wie viele und welche Medikamente der Patient nimmt, ob und wie sich sich gegenseitig beeinflussen und ob deren Anzahl reduziert werden kann. Auch Mobilität, kognitive Fähigkeiten, die Ernährungs- oder soziale Situation, die möglicherweise mit ursächlich für einen Sturz oder Unfall waren, würden eine wichtige Rolle einnehmen. "Ab einem bestimmten Alter nehmen Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße, Übergewicht und Diabetes, aber auch Mangelernährung, Muskelschwund oder Gebrechlichkeit zu."
Ziel sei es, den Patienten zu ermöglichen, nach dem Unfall oder Sturz wieder so selbständig zurecht zu kommen wie davor. "Viele ältere Menschen wünschen sich keine Purzelbäume mehr, sie wollen einfach im Alltag selbständig zurecht kommen. Am besten zuhause im familiären Umfeld, ohne umziehen zu müssen", so Mucha.
Dass das gelingt, kümmern sich auf der neuen Station mit ihren 20 Betten Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten wie Logopäden oder Ergotherapeuten. Die Patienten erhalten auch psychologische Behandlungen, da in der Geriatrie auch Aspekte wie Depressionen im Alter oder Probleme bei der Verarbeitung der Krankheit berücksichtigt werden.
Patienten können noch in der Klinik selbstständig üben
"Früher mussten wir bei geriatrischem Behandlungsbedarf einen Geriater einer externen Klinik kommen lassen", begründet Geschäftsführende Direktorin Hannah Gilles die hinter dem neuen Angebot stehenden Überlegungen. Jetzt könne die Frührehabilitation zeitnah nach der Operation vor Ort erfolgen. So könne man auch über die ersten Tage hinaus Nachsorge und Behandlungserfolg selbst sicherstellen, so Gilles weiter.

Geräte wie ein Handfahrrad oder ein Gehbarren, dessen Stufenhöhen individuell einstellbar sind, stehen dem Personal zur Behandlung der Patienten zur Verfügung. Wenn gerade keine Therapie stattfindet, können sie selbständig auf der Station üben. Zum Beispiel mit dem Therapiespiegel. Hier können verschiedene Modi ausgewählt werden, beispielsweise eine Hüft- oder Knieoperation. Ein im Spiegel integrierter "Trainer" erklärt Übungen und macht sie auch vor. Dabei können die Trainierenden sich und ihre Bewegungsabläufe im Spiegel beobachten.
Am Freitag, 11. April, wird die Bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach die neue Station offiziell eröffnen.