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BAD KÖNIGSHOFEN: Gesprächskonzert – Hinterm Ofen in Königshofen

BAD KÖNIGSHOFEN

Gesprächskonzert – Hinterm Ofen in Königshofen

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    Viele Texte und vertonte Gedichte trugen in einem Gesprächskonzert vor (von links) Johannes Tappert, Julia Schneider, Elisabeth Schmeißer, Brigitte Schmidt, Christophe Soergel, Hannah Rößler und Barbara Wild.
    Viele Texte und vertonte Gedichte trugen in einem Gesprächskonzert vor (von links) Johannes Tappert, Julia Schneider, Elisabeth Schmeißer, Brigitte Schmidt, Christophe Soergel, Hannah Rößler und Barbara Wild. Foto: Foto: Regina Vossenkaul

    „Vergesst Goethe – lest Rückert“, diesen provokanten Titel wählte das Veranstaltungsteam der Berufsfachschule für Musik rund um die stellvertretende Leiterin Brigitte Schmidt und Dozent Johannes Tappert für einen interessanten Vortragsabend mit Musik im Rathaussaal.

    Anlässlich des 150. Todestages des Dichters Friedrich Rückert wurde zu einer Betrachtung seines Lebenswerks eingeladen, dazu gehören mehr als 20 000 Gedichte, von denen rund 50 von Clara Schumann, Robert Schumann und weiteren Komponisten vertont wurden.

    Was den Abend interessant machte und dem Publikum sogar Lachtränen in die Augen trieb, waren die tiefgründigen und oft zynischen und humorvollen Auszüge aus dem Gesamtwerk des Dichters, die nicht nur Trends, politische Umbrüche und den jeweiligen Zeitgeist aus einer ungewöhnlichen Perspektive widerspiegeln, sondern auch die ganz persönliche Geschichte des Dichters. Geboren wurde Rückert am 16. Mai 1788 in Schweinfurt, er starb am 31. Januar 1866 in Neuses bei Coburg.

    „Rückert war ein Franke, der seine Herkunft schätzte und auch die meiste Zeit seines Lebens hier verbrachte, im Geiste entwickelte er sich – wie er es selbst benannte – zum Weltpoeten, berichtete Brigitte Schmidt, die die Idee zu diesem Vortragsabend hatte.

    Vieles, was heute im Sprachgebrauch vorhanden ist, stammt von Rückert, beispielsweise „mein lieber Freund und Kupferstecher“.

    In Oberlauringen, Rügheim, Seßlach und Ebern wuchs Rückert auf. Als sich 1810 bei der Mutter noch einmal Nachwuchs einstellte, schrieb Rückert „Fünf Märlein zum Einschläfern für mein Schwesterlein“, die bis heute zu den bekanntesten Werken gehören.

    Mann mit 44 Sprachen

    Vertont von Richard Rudolf Klein wurde unter anderem „Vom Büblein, das überall hat mitgenommen sein wollen“, das auch vorgetragen wurde. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Schweinfurt studierte Rückert in Würzburg Jura, griechische Mythologie und Naturphilosophie. Es folgen Studien in Heidelberg und Jena, wo er unter anderem Staatsrecht und Metrik belegte. 1811 schloss er seine Studien mit einem Promotionsexamen ab. Später interessierte er sich für Orientalistik und beherrschte am Ende 44 Sprachen und ihre Schreibweisen.

    Im Laufe seines Lebens hatte er mehrere Anstellungen als Journalist, Lehrer und Professor, seinen literarischen Durchbruch hatte er 1814 mit den „Geharnischten Sonetten“, die sich gegen die Herrschaft Napoleons richteten. Seine besondere Sicht auf die Schlacht von Waterloo, gekonnt vorgetragen von Tappert, erheiterte die Anwesenden im Rathaussaal. In Reimen erzählt wird die Geschichte vom sprechenden Papagei, der so geschockt war von den Kanonen, dass er danach nur noch ein krächzendes „Bum“ von sich geben konnte – am Ende dreht ihm sein französischer Besitzer den Hals um.

    Rückert war eine imposante Erscheinung, zwei Meter groß, mit schwarzen Locken und immer schwarz gekleidet. Eine Zeitgenossin beschreibt ihn als einen der „längsten, hässlichsten Menschen, die ich je gesehen; er ist sich bewusst, die rohesten, ungezogensten Manieren zu haben.“ Sie hält ihm aber zugute, dass er „sehr gutherzig und sittlich ist und gar nicht beleidigen will.“ Sein privates Glück findet Rückert bei seiner Frau Luise aus Coburg, die er 1821 heiratet. Die Verliebtheit spiegelt sich im Werk „Liederfrühling“, gegliedert in mehrere „Sträuße“ mit jeweils 60 bis 100 Gedichten, insgesamt sind es mehr als 400 Gedichte zum Thema Liebe.

    Die Ehe hielt lebenslang, obwohl sich Rückert auch der Fesseln bewusst war, die sie ihm anlegt – auch das verarbeitete er in Versen.

    Besonderen Kummer bereitete dem Paar der Tod von zweien ihrer Kinder, die an Scharlach starben, eines starb kurz nach der Geburt, danach entstanden die „Kindertodtenlieder“, die teilweise Clara Schumann und Gustav Mahler vertont haben.

    Wie Brigitte Schmidt berichtete, machen den Dichter das Altern an sich, Krankheiten und die nachlassenden Kräfte etwas weltverdrossen und er kommentiert auch das humorvoll in seinen späten Werken. Das Gedicht vom Gebiss und seinen fehlenden Zähnen interpretierte Tappert so, dass nicht nur das Publikum, sondern auch er selbst Tränen lachte.

    Weit weg von der weiten Welt

    Als Interpreten der Liedbeiträge und teilweise auch der Wortbeiträge sorgten die Schüler Hannah Rösler, Elisabeth Schmeißer, Julia Schneider und Christophe Soergel für das Gelingen des Gesprächskonzerts, außerdem Barbara Wild am Klavier.

    Nicht fehlen durfte das Gedicht, in dem sich Rückert über die Stadt Königshofen lustig macht und über den Wanderer, der – weil es nur ein Stadttor gibt – am Ende wieder in seine Heimat zurückwandert, obwohl er doch in die weite Welt wollte.

    Er sagt: „Wenn man mich nun zur Rede stellt, wo ich gewesen in der Welt? Setz' ich mich hintern Ofen, und sag': in Königshofen.“

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