Das alte Pfarrhaus in Wegfurt ist nicht wieder zu erkennen. Es ist ein prächtiges Schmuckstück geworden. "Es war eine Ruine", beschreiben es Marites und Holger Heine, die das Gebäude von der Katholischen Kirchenstiftung Wegfurt gekauft und in liebevoller Detailgetreue nach historischem Vorbild aber mit modernem Wohnkomfort saniert haben.

Heines waren schon eine Weile auf der Suche nach dem Einzeldenkmal. Über die Immobilienbörse der Kreuzbergallianz wurden sie auf das alte Pfarrhaus in Wegfurt aufmerksam. 2016 haben sie es das erste Mal angeschaut. "Meine Frau schlug die Hände über dem Kopf zusammen", erinnert sich Holger Heine an den ersten Eindruck. "Es war überall Schimmel. Die Wände waren offen, die Fenster zerschlagen, das Dach defekt und überall war Feuchtigkeit in das Gebäude eingedrungen. Als "Kammer des Grauens" bezeichnete Marites Heine das Haus. "Die Tapete fiel nur so von den Wänden."

Krumme Wände machen den Charme des Hauses in Wegfurt aus
Holger Heine schaute nicht auf die Tapete. "Als Architekt sieht man ein solches Gebäude anders an", sagte. "Ich sah die Raumaufteilung, die Anordnung und Höhe der Räume und die Substanz des Gebäudes." Die handgearbeiteten Gesimse seien ihm gleich ins Auge gefallen. "Auch wenn das Haus verputzt ist, es ist ein Fachwerkhaus aus Holz. Es sind solide Baustoffe verarbeitet worden. Holz, Lehmputz und Ziegelsteine. Das sind nachhaltige Baustoffe, die man heute kaum mehr bezahlen kann, würde man dieses Haus so neu bauen wollen. Holzschädlinge waren keine in den alten Eichenbalken."
Auch Marites Heine freundete sich mit dem Gedanken an, das alte Pfarrhaus vor weiterem Verfall zu bewahren und wieder zu beleben. Für Heines war aber auch klar, dass sie am Haus selbst nichts verändern wollten, inklusive der krummen Wände, die den Charme des Gebäudes ausmachen und seine Geschichte bewahren.
Pfarrhaus war schon einmal verfallen
Interessant, dass vor 200 Jahren, im 1807, das Pfarrhaus in Wegfurt schon einmal verfallen war und als eine rechte Schande für den Ort galt. Doch damit ist es nun vorbei. Heines haben das Gebäude erhalten und ihm neuen Glanz verliehen. (Weiteres zur Geschichte siehe Infokasten)
"Das Haus hat starke Verformungen", berichtet Heine. Die krummen Wände seien durch Setzungen der Grundmauern über die Jahrhunderte entstanden. Das 1852 erbaute Gebäude steht auf einem weitaus älteren Gewölbekeller. Zudem wurde das Pfarrhaus am Ende des zweiten Weltkriegs von einer amerikanischen Granate getroffen. "Durch die Druckwelle der Explosion wurde eine Wand beschädigt." Heine vermutet, dass der Keller damals Schaden nahm, denn das Gewölbe ist an einer Seite eingestürzt und zugemauert.
Welche Hiobsbotschaft mussten die Heines verkraften?
Die Sanierung des Gebäudes sei in enger Abstimmung mit dem Amt für Denkmalschutz erfolgt, was laut Holger Heine völlig unproblematisch war, vor allem auch weil er und seine Frau nichts änderten und von vornherein im Sinne des Denkmalschutzes planten und dachten. Trotzdem konnte zeitgemäß gebaut und gedämmt werden. Der Putz wurde ausgebessert und eine Holzfaserdämmung angebracht. Wichtig sei es, natürliche Materialien zu verwenden, damit das Haus und Holz weiter atmen könne. Eine Styropor-Verkleidung würde dem Haus mehr schaden als nutzen.
Eine Hiobsbotschaft gab es indes doch während der Bauzeit. Ein Eckbalken war im unteren Bereich verrottet, konnte aber in bester Zimmermannsmanier ausgebessert werden, ebenso wie die Schwellen, die das Fachwerk tragen.

Warum es im Fachwerkhaus im Sommer und Winter angenehm ist
Die Dacheindeckung wurde komplett erneuert, der Dachstuhl wo nötig verstärkt und neue Fenster eingebaut. Natürlich entsprachen die Sanitäranlagen mit einem Holzofen nicht der Zeit. Sanitär, Strom und Heizung wurden erneuert, eine Wärmepumpen-Zentralheizung wurde eingebaut. Die Fußböden waren nicht mehr zu retten, die Feuchtigkeit hatte dem Holz zu arg zugesetzt. Ein neuer Estrich und Holzboden wurde verlegt. Die Holztreppe im Inneren konnte aber erhalten und ausgebessert werden. Der Boden im Eingangsbereich orientiert sich an zeitgenössischen Vorbildern und wurde neu verlegt.
Heines schätzen die Wohnqualität in ihrem Haus. Im Sommer bleibe es schön kühl und im Winter sei es trotz der Raumhöhe warm. Zwei kleine Apartements für Gäste und die Privatwohnung sind entstanden.
Warum die Heines nach Wegfurt gezogen sind

Ein harmonisches Farbkonzept, das auch die Fensterläden umfasst prägt heute das alte Pfarrhaus. Vieles alte aus dem Außenbereich konnte erhalten werden, der handgearbeitete Zaun wurde aufgearbeitet, die Sandsteinstufen der Treppe wurden wieder eingebaut. Nur das Vordach und der Treppenaufgang sind neu. Hier verbinden sich Tradition und Moderne miteinander. Der Garten wurde nach Heines Plänen aufgefüllt, modelliert und abwechslungsreich gestaltet.
Baubeginn war 2016, fertig gestellt war das Haus 2019. 2021 erhielt es den Sanierungspreis der Kreuzbergallianz. Heines sind gerne von Volkach nach Wegfurt gezogen, weil sie die Dorfgemeinschaft und Nähe zur Natur schätzen. Heines Architekturbüro ist weiterhin in Volkach, in einem ebenfalls denkmalgeschützten Haus.
Geschichte des PfarrhausesDas alte Pfarrhaus ist eng verwoben mit der Geschichte Wegfurts. Erstmals wurde ein Pfarrhaus in Wegfurt im Jahr 1614 erwähnt. Bischof Julius Echter von Mespelbrunn ließ Kirche und Pfarrhaus bauen. 34 Jahre später wurde ein "modernes" Pfarrhaus erbaut. 1807 wurde berichtet, dass "sämtliche Pfarrgebäude innen wie außen in einem elendem Zustand seien, so daß es eine Schande vor dem ehrbaren Publikum ist. Das Dach auf dem Pfarrhaus ist so beschädigt, daß bei jedem Regenwetter das Wasser vom obersten zum untersten Hausgemach durchdringt." 1851 stürzte das Pfarrhaus teilweise ein und musste gestützt werden. 1852 wurde das neue Pfarrhaus erbaut. 40 Fuß lang und 28 Fuß breit, zweistöckig, aus Fachwänden von Holz und mit gebrannten Backsteinen ausgemauert. 1955 bekam das Pfarrhaus eine Wasserleitung. 1956 wurde Bad und Toiletten eingebaut, neue Öfen angeschafft, die Küche mit einem neuen Herd ausgestattet, sämtliche Fenster wurden erneuert.Quelle: mec