Nur wenige Male im Jahr wird in Alsleben die auf einer Anhöhe nahe des Dorfes gelegene Ursulakapelle geöffnet. In der Regel werden die Türen nur an hohen Feiertagen wie dem Dreifaltigkeitsfest, Mariä Himmelfahrt, St. Michael und St. Ursula entriegelt. Offen waren die Pforten zuletzt am Sonntag, 17. August, im Rahmen eines Seniorennachmittags innerhalb der Pfarreiengemeinschaft St. Martin im Östlichen Grabfeld.
Am Ende des Gottesdienstes staunten manche Besucher nicht schlecht, als drei Ministranten in schwarzen Gewändern am Altar standen und mit Muskelkraft drei Glocken läuteten. Sie zogen, zum Altar gewandt, für kurze Zeit jeweils an einem Strang. Das Seil der großen Glocke „bediente“ Anna Kast, das der mittleren Franz Schlereth und das der kleinen Glocke Christian Zeißlein.
Den Gottesdienst Ausläuten
Es ist quasi Tradition, dass am Ende einer kirchlichen Feier in der Ursulakapelle der gemeinsame Glockenklang zu hören ist. Er bedeutet das sogenannte Ausläuten des Gottesdienstes. Beim Hinausgehen aus der Kapelle ist das Geläut vielleicht ein kleiner Hörgenuss oder auch eine bleibende Erinnerung an den Besuch der Kirche. Obwohl St. Ursula als Kapelle bezeichnet wird, ist sie hinsichtlich ihrer Größe keine kleine Kirche.
Für die Ursulakapelle wurde ein eigenes Lied komponiert. Die Gläubigen stimmen es aus voller Kehle gerne an. Die erste von neun Liedstrophen lautet im Text: „Ursula o Königin, lass dich hier verehren.. Tu' uns hier an diesem Ort unsere Bitt' gewähren. Mach, dass wir hier Gnad' erlangen, die schon viele hier empfangen....“.
Die Geschichte der Kapelle ist lang. 1704 stiftete die Witwe des Sternberger Schlossbauers Wolff Dietrich Truchseß von Wetzhausen, Freifrau Eva Rosina, nach der historischen Beschreibung des Gebäudes die Reliquien. Dadurch wurde die Kapelle rasch ein beliebtes Pilgerziel. Im 18. Jahrhundert sollen bis zu 10 000 Wallfahrer jährlich gezählt worden sein. Bereits 1750 wurde daher unter Mithilfe der Nachbargemeinden mit einem Neubau der Kirche begonnen, die man 1754 weihte. 1803 wurde St. Ursula geschlossen, aber acht Jahre später nach Protesten aus der Bevölkerung wieder geöffnet, geht aus der Historie hervor.
In die Geschichte der Kapelle eingeschrieben hat sich die örtliche Soldatenkameradschaft, die zu ihrem 130. Stiftungsfest im Jahr 1982 eine Glocke stiftete. Einen weiteren Klangkörper für den Turm spendeten Privatleute, die restliche Glocke gehörte von Anfang an zur Kirche.
Gefördert hat die Verehrung der heiligen Ursula und der Ursulakapelle besonders der einstige Pfarrer von Alsleben, August Eisenmann, der seine Befreiung aus dem Konzentrationslager Dachau nach vier Jahren Lagerhaft angeblich der Hilfe der heilige Ursula zuordnete.
Freund und Förderer
Auch der verstorbene Ortspfarrer Johannes Adler war ein Freund und Förderer der Kapelle. Er förderte nicht nur die Verehrung der heiligen Ursula, sondern weckte auch das Kunstbewusstsein für die Kirche.
Die heilige Ursula wird bereits viele hundert Jahre in Deutschland verehrt. Sie erlitt im fünften Jahrhundert gemeinsam mit ihren Gesellinnen in Köln ob ihres christlichen Glaubens den Märtyrertod.
Die Kapelle ist einen Ausflug wert, befindet sich sich doch in einem Wald auf einem idyllischen Berg mit herrlichem Blick auf Alsleben, rund anderthalb Kilometer südöstlich Alslebens an der bayerisch-thüringischen Landesgrenze. Mit dem Auto kann man sie auf ausgebauter Straße gut erreichen. Das Ziel bietet sich also auch hervorragend für eine kleine Wanderung an.