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Bad Neustadt: Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann in der Rhön: Auch der Wolf hat ein Existenzrecht

Bad Neustadt

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann in der Rhön: Auch der Wolf hat ein Existenzrecht

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    Ludwig Hartmann war zu Besuch in der Rhön. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag sieht eine Kompromisslösung zwischen Wolfs- und Herdenschutz als sinnvoll an.
    Ludwig Hartmann war zu Besuch in der Rhön. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag sieht eine Kompromisslösung zwischen Wolfs- und Herdenschutz als sinnvoll an. Foto: Eckhard Heise

    Windkraft in der Rhön, Wasserknappheit im Grabfeld und das viel diskutierte Thema Wolf. Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im bayerischen Landtag, nahm am Samstag, 28. Januar, in Oberelsbach an der Veranstaltung "Land schafft Zukunft" des Bundesvorstandes seiner Partei teil. In einem Interview äußert er sich zu diesen und noch weiteren Themen:

    Frage: Der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen startete seine Themenreihe "Land schafft Zukunft" in Oberelsbach. Warum Oberelsbach?

    Ludwig Hartmann: Wir haben ganz gezielt eine ländliche Gemeinde gesucht. Die Rhön hat nicht nur eine wunderschöne Landschaft, viel Biolandwirtschaft und zahlreiche Biotopverbunde. Hier sind auch etliche Anpackerinnen und Anpacker zu Hause, die versuchen, die Herausforderung der Energiewende gemeinsam anzugehen. Unser Ziel war es, genau mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen und zu hören, was es für Bedürfnisse bei der Mobilität, der Digitalisierung und digitalen Verwaltung gibt. Die Rhön liegt an der Grenze zu Thüringen und Hessen. Das Bussystem über die Landesgrenzen hinweg sorgt oftmals für Probleme und wir wollen schauen, ob man das nicht besser lösen kann.

    Mobilität, digitale Netze und Verwaltung: Haben diese Themen eine herausragende Bedeutung für den ländlichen Raum?

    Hartmann: Das sind beispielhafte Herausforderungen von vielen im ländlichen Raum. Wir wollen ein Mobilitätskonzept für ganz Bayern haben, damit wir zumindest vom Zwang zum Zweitauto befreit werden. Wir sind überzeugt, dass das Auto auf dem Land immer die erste Form der Mobilität sein wird – zukünftig elektrisch betrieben. Es ist jedoch wichtig, dass auch in kleinen Ortschaften Menschen alt werden können. Das bedeutet für mich auch: Wenn man nicht mehr Autofahren möchte oder kann, sollte man trotzdem seine Freunde im Nachbarort besuchen können. Dafür braucht es ein Angebot. Zur digitalen Verwaltung: Es wäre schön, wenn viele Behördengänge auch digital gehen könnten, sodass man auf den Brief oder den persönlichen Gang ins Rathaus oder Landratsamt verzichten kann.  In anderen Ländern ist das schon längst Alltag.

    Wie können in sensiblen Bereichen wie der Rhön Windkraft und Photovoltaik realisiert werden?

    Hartmann: Auf Bundesebene hat man ermöglicht, dass man in Landschaftsschutzgebieten Windkraftanlagen bauen kann. Das ist kein Ausschlusskriterium mehr, wenn zugleich klare Schutzzonen für bedrohte Arten definiert und hohe ökologische Standards eingehalten werden. Das ist ein Durchbruch. Man darf nicht vergessen, wir bauen in Landschaftsschutzgebieten ja auch Straßen. Wichtiger für mich ist, den Konflikt zwischen Naturschutz und Windkraft aufzuheben. Wir müssen die Menschen in der Region von Zuschauern zu Akteuren der Energiewende machen. Die Gemeinden müssen an den Anlagen beteiligt werden. Das bringt Geld in die Gemeindekasse. Damit kann zum Beispiel das Schwimmbad saniert, der Kindergarten besser ausgestattet oder das neue Feuerwehrauto finanziert werden. Wenn alle profitieren, werden noch mehr Menschen in Bayern gerne zusehen, wenn sich am Horizont ein Windrad dreht.

    Im Landkreis Rhön-Grabfeld ist vor allem das Grabfeld von Wasserknappheit betroffen. Welche Lösungen können Sie sich diesbezüglich vorstellen?

    Hartmann: Wir müssen dringend den Weg gehen, dass wir aus dem Thüringer Wald eine Wasser-Pipeline bauen. Thüringen hat mehr Wasser und wäre bereit, Wasser zu liefern. Ein Austausch zwischen den Bundesländern ist sinnvoll. So ein Projekt wäre deutlich einfacher zu realisieren, wenn Markus Söder nicht regelmäßig gegen den Länderfinanzausgleich wettern würde. 

    Der Weg über die Landesgrenze hinweg wäre kürzer und zügiger umzusetzen als eine Fernleitung aus Oberfranken oder gar vom Bodensee. Wir brauchen schnell eine Lösung. Ich bin ein Freund davon, die naheliegendste Lösung zuerst anzugehen und nicht eine Lösung, die erst Jahre später realisiert werden kann. Dabei ist es selbstverständlich, dass der Freistaat diese Leitung finanziert. Darüber hinaus muss man mit privaten Brunnenbohrungen und privaten Wasserentnahmen deutlich sensibler umgehen. Ein Bewusstsein, sparsam mit Wasser umzugehen, ist ganz wichtig. 

    Auch in der Rhön beschäftigt das Thema Wolf die Bevölkerung und die Tierhalter. Wie könnte ein künftiges Wolfsmanagement aussehen?

    Hartmann: Es ist wichtig, dass wir in ganz Bayern Herdenschutzmaßnahmen zu 100 Prozent finanzieren. Außerdem muss der Landwirt schnell und einfach entschädigt werden, wenn es zu einem Wolfsriss kommt. Wenn Herdenschutzmaßnahmen nachweislich nicht funktionieren, wird man über die ein oder andere Entnahme nachdenken müssen. Bei Hybriden sagt das Bundesnaturschutzgesetz ganz klar, dass diese zu entnehmen sind.  Die jetzige Gesetzeslage gibt ausreichend Spielraum, um alles besser zu managen.

    Um es einmal einzuordnen, wir haben in Bayern nur knapp 30 Wölfe. Der Wolf hat auch ein Existenzrecht und wir müssen eine Koexistenz hinbekommen. Wir können mit Herdenschutzmaßnahmen die Gefahr reduzieren, dass ein Tier gerissen wird.

    Sehen Sie den Landkreis Rhön-Grabfeld in Sachen Klimawandel gut aufgestellt? Wo sehen Sie positive Entwicklungen und wo könnte noch nachgebessert werden?

    Hartmann: Bei der Windenergie hat sich hier in Unterfranken schon einiges getan. Was ich mir dagegen noch wünschen würde - das ist mir heute wieder aufgefallen, als ich durch die Region gefahren bin -, es gibt noch sehr viel Dächer, auf denen Solaranlagen installiert werden könnten. Da ist durchaus Nachholbedarf vorhanden. Auf diese Weise könnte jeder einen Beitrag zum Klimaschutz und zu günstigeren Stromkosten leisten. 

    Auch ein gutes Angebot von Bus und Bahn schützt das Klima und damit unser aller Lebensgrundlagen. Da kann natürlich auch noch mehr passieren. Dazu braucht aber die Region Unterstützung vom Land. Ich bin ein Freund davon, das ÖPNV-Angebot zu einer kommunalen Pflichtaufgabe zu machen, damit das Land Bayern die Kommune auch dementsprechend finanziell unterstützt. 

    In der Rhön gibt es Biotope, das Biosphärenreservat und viele schützenswerte Landschaften. Wenn es überall so schön kleinteilig wäre, hätten wir viele Probleme in Bayern nicht. Da ist die Rhön eine Vorzeigeregion. Die Anzahl der Biobauern und damit die biologisch bewirtschaftete Fläche ist sehr beeindruckend. 

    Am 8. Oktober 2023 sind in Bayern Landtagswahlen: Was wäre Ihre Lieblingskoalition?

    Hartmann: Ich mache mir vor der Wahl keine Gedanken über Regierungsbündnisse. Ich möchte die Grünen im Wahlkampf so stark machen, dass keine Regierung gegen uns gebildet werden kann. Das heißt für mich ein Ergebnis von 20 Prozent plus einem sehr dicken X. Damit die Energiewende in Bayern eine Heimat findet.

    Zur Person Ludwig Hartmann ist Fraktionsvorsitzender der Grünen im bayerischen Landtag und direkt gewählter Stimmkreiskandidat für München-Mitte. Seit 2008 ist er Mitglied im Landtag. Er wurde 1978 in Landsberg am Lech geboren. Seine politische Laufbahn begann 1994 als Sprecher der Grünen Jugend Landsberg. Von 1995 bis 1999 war der studierte Kommunikationsdesigner Jugendbeirat der Stadt Landsberg und von 1998  bis 2002 Mitglied des Landesvorstandes der Grünen Jugend Bayern, ab 1999 deren Landesvorsitzender. Von 2000 bis 2006 war er Mitglied des Parteirates der bayerischen Grünen. Seit 2002 ist er außerdem Mitglied im Landsberger Stadtrat. Quelle: Homepage des bay. Landtags/sbr

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