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Haselbach: Eiserne Hochzeit: Die Liebe entflammte mit einem Blick aus dem Fenster

Haselbach

Eiserne Hochzeit: Die Liebe entflammte mit einem Blick aus dem Fenster

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    Seit 65 Jahren sind Marianne und Dr. Wolfgang Schneider verheiratet.
    Seit 65 Jahren sind Marianne und Dr. Wolfgang Schneider verheiratet. Foto: Marion Eckert

    Seit 65 Jahren sind Marianne (85) und Dr. Wolfgang Schneider (93) verheiratet. Bürgermeister Georg Seiffert gratulierte dem Jubelpaar zu diesem außergewöhnlichem Ehejubiläum. Ihre Eiserne Hochzeit feierten Schneiders im Kreise der Familie und wie schon vor fünf Jahren wurden sie von ihren Kindern zu einem Ausflug mit unbekanntem Ziel und natürlich wieder einer Übernachtung eingeladen.

    Doch bevor die Reise begann erzählte Dr. Schneider aus seinem bewegten Leben, das ohne seine Marianne gar nicht denkbar gewesen wäre. Der "Viechdoktor" und seine Frau sind seit 60 Jahren in Bischofsheim heimisch, haben viele gute Freunde gefunden und es nie bereut, aus Oberbayern in die schöne Rhön gekommen zu sein.

    Kindheit und Jugend war nicht leicht

    Dr. Schneider wurde in Breslau geboren. Kindheit und Jugend verlief der damaligen Zeit entsprechend: Schule, Luftwaffenhelfer, russische Gefangenschaft. Seine Familie war nach dem Zweiten Weltkrieg zerrissen, hatte aber das Glück, sich in München wieder zu finden. Wolfgang Schneider studierte Tiermedizin. In Tittmoning sammelt er nach dem Studium erste praktische Erfahrungen. "Das waren noch Zeiten. Mit Motorrad und Rucksack ging es übers Land", erinnert er sich gerne zurück.

    In der Mittagspause schaute er gerne einmal aus dem Fenster und beobachtete das Treiben auf dem Marktplatz. Und da sah er ein hübsches dunkelhaariges Mädchen. "Ich fand das Mädchen sehr nett, aber sie schaute nie zu mir herauf." Das war seine Marianne, erst bei einer Feier konnte er den ersehnten Kontakt mit ihr knüpfen.

    Verliebt in das "Mädchen vom Amt"

    Marianne Schneider wurde 1934 in Neisse geboren. Ihre Familie wurde 1945 vertrieben, sie kamen über Ostfriesland nach Oberbayern. Dort arbeitete sie bei der Post. Sie war das "Mädchen vom Amt", sie vermittelte Telefongespräche. Als sie nach Grassau versetzt wurde und sich auch für Wolfgang Schneider eine Möglichkeit der Versetzung ergab, griff er zu. "Ja und geheiratet haben wir dann auch."

    In die Rhön kamen Schneiders über eine Anzeige in einer Tierarztzeitschrift. Das war im Jahr 1955. Ein Tierarzt wurde in der Rhön gesucht. "Die Rhön war mir kein Begriff. Lediglich mit dem Segelfliegen brachte ich die Rhön in Verbindung." Schneiders reisten an und schauten sich um. "Es war ein Schock, von Oberbayern in die Rhön zu kommen." Der Hauptgrund, dennoch in die Rhön umzusiedeln, war die unbefriedigende Wohnsituation der jungen Familie in Oberbayern. "In Grassau hatten wir eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung." In dieser musste die Familie mit Kind und die Praxis untergebracht werden. In Bischofsheim wohnten sie zunächst neben dem ehemaligen Kino, die Platzverhältnisse in der Wohnung waren im Vergleich zu Grassau nahezu paradiesisch.

    1960 zogen Schneiders in ihr eigenes Haus. Ein wunderschönes und prächtiges Eigenheim haben Schneiders sich geschaffen, in dem ihre vier Kinder aufwuchsen und in dem sie sich heute noch ausgesprochen wohlfühlen.

    Als Tierarzt in der Region bekannt

    Als "Hoselbicher Viechdoktor" ist Dr. Wolfgang Schneider in der Rhön heute noch bekannt. Mit seinem VW war er ständig unterwegs, um Kühe zu behandeln, Fleischbeschau zu halten und den Nutztieren der Rhöner Bauern bei Problemen wieder auf die Beine zu helfen. Eine Kleintierpraxis gab es damals nicht. "Wer ging schon mit seinem Hund oder einer Katze zum Tierarzt? Niemand." Ein Telefon gab es bei Schneiders natürlich, doch wie erreichte Marianne Schneider ihren Mann, wenn er in den Dörfern bei den Bauern in Kuhstall war? Handy gab es nicht und Funk wurde erst später angeschafft.

    Marianne Schneider hatte neben der Versorgung des Haushalts und der Erziehung der Kinder die Aufgabe, ihrem Mann die Termine weiter zugeben und zu koordinieren. „Also habe ich beim Bürgermeister, Metzger oder in der Öffentlichen angerufen. Die Leute mussten ihn dann suchen und ihm sagen, dass er mich zurück rufen soll.“ Von der Telefonzelle aus rief Dr. Schneider zu Hause zurück und holte sich die nötigen Informationen, wo denn die nächste Kuh Probleme beim Kalben hatte. „Es hat immer geklappt“, blicken beide auf diese aus heutiger Sicht umständliche Art der Kommunikation zurück.

    Rund um die Uhr beschäftigt

    Marianne Schneider war aber auch mit ihrem Mann unterwegs und assistierte ihm bei den diversen Operationen. "Wir waren rund um die Uhr beschäftigt", sagte Marianne Schneider und ihr Mann ergänzt: "Es war ein 24-Stunden-Job, auch am Wochenende. Und da hat man nicht gejammert. Es war gar keine Belastung, es war einfach so. Wenn man Tierarzt ist, hatte man mit so was zu rechnen." Bis 1992 führte Schneider die Praxis.

    Über seine Tätigkeit als Tierarzt hinaus hat sich Schneider stets für das Geschehen in seiner neuen Heimat interessiert. 18 Jahre war er im Bischofsheimer Stadtrat vertreten, davon sechs Jahre als stellvertretender Bürgermeister. Eine Reihe an Ehrenämtern übte er aus, er spielte über Jahre hinweg Theater, engagierte sich als Stadtführer, ist bei den Freunden der Osterburg aktiv und gehörte zu den ehrenamtlichen Archivaren der Stadt Bischofsheim.

    Unvergessen seine humorvollen und doch tiefgründigen Lesungen in Verbindung mit musikalischer Unterhaltung. Überhaupt ist Dr. Schneider für seinen Humor bekannt, seine so oft doppeldeutigen Bemerkungen und netten Anekdoten, die er mit Vorliebe dann zum Besten gibt, wenn niemand damit rechnet.  Seine Frau Marianne ist nach wie vor eine große Freundin von Literatur und sie steht ihrem Wolfgang zu Seite, wenn er wieder einmal etwas zu recherchieren, zu übersetzen oder aufzuklären hat.

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