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BAD KÖNIGSHOFEN: Heilmethode aus dem Grabfeld: Luft aus dem Bienenstock

BAD KÖNIGSHOFEN

Heilmethode aus dem Grabfeld: Luft aus dem Bienenstock

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    Ute Selzam mit Atemmaske während der Bienenluft-Therapie. Luft aus Bienenstöcken wird in Bad Königshofen für therapeutische Zwecke genutzt.
    Ute Selzam mit Atemmaske während der Bienenluft-Therapie. Luft aus Bienenstöcken wird in Bad Königshofen für therapeutische Zwecke genutzt. Foto: Matthias Merz (dpa)

    In dem kleinen Raum brummt und summt es unaufhörlich. Sieben Bienenkästen aus Holz stehen in einer Reihe unter der Fensterfront. Davor sitzt Ute Selzam. Sie atmet über eine Maske angewärmte Luft aus einem der Bienenstöcke ein.

    15 Minuten lang inhaliert die allergische Asthmatikerin ruhig und entspannt die süßlich riechende Luft. Die 55 Jahre alte Sportlehrerin nutzt die heilsame Kraft der Bienenluft. Diese Therapie wird seit zwei Jahren im Kurort Bad Königshofen (Landkreis Rhön-Grabfeld) angeboten. Dort ist eine von gut einem Dutzend entsprechend zertifizierten Apitherapie-Imkereien bundesweit.

    20.000 Gäste im 6.000-Einwohner-Ort

    Im unterfränkischen Grabfeld ist der Imkerverein vor zwei Jahren auf die Idee gekommen, die Bienen für diese Art der Anwendung zu nutzen. Den Kurdirektor freut es. «Das Thema Atemwege ist in einem Kurort ohnehin wichtig», sagt Werner Angermüller. Heilwasser-See, Sole-Inhalationen in einem Pavillon - das hätten die Imker nun mit ihrem Angebot ergänzt. In den 6.000-Einwohner-Ort kommen jährlich etwa 20.000 Gäste. Die meisten bleiben drei bis vier Tage. Und manche von ihnen probieren es auch mit der Bienenstockluft-Therapie.

    Ute Selzam kommt dagegen aus der Region. Seit etwa 30 Jahren kämpft sie mit vielen verschiedenen Allergien. Die Nasennebenhöhlen sind chronisch entzündet, ihr Cortisonspray gegen Asthmaanfälle hat sie immer in der Tasche. Vor den Behandlungen mit der Bienenluft nutzte sie das Spray nahezu täglich. «In letzter Zeit brauche ich das sehr selten. Die Therapie tut mir sehr gut. Die Nasenhöhlen sind seitdem nicht mehr so verstopft und manchmal kann ich sogar wieder etwas riechen», sagt sie. 30 Minuten lang atmet sie die Luft aus den Bienenstöcken ein. «Beim ersten Mal war das schon ein bisschen beängstigend. Ich dachte immer, ich atme bestimmt gleich eine Biene ein.»

    Bienen werden nicht gestört

    Wolfgang Hartmann vom Imkerverein beruhigt: Die Vorrichtung ist sicher. Der Bienenkasten ist zum Nutzer hin ein geschlossenes System. Auch die Bienen werden nicht gestört. Die ausgeatmete Luft wird abgeleitet. In der eingeatmeten Luft sind nicht nur Honigaromen und ätherischen Öle, sondern auch das sogenannte Propolis - eine Art natürliches Antibiotikum. Die Bienen sammeln diesen Stoff, um ihren Bienenstock vor Keimen zu schützen. Die Menschen profitieren davon, wenn sie dieses Propolis einatmen.

    Auch der Präsident des Deutschen Imkerbundes, Peter Maske, weiß um die positiven Einflüsse der Wirkstoffe aus dem Bienenstock. Einige seien seit Jahrtausenden bekannt. «Grundsätzlich bin ich für solche Dinge offen», sagt er. «Aber man muss da schon sehr vorsichtig sein. Da darf man selbst beim Honig keine Gesundheitsversprechen geben. Gesundheitsbezogene Aussagen sind nur dem Arzt oder Apotheker überlassen.»

    Imker Wolfgang Hartmann befestigt den Atemschlauch an der Absaugvorrichtung auf einem Bienenstock, aus dem die Luft für die Therapie gewonnen wird.
    Imker Wolfgang Hartmann befestigt den Atemschlauch an der Absaugvorrichtung auf einem Bienenstock, aus dem die Luft für die Therapie gewonnen wird. Foto: Matthias Merz (dpa)

    Heilpraktiker stehen der Therapie offen gegenüber

    Der Verband Deutscher Heilpraktiker steht der Therapie unter bestimmten Voraussetzungen auch offen gegenüber. «Wir haben die Auffassung, dass die Therapie unbedingt in die Hand eines Arztes oder Heilpraktikers gehört, der mit möglichen allergischen Reaktionen umgehen und sie mit Medikamenten behandeln kann», sagt der zweite Vizepräsident Ingo Kuhlmann dazu. Eine der beiden Berufsgruppen sollte zwingend im ersten Schritt entscheiden, ob die Therapie überhaupt für den Patienten geeignet ist. «In ausgewählten Fällen kann das bei Lungenerkrankungen eine gute Therapie sein. Aber der vorsichtige Umgang damit ist wichtig», so der Experte.

    Kein wissenschaftlicher Beweis für Wirksamkeit

    Die Wirksamkeit dieser Therapie ist noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Dennoch sind viele Ärzte und Asthmatiker davon überzeugt. Die Krankenkassen zahlen bislang nicht. Die Therapiekosten für eine Sitzung liegen bei etwa 20 Euro. Mehrere Sitzungen werden von den Anbietern empfohlen. Das Gerät, das die Luft ansaugt, ist vor seiner Zulassung nach medizinischen Richtlinien geprüft worden, sagt der Erfinder aus Sachsen, Imker Jürgen Schmiedgen.

    In Bad Königshofen arbeiten drei Imker ehrenamtlich für das Bienenstockluft-Therapiezentrum. Mit einer Bescheinigung vom Arzt können die Patienten die Bienenstockluft einatmen. Betreut werden sie dabei auch von einer Therapeutin. Der Aufbau dieses Therapiezentrums ist von der Europäischen Union gefördert worden. Im Rahmen eines Projekts haben die Imker dafür mehrere Tausend Euro bekommen. Insgesamt hat das Projekt 92 000 Euro gekostet.

    Bislang ist das Interesse aber überschaubar. «Viele scheuen doch die Kosten der Therapie», sagt Hartmann vom Imkerverein. «Wenn die Krankenkassen das bezahlen würden, wäre hier bestimmt die Hölle los!»

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