Schlossverwalterin Edeltraut Rapp wie auch Michaela Drescher vom Verein Aktives Mellrichstadt verschlug es fast die Sprache, als sie die Besucher am Sonntagnachmittag ins Schloss Wolzogen strömen sahen: Im Handumdrehen waren alle Karten weg und der Saal proppenvoll gefüllt. Kein Wunder: Den vier Musikanten der Gruppe „Whistling to the Bird“, die bei der neuesten Folge von „Leben im Schloss“ aufspielten, eilt ein gefestigter Ruf als perfekte Interpreten irischer Volksmusik voraus.
Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren war das Quartett zuletzt im Schloss aufgetreten. Mit diesem und vielen weiteren Auftritten im Landkreis Rhön-Grabfeld haben sich Susanne Schlössinger, Daniel Schlössinger, Sebastian Barth und Jochen Krenig seither eine stetig wachsende Fangemeinde geschaffen, die ihnen am vergangenen Sonntag enthusiastisch zujubelte, kaum dass das erste Lied erklungen war. 29 Lieder, vor allem aus Irland, aber auch aus Schottland, Kanada und in einem Fall aus Deutschland, trugen sie vor, ganz ähnlich wie vor zwei Jahren. Wenn es in der Musikalität der Darbietung einen Unterschied gab, dann höchstens den, dass die vier Musiker in der Beherrschung ihrer Instrumente und im gesanglichen Ausdruck noch besser geworden sind.
Vom begeisterten Klatschen des Publikums begleitet, spielten sie hinreißende Melodien voller Lebensfreude; schwindelnde, sich steigernde Tempi, die Sebastian Barth, dem Geiger, alles abverlangten. Stimmgewaltig zeigte sich Daniel Schlössinger, dazu virtuos auf seiner Gitarre wühlend. Unter die Haut gingen besonders die Duette mit seiner Frau Susanne, die ihn mit Zwischenspielen auf der Tin-Flute unterstützte oder selber virtuose Soli spielte.
Es war eine typisch irische Folklore-Instrumentierung: Gitarre, Flute, Fiddle und zur rhythmischen Akzentuierung und tragenden Untermalung die Bassgitarre von Jochen Krenig. Typisch für irische Lieder auch der Wechsel zwischen Solostimme, Duett, Einsatz von Begleitgitarre, Flöte, Geige und Bass: Das brachte Abwechslung bei aller Ähnlichkeit und Stimmigkeit der Songs. Unter den vorgetragenen Liedern waren auch etliche mit einem besinnlichen, ja melancholischen Text und einer entsprechenden Melodie, wie bei dem Auswandererlied „Isle of hope, isle of tears“, der Liebesklage „On yon bonnie banks“ oder „My Johnny was dead“, das an ein Bergwerksunglück erinnert. Doch bei den vieren von „Whistling to the Bird“ kam kein sentimental-schmalziger Ton auf, auch wenn die Geige die Melancholie der Lieder fast schmerzhaft hörbar machte.
Dazu überwogen die Lebensfreude und die Freude der vier Künstler am Musizieren, die das Amateurstadium inzwischen hinter sich gelassen haben und mit jeder Profiband mithalten können.
Profihaft war auch die Art, wie die vier das Publikum mitnahmen, mit flapsigen Bemerkungen unterhielten und sich nicht an ein starres Konzept klammerten. So muss man irische Folklore rüberbringen, so gewinnt man zu der ohnehin schon riesigen Zahl der Freunde irischer Volksmusik immer noch mehr hinzu. Fred Rautenberg