Sechs Jahre sind es, dass die verheirateten Frauen von Irmelshausen einen jahrhundertealten Brauch wieder aufleben lassen konnten. Zum einen kam die Corona-Pandemie dazwischen, zum anderen ein Trauerfall. "Wir feiern in diesem Jahr und setzen die Tradition fort", sagen Kiezmutter Elke Mauer und Anette Geier lachend. Mit Fasching hat dieser Brauch wenig zu tun, wohl aber mit einer Geschichte der Gemeinde Irmelshausen, die in den Niederschriften nachzulesen ist. Die Weiberkiez reicht demnach bis in das Jahr 1700 zurück.
Doch um was geht es eigentlich? Elke Mauer und Anette Geier zeigen auf eine Puppe, einen Mann im schwarzen Anzug, Krawatte und einem schwarzen Hut. "Das ist der Cent Schöffe, der an einem Wintertag von Irmelshausen nach Königshofen ging, zu Fuß natürlich, aber bis zum Abend nicht mehr zurückkehrte", erklärt Elke Mauer. Belegt ist, dass es in der Faschingszeit war und es an diesem Tag stark geschneit hatte. Weil er am Abend noch nicht zu Hause war, machten sich die Männer des Dorfes auf den Weg, um den Schöffen zu suchen. Sie fanden ihn nicht. Daraufhin entschieden die Frauen von Irmelshausen die Suche fortzusetzen. "Und sie haben den Mann, halb erfroren, in einer Schneewehe gefunden."
Die Frauen retteten dem Schöffen das Leben
Gemeinsam schleppten sie ihn in einem Tragekorb, einer Kiez, die man früher auf dem Rücken trug, ins Dorf. In der Gastwirtschaft wurde er "zum Auftauen" auf den Kachelofen gesetzt. Die Frauen von Irmelshausen haben damit dem Mann das Leben gerettet. So entstand auch der Name von der Kiez und der heutigen Weiberkiez. Das alles wird am Abend des Faschingsdienstages in der Gastwirtschaft Barthelmes erklärt. Dazu tragen die Frauen die Kleidung, die man um 1700 im Dorf trug, dicke, schwarze Mäntel.

Mit Wehklagen wird dann der "arme Moo" in die Gastwirtschaft gebracht. Mit vereinten Kräften setzen die Frauen ihn dann auf den Kachelofen, damit er dort auftaut. Immer wieder gibt es Wehklagen beim Erzählen der Geschichte, wie sie sich auf die Suche machten und den Mann dann gefunden haben, erfahren die Frauen, aber auch die Gäste, die ausgesucht sind: Nur Bürgermeister, Landrat, Lehrer, Gemeindediener, Bauernobmann und Pfarrer dürfen die Veranstaltung besuchen. Jeder von ihnen bekommt ein Blumensträußchen und ein Gedicht.
Männer sind bei der Weiberkiez nicht erwünscht
Ansonsten sind Männer, ausgenommen auch der Gastwirt, ausgeschlossen. Was, wenn sich trotzdem ein Mann in die Gaststube verirrt? Marianne Wachmer, einst Kiezmutter, weiß, wie es so einem ergeht. Einmal sei einer hereingeplatzt. Den habe man von oben bis unten bemalt. "Der hat sich das überlegt, ob er noch einmal zu uns kommt." Auf die Frage, ob die Irmelshäuser Frauen das dürfen, meint sie lachend: "Aber natürlich, das ist unsere Weiberkiez und da haben wir alle Freiheiten." Männer seien nicht erwünscht.
Wie finanziert sich solch ein Treffen? Elke Mauer und Anette Geier waren einige Tage zuvor gemeinsam mit Christina Steinschauer, Manuela Koob und Sarah Schöneberg im Dorf unterwegs, um Spenden zu sammeln. Von Getränke über Kuchen und Torten ist alles dabei, was man braucht, um richtig feiern zu können.

Dazu gibt es den Spruch: "Wie's alle drei Johr Sitte is, feiern mir heuer widder onner Weiwerkiez. Alle verheierte Weiwerleute senn doezu oigellode, bringt euer Kaffeetasse mit, weils ja ach Kaffee on Kuche git. An Dienstig owes en halwe ocht, owes Wirtshaus beginnt onner Fest. Seit pünktlich süßt is alles besetzt. Also mir lode alle verheierte Weiwerleut oi un nu tut noch wos en onner wächele noi!"
Eine Zeremonie für die Frauen, die neu aufgenommen werden
Für die Neuen, die aufgenommen werden, gibt es eine eigene Zeremonie. Sie sitzen an einem eigenen Tisch und dorthin stellt Elke Mauer einen Eimer und meinte, dass die jungen Frauen den ganzen Abend den Raum nicht verlassen dürfen. Der Eimer sei für das Notwendigste vorhanden. Aber, setzte sie schmunzelnd hinzu: Es sei alles halb so schlimm, wichtig sei es, den Abend zu genießen und sich zu freuen. Die Neuen, sahen dies ebenso, auch wenn sie noch nicht wussten, was an den zwei Tagen alles auf sie zukomme. "Es ist schön, dass es so etwas noch bei uns gibt und das sollte man auch weiterhin pflegen."

Fragt man die teilnehmenden Männer, sprechen sie von einem ganz besonderen Erlebnis. Man muss dabei gewesen sein und darf nicht alles erzählen, was da so an den beiden Abenden geschieht, heißt es. Alle sind sich aber einig, dass es ein ganz besonderer Brauch ist, der auch in Zukunft erhalten bleiben soll. Letztendlich zeige sich damit, dass Irmelshausen schon von alters her viel für Kultur und Brauchtum übrig hatte. Die Weiberkiez in Irmelshausen hat so ihre eigenen Geheimnisse, aber die, die wollten die Frauen nicht verraten.









