Bei einer europaweiten Großrazzia gegen Hasskriminalität im Internet haben Polizei und Staatsanwaltschaften am Donnerstagmorgen auch in Bayern Wohnungen durchsucht. Betroffen waren 27 Männer und sechs Frauen im Alter von 17 bis 75 Jahren, zwölf der Durchsuchungen gab es allein in München. Die Ermittler stellten Handys, Laptops und andere Computer sicher.
Auch zwei Beschuldigte in Unterfranken bekamen Besuch von der Polizei. Zu einem Fall in Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) teilte die Staatsanwaltschaft Schweinfurt auf Nachfrage mit, sie ermittle "wegen Volksverhetzung" gegen einen 53-Jährigen. Der Mann werde beschuldigt, auf seinem Facebook-Account den Holocaust verharmlost zu haben. Bei der Hausdurchsuchung seien "mehrere elektronische Geräte" gefunden worden.
Zu einem weiteren Fall im Landkreis Kitzingen waren zunächst keine weiteren Details zu erfahren.
Ermittler gehen in Bayern vielen Fällen von Volksverhetzung nach
Auch bei den anderen Durchsuchungen in Bayern ging es in der Regel um Fälle von Volksverhetzung, heißt es vom Landeskriminalamt (LKA) Bayern. Auf verschiedenen Social-Media-Plattformen seien beispielsweise Zuwanderer als "Vergewaltiger", "Mörder" oder "Messerstecher" diffamiert worden.

Solche Straftaten würden konsequent einer Strafverfolgung zugeführt, betont LKA-Präsident Harald Pickert in einer Pressemitteilung. Wer volksverhetzende und antisemitische Nachrichten formuliere, dürfe sich nicht von der vermeintlichen Anonymität des Netzes geschützt fühlen: "Wir schauen nicht weg." Im Fall von Volksverhetzung drohen Ersttätern hohe Geldstrafen, im Wiederholungsfall auch Freiheitsstrafen.
Minister Herrmann: Razzia soll potenzielle Hetzer abschrecken
Bayerische Ermittler verfolgten jeden Hinweis auf strafbare Hetze, sagt auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Es gilt, die Täter umgehend zu bestrafen und auch andere potenzielle Hetzer abzuschrecken." Bereits Ende November waren bayernweit in 17 Wohnungen Beweismittel für Verfahren wegen judenfeindlicher Straftaten beschlagnahmt worden.
In einer Erklärung zum Aktionstag warnt der Minister davor, Hetze im Netz als Kavaliersdelikt abzutun. Hassbotschaften seien nicht nur für die Betroffenen "höchst belastend". Verbale Hetze könne die Vorstufe einer "weiteren gefährlichen Eskalation" sein, die bis zu Gewalttaten führen könne. Deshalb müsse dem "widerlichen Treiben" ein Riegel vorgeschoben werden.
Minister Eisenreich: "Zeigen Sie die Täter bei der Polizei an"
Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sieht die Ermittlungsbehörden gegen strafbare Hassrede "sehr gut aufgestellt". So habe Teresa Ott, die Hate-Speech-Beauftragte der bayerischen Justiz, gemeinsam mit den Sonderdezernaten bei allen 22 Staatsanwaltschaften allein im Jahr 2022 insgesamt 2435 Verfahren wegen strafbarer Hetze im Netz eingeleitet.

Eisenreich appelliert an Menschen, die von Hetze im Internet betroffen sind, sich umgehend an die Justiz zu wenden: "Es ist wichtig, dass jeder Einzelne in der Gesellschaft Hass offen widerspricht. Schweigen ist keine Lösung gegen den Hass. Zeigen Sie die Täter bei Polizei und Staatsanwaltschaft an."
Mittlerweile habe das Justizministerium fünf Meldeverfahren mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet, so Eisenreich. Im Falle des Verdachts von Volksverhetzung und Hassrede können dort Prüfbitten und Anzeigen an die bayerischen Spezialstaatsanwältinnen und -anwälte übermittelt werden. Nähere Informationen gibt es unter www.bayern-gegen-hass.de.