Die siebenjährige Finja Büttner ist nun ein richtiges Schulkind. Ihre Schule, die Grundschule Fladungen, setzt auf Inklusion – für Finjas Familie ein Glücksfall, denn die frischgebackene Schulanfängerin leidet an Spinaler Muskelatrophie, kurz SMA genannt.
Am meisten freut sich Finja auf ihre Mitschüler. Die Siebenjährige ist fröhlich und aufgeweckt, einfühlsam und besonders kontaktfreudig. Zum Schulstart bekommt sie natürlich auch eine Schultüte – in rosa, mit Schmetterlingen darauf. Mama Christiane Kirsch hat sie genäht und Tochter Finja hat ihr ganz genau gesagt, was sie haben möchte. Was darin ist, weiß sie aber noch nicht. "Eine Decke mit einem Schmetterlingsmotiv, ein Wecker, ein Buch, Sticker und ein paar Lutscher", verrät Christiane Kirsch.

Was ist Spinale Muskelatrophie?
Als Finja zweieinhalb Monate alt war, wurde bei ihr Spinale Muskelatrophie, Typ 1, diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine seltene, fortschreitende neuromuskuläre Erkrankung, die etwa eines von 10.000 Neugeborenen betrifft. Dadurch leiden die Betroffenen unter zunehmender Muskelschwäche, dem Hauptsymptom der SMA, sowie unter Muskelschwund und Lähmungserscheinungen.

Auch Finjas Muskeln funktionieren nicht. Deswegen kann sie nicht selbstständig ihren Kopf halten oder sitzen beziehungsweise laufen. Da auch ihre Muskeln zu schwach zum Atmen sind, benötigt sie Unterstützung durch ein Beatmungsgerät.
"Immer voran" lautet Finjas Motto
Geistig ist Finja aber gesund und fit. Sie malt und bastelt gerne, spielt mit ihren zwei Schwestern, zählt bis zwanzig und kann sogar ihren Namen schreiben, verrät Mutter Christiane Kirsch. "Wie ein ganz normales Kind, nur eben körperlich beeinträchtigt."

Gemeinsam mit Ehemann Michael Kirsch, Finjas Stiefvater, haben sie ihrer mittleren Tochter schon sehr früh gezeigt, was man alles erleben kann. "Sie will immer voran und aktiv sein", sagt Michael Kirsch. So hat sie mittlerweile auch Fahrradfahren und Veeh-Harfe spielen gelernt.
"Finni hat einen starken Willen. Sie ist sehr ehrgeizig und manchmal einfach unterfordert", so Christiane Kirsch. Für ihre Eltern ist deshalb wichtig: Finjas Behinderung ist kein Grund, sie auszuschließen. Inklusion ist das Stichwort, die Einbeziehung behinderter Kinder in den Alltag von Nichtbehinderten – auch in den Unterricht und nicht an einer Förderschule.
Die Fladunger Schule ist ein echter Glücksfall
Auf einer Förderschule wäre Finja nicht glücklich, davon sind Mutter und Stiefvater überzeugt. Für die aufgeweckte Siebenjährige käme viel eher eine Körperbehindertenschule infrage, die ist allerdings viel zu weit weg. "Es gibt leider keine in unserer Umgebung", so die Eltern. Und Finja sollte auch nicht mehrere Stunden am Tag im Auto verbringen müssen.

Umso glücklicher ist die Familie über die Grundschule in Fladungen. Hier gibt es einen Aufzug und ein Behinderten-WC. "Die Schule in Fladungen ist uns gegenüber sehr offen und engagiert", freut sich Christiane Kirsch, die aus dem benachbarten thüringischen Frankenheim stammt.
"Es ist wirklich wichtig, dass Finni zur Schule geht. Man merkt, dass sie schulreif ist. Sie braucht den Kontakt zu anderen Kindern. Und sie liebt es, unter Menschen zu sein", sagt Christiane Kirsch. "Ich bin sehr glücklich, auch über die Nähe der Schule. Wir bauen gerade direkt nebenan unser Haus. Wenn es ihr mal schlecht geht, bin ich gleich dort."
Finja will Freunde finden
In der Schule steht Finja eine Pflegekraft zur Seite. Zusätzlich bekommt sie eine Schulbegleitung, allerdings weiß die Familie noch nicht, in welchem Umfang. "Das wird erst beim Hospitieren in den ersten Wochen entschieden", so Christiane Kirsch, die sich in erster Linie wünscht, dass ihre Tochter Freunde zum Spielen findet.
"Schön wäre auch, wenn sie lesen und schreiben lernt, das würde ihr die Kommunikation erleichtern." Bisher war Finja darauf angewiesen, dass ihre Pflegekräfte (von denen es leider nicht sehr viele gibt) sie gut genug kannten, um aus Gesten und Lauten zu erschließen, was ihr am Herzen liegt.
"Sie hat ein gutes Selbstbewusstsein und kann sich mit Händen und Füßen verständigen", sagt Michael Kirsch. "Trotzdem wollen wir ihr die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln", und ergänzt: "Es ist kein einfacher Weg, aber ein schöner Weg."