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Knorrige Wächter am Reutberg: Das Stelenfeld ist eine einmalige Projektarbeit von Schülern der Berufsfachschule für Bildhauerei in Bischofsheim

Mellrichstadt

Knorrige Wächter am Reutberg: Das Stelenfeld ist eine einmalige Projektarbeit von Schülern der Berufsfachschule für Bildhauerei in Bischofsheim

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    Imposant erheben sich die Stelen mit mehr als fünf Meter Höhe auf dem Reutberg. Ebenso eindrucksvoll zeigen sich die künstlerischen Einzelarbeiten der jungen Bildhauer (Bild oben). Das Stelenfeld ist von Mellrichstadt aus in Richtung Hendungen erreichbar und ab der Biogasanlage ausgeschildert.
    Imposant erheben sich die Stelen mit mehr als fünf Meter Höhe auf dem Reutberg. Ebenso eindrucksvoll zeigen sich die künstlerischen Einzelarbeiten der jungen Bildhauer (Bild oben). Das Stelenfeld ist von Mellrichstadt aus in Richtung Hendungen erreichbar und ab der Biogasanlage ausgeschildert. Foto: Foto: Hagen-Wehrhahn

    Noch vor rund 500 Jahren stand auf der Anhöhe östlich von Mellrichstadt, nahe der heutigen Autobahn A 71, auf der Flurgemarkung „Großes Reut“ mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein Wartturm, einer von insgesamt vier seiner Art, die damals halfen, die Stadt Mellrichstadt militärisch zu sichern. Das dokumentiert der Heimatforscher Max Schweser in seinem Buch „Der Bürgerturm erzählt“ und beruft sich dabei auf historisches Quellenmaterial. Heute erhebt sich nahe diesem mutmaßlichen Wartturm-Standort – vielleicht auch exakt an dieser Stelle – ein weithin sichtbares Stelenfeld, bestehend aus fünf Meter hohen, künstlerisch gestalteten Eichenholzskulpturen, angefertigt von Schülern der Berufsfachschule für Bildhauerei in Bischofsheim.

    Vor zwei Jahren wurden die ersten fünf Arbeiten im Rahmen einer größeren Feier mit allen Projektbeteiligten auf dem Reutberg installiert und sind inzwischen zu einem beliebten Ausflugsziel für Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer geworden. Bereits ein Jahr später kamen drei weitere Skulpturen hinzu, deren Aufstellungsmuster dem dreieckigen Grundriss des Stelenfeldes folgt. Wie Perlen auf einer Schnur sind die Arbeiten parallel zu den Seiten aufgereiht und werden von drei Hochstamm-Bäumen in den Grundstücksecken flankiert.

    Nun ist die dritte und damit letzte Skulpturengruppe in Vorbereitung. Die bildhauerischen Arbeiten an der neunten Eichenstele sind von den Bischofsheimer Schülern im vergangenen Schuljahr bereits abgeschlossen worden. Sie trägt die Namen der vielen Sponsoren und Unterstützer des Skulpturenparks, der ausschließlich aus Spendengeldern finanziert worden ist. Inzwischen ist diese vorletzte Stele nach Mellrichstadt gebracht worden. Allerdings lagert sie dort vorerst auf dem Hof der Berufsschule in der Sondheimer Straße. Denn im Gegensatz zu den anderen Stelen soll diese im kommenden Schuljahr eine farbliche Gestaltung erhalten, ausgeführt von der Malerklasse der Berufsschule in Mellrichstadt unter der Leitung ihres Fachlehrers Wolfgang Hippeli im Rahmen ihres Blockunterrichts.

    Den maßstabgetreuen Entwurf der zehnten und letzten Stele fertigt gerade ein Schüler der elften Klasse in Bischofsheim an. Auch sie wird im Laufe des nächsten Schuljahres vollendet, so dass der Skulpturenpark etwa Mitte 2014 durch die letzten beiden Arbeiten komplettiert werden kann.

    Ideengeber und Initiator dieses außergewöhnlichen wie auch landesweit einzigartigen Projekts ist Dietmar Balling, Fachlehrer an der Bischofsheimer Fachschule für Bildhauerei, die weit über die regionalen Grenzen hinaus einen großen Bekanntheitsgrad genießt. „Gedacht war das Stelenfeld als Beispielprojekt, anhand dessen die jungen Künstler nicht nur die wichtigsten Arbeitsschritte des Bildhauerberufes erlernen, sondern auch vermittelt bekommen sollen, welche Wege zur Realisierung eines solchen Projekts notwendig sind“, erklärt Balling. Zum Schluss hatten hier insgesamt 80 Händepaare ineinandergegriffen. So war von Beginn an geplant, das Stelenkollektiv in Zusammenarbeit und mit Unterstützung verschiedenster Gremien und Behörden zu verwirklichen. Dazu gehörte beispielsweise die Kontaktaufnahme mit der Bundesautobahnbehörde, Anträge mussten formuliert, amtliche Genehmigungen eingeholt und auch Überlegungen angestellt werden, wie Sponsoren gewonnen werden können.

    „Ein Projekt dieser Größenordnung stellt an die Schüler hohe Anforderungen. Der Lerneffekt ist aber enorm“, betont der Initiator. Sie lernen, sich zu vernetzen und über die schulinternen Grenzen hinaus zu denken, was für den späteren Bildhauerberuf enorm wichtig ist. Überhaupt hat die Bildhauerschule in Bischofsheim mit Blick auf die Erfordernisse eines zeitgemäßen Lehrplans ein Konzept entwickelt, das sich an ihren Leitsatz anlehnt, „die künstlerische Grundlehre eng mit der notwendigen Achtsamkeit gegenüber der Technologie des Holzes zu verzahnen“, so Dietmar Balling. Außerdem habe eine solche Aufgabe bei den Schülern einen hohen Motivationseffekt. Sie mussten Entwürfe ihrer Arbeiten erstellen. Dann folgte das Anfertigen maßstabgetreuer Modelle und technischer Zeichnungen für eine erste Präsentation vor den künftigen Beteiligten an dem Projekt, zu denen auch die Stadt Mellrichstadt zählt. Sie hat sogar die Patenschaft für das Skulpturenfeld übernommen.

    Aber auch für die jungen Künstler ist dieses Projekt ein großer Glücksfall. „Im Unterricht wird normalerweise ein Konzept entwickelt, das bildhauerisch, zeichnerisch und planerisch verfolgt und gelöst werden soll. Oft bleibt es dann nur bei der Modellanfertigung. Die Gelegenheit, eine Arbeit in einem Skulpturenpark präsentieren zu können, motiviert daher ungemein“, sagt Gina Karadi, die 2012 im Rahmen ihrer Ausbildung zur Bildhauerin eine Arbeit für das Stelenfeld geschaffen hat.

    Während die fünf jungen Künstler der ersten Stelengruppe – Sayaka Kawashima, Christopher Schwarzkopf, Anne Walther, Artjon Riffel und Franziska Wegerer – bildhafte Motive für ihre Skulpturen gewählt haben, wie etwa ein überdimensionales Essbesteck, eine erhobene Faust oder einen Menschen, der die Last der darüber weitergeführten Eichenholzstele trägt, sind die drei Arbeiten der zweiten Stelengruppe gestalterisch formal gehalten. Hier folgten die Schüler Ferdinand Aurich, Gina Karadi und Ferdinand Kuhn der Aufgabe, ein Konzept zu entwickeln, das unverwechselbare und eindeutige Arbeitsanweisungen zur Bearbeitung einer Eichenstele vorgibt; eine Vorgehensweise, die der sogenannten Konzeptkunst entspricht.

    Wer das Stelenfeld auf dem Mellrichstädter Reutberg besucht, wird gut nachvollziehen können, weshalb dort oder in der Nähe ehemals ein Wartturm gestanden hat – eine Art Signalstation, die der Warn- beziehungsweise Nachrichtenvermittlung per Feuer- und Rauchzeichen diente. Denn von diesem Standort aus ist die Region in alle Richtungen weithin einsehbar. Und seit es das Stelenfeld mit seinen imposant emporragenden Skulpturen gibt, ist umgekehrt auch der Reutberg schon von Weitem auszumachen.

    Inzwischen wurden dank weiterer Spenden Ruhebänke aufgestellt, die zum Verweilen einladen und einen herrlichen Blick auf das Stelenfeld, die Stadt Mellrichstadt und das Umland bis in die Rhön hinein einladen. Außerdem wurde im letzten Jahr eine Panorama-Info-Tafel errichtet, auf der Berge, Hügel und herausstechende Landschaftspunkte markiert sind. Zu Letzterem zählt nun auch das „Stelenfeld Mellrichstadt“ – landschaftlich als auch künstlerisch ein herausstechender Ort in der Region.

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