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Mellrichstadt: Mellrichstadt: Rudolf Mauder und der weiße Geisterhund

Mellrichstadt

Mellrichstadt: Rudolf Mauder und der weiße Geisterhund

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    Rudolf Mauder überraschte bei der Lesung am Galgenturm seine Gäste: Roman Storath war in ein Kostüm geschlüpft und verteilte als weißer Geisterhund von Mellrichstadt Brotstückchen an die Besucher.
    Rudolf Mauder überraschte bei der Lesung am Galgenturm seine Gäste: Roman Storath war in ein Kostüm geschlüpft und verteilte als weißer Geisterhund von Mellrichstadt Brotstückchen an die Besucher. Foto: Brigitte Gbureck

    Wie nicht anders zu erwarten, zog es am Mittwochabend wieder zahlreiche Mellerschter und Gäste, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto, hinauf zum Galgenturm. Rudolf Mauder war der Magnet, der wieder mit seinen Geschichten rund um das alte Mellrichstadt die Besucher anlockte.

    Für Sitzgelegenheiten und die Bewirtung war in bewährter Weise der Obst- und Gartenbauverein Eußenhausen verantwortlich. "Ohne die Vereinsleute müssten wir am Boden sitzen und die mitgebrachten Käsbrote kauen", sagte Mauder verschmitzt. Sein Dank ging an Peter Kirchner und seine Truppe, die wieder allerlei Leckereien für die Gäste vorbereitet hatten.

    Von Jahr zu Jahr kommen mehr Besucher

    Es war ein kleines Jubiläum, das Rudolf Mauder mit der Lesung am Galgenturm feierte: Zum zehnten Mal pilgerten die Zuhörer auf die Anhöhe zwischen Mellrichstadt und Eußenhausen, und jedes Jahr werden es mehr Besucher, freute er sich.

    Liebevoll geschmückter Stammplatz im heimeligen Ambiente: Rudolf Mauder begrüßte sein Publikum am Galgenturm.
    Liebevoll geschmückter Stammplatz im heimeligen Ambiente: Rudolf Mauder begrüßte sein Publikum am Galgenturm. Foto: Brigitte Gbureck

    Dieses Mal las der Leiter des Heimatmuseums Salzhaus die Geschichte "Der weiße Geisterhund" von Max Schweser vor. Aus Schwesers Standardwerk „Der Bürgerturm erzählt“ gab er zunächst Einblick in die Sage "Der schwarze Hund vom Brügel". Max Schweser hat diese Geschichte wunderbar in ein Gedicht gekleidet. „Wenn die Geisterstunde schlägt, ist es nicht geheuer, dort im Brügel in der Ecke an der alten Scheuer. Mitten auf dem Wege liegt ein Hund im schwarzen Felle, fletscht die Zähle, sträubt das Haar und weicht nicht von der Stelle“. Den ersten Applaus erntete Rudolf Mauder, als er es in fränkischer Mundart frei vortrug.

    Nachts in der Höllgasse

    Ist der schwarze Hund eine Sage, so ist die Geschichte vom weißen Geisterhund Gerichtsprotokollen aus dem Mittelalter entnommen. In Mellrichstadt, im Jahr 1576, entdeckte der Nachtwächter, noch benebelt von zu viel Wein, nachts in der Höllgasse (heute Hellgasse) einen großen weißen Hund, der der Hauptstraße zustürmte. Am anderen Morgen war die Aufregung groß in Mellrichstadt. Der Bürger Mathes Busch und verschiedene andere Bürger erschienen vor dem Schultheiß und dem Vorsitzenden des Inneren Rats und beklagten sich, dass sie in der Nacht ungebetenen Besuch in ihren Kellern und Vorratskammern hatten.

    Brot fürs Volk: Roman Storath ließ, verkleidet als weißer Geisterhund, die Gäste in seinen gefüllten Korb greifen.
    Brot fürs Volk: Roman Storath ließ, verkleidet als weißer Geisterhund, die Gäste in seinen gefüllten Korb greifen. Foto: Brigitte Gbureck

    So aufmerksam die Nachtwächter in der Folge auch waren, die Diebstähle wollten kein Ende nehmen. Wohl hatten einige in der Nacht einen großen weißen Hund durch die Gassen streifen sehen, das Wesen wurde aber für eine Täuschung gehalten. Bis eines Morgens der Nachbar Kaspar Manger berichtete, dass er bei der Nachtwache einen absonderlichen weißen Hund erblickt hatte, der schwerfällig um den Brunnen tollte und dann knurrend die Linsenbronngasse hinunterlief. Er blieb ihm auf der Spur bis zum Plänlein. Dort verschwand er im angrenzenden Hof.

    Zentbüttel wurden im Schweinestall fündig

    Der Zentgraf, begierig darauf, das Rätsel um die Diebereien zu lösen, schickte seinen Zentbüttel mit zwei Scharwächtern in den Hof des Bäckers und Landwirts Michael Bauner, um nach dem gespenstischen Tier zu forschen. Der bestritt, einen Hund zu haben. Aber der Zentbüttel entdeckte im Schweinestall ein sackartiges Gewand, aus grobem Leinen angefertigt, mit vier weiten Ärmeln und einer Kapuze. Ein Kostüm. Das Rätsel um den sonderbaren weißen Hund war gelöst.

    Ja, ist denn der weiße Geisterhund aus der Erzählung gesprungen?
    Ja, ist denn der weiße Geisterhund aus der Erzählung gesprungen? Foto: Brigitte Gbureck

    Michael Bauner wurde in den Bürgerturm geworfen und gestand seine Diebstähle ein. Er hatte großes Glück und fand gnädige Richter. Am 22. Juli 1576 erging das Urteil auf Bezahlung einer Atz (gerichtlich fest gelegtes Maß von Nahrungsmitteln), mit einer Urfehde wurde er aus der Haft entlassen und ernsthaft ermahnt, sich zu bessern.

    Geschichte aus den Gerichtsakten

    Die Rügen und weitere Vorkommnisse der Stadt Mellrichstadt sind aus den mit dem 15. Jahrhundert beginnenden Protokollbüchern und Gerichtsakten entnommen. Während Michael Bauner sehr gnädige Richter hatte, wohl auch, weil er ein Bürger und damit bessergestellt war, ging der Fall eines Diebes aus Wülfershausen ein Jahr zuvor ganz anders aus. Er wurde in Mellrichstadt festgenommen, weil er Lebensmittel gestohlen hatte. In einem aufwendigen Schauprozess wurde er zum Tode verurteilt und am 26. Mai 1575 gehängt und unter dem Galgen verscharrt. 

    Imposante Kulisse für die Erzählung: der Galgenturm.
    Imposante Kulisse für die Erzählung: der Galgenturm. Foto: Brigitte Gbureck

    Ein Großteil der Zentfälle beschäftigte sich damals mit Diebstahl. Bezeichnend war, dass Stehlen die erste der vier hohen Rügen (schwerste Verbrechen) war. Erst danach kamen weitere hohe Rügen für Mord, Nachtbrand und Notzucht. Es waren schlimme Zeiten damals mit großem Elend, Hungersnöten, Kriegen, plündernden Soldaten und der Pest, erklärte Rudolf Mauder. Er machte deutlich, wie hart die Zeiten im Mittelalter waren: Ein Stück Brot war eine Kostbarkeit, und wer gar nichts mehr hatte, wusste sich nicht anders als mit Diebstahl von Essen zu helfen, um seine Familie durchzubringen – wohl wissend, dass es einen den Kopf kosten könnte.

    Roman Storath schlüpfte ins Hundekostüm

    Und plötzlich tauchte vor dem Galgenturm der weiße Hund auf, hinter dem sich kein anderer als Roman Storath verbarg. Er verteilte zwei Körbe mit frischen Brotstückchen unter den Besuchern, um zu verdeutlichen, wie kostbar die Nahrung früher war. Wie gut das schmeckte!

    Rudolf Mauder bedankte sich abschließend bei seinem Publikum für die Aufmerksamkeit. Dass das Mikrofon zeitweise Sperenzchen machte, tat der guten Stimmung keinen Abbruch, im Gegenteil, es sorgte für zusätzliche Heiterkeit.

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