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Mellrichstädter Altenheime: Auf dem Weg der Genesung

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Mellrichstädter Altenheime: Auf dem Weg der Genesung

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    Es ist noch ein langer Weg: In die krisengeschüttelten Mellrichstädter Altenheime soll wieder Ruhe einkehren. Zum Wohle der Heimbewohner, aber auch der Mitarbeiter.
    Es ist noch ein langer Weg: In die krisengeschüttelten Mellrichstädter Altenheime soll wieder Ruhe einkehren. Zum Wohle der Heimbewohner, aber auch der Mitarbeiter. Foto: Foto: Sven Hoppe, dpa

    Gegensätze, wie sie größer kaum sein können – nimmt man Schlagzeilen der vergangenen Wochen zum Maßstab. Für zwei Objekte am Hainberg, die gerade einmal 100 Meter auseinanderliegen. Da ist einmal das neue Wohnheim der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld für behinderte Senioren, das als Modellprojekt Vorbildcharakter hat. Zum anderen ist da das Franziska-Streitel-Altenheim, für das die Juliusspitalstiftung als Träger – wie auch für das St. Niklasheim – einen Weg aus der Krise sucht. Einer Krise, die nicht allein der finanziellen Schieflage geschuldet ist. Um sie in den Griff zu bekommen und zu bewältigen, hat der Stiftungsrat schließlich den Caritasverband ins Boot geholt und mit der Geschäftsführung beider Häuser betraut.

    Die Schritte der neuen Geschäftsführung, der Krise Herr zu werden, lieferten Schlagzeilen wie „Personalabbau in der Pflege: Mit harter Hand saniert die Caritas in Mellrichstadt zwei defizitäre Altenheime“. Sie geriet damit prompt heftig in die Kritik. Es waren Schlagzeilen, die der Caritas-Geschäftsführung mit Angelika Ochs an der Spitze freilich nicht gefielen. Sie sieht die Sanierungsbemühungen unter dem Stichwort „Mehr Wertschätzung und Herz“ richtig wiedergegeben. Und am Ende soll ein tragfähiges Zukunftskonzept auf dem Tisch liegen. Daran arbeitet das Team von und mit der Caritas-Kreisgeschäftsführerin intensiv.

    Der Gründe für die missliche Lage sind es viele, die es auch im zeitlichen Abstand von mehreren Wochen nicht ganz leicht machen, die Situation in den Altenheimen nachzuzeichnen und in Form von Minuspunkten den Verbesserungsvorschlägen gegenüberzustellen. Was natürlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erfüllen kann – aber doch verschiedene Blickwinkel berücksichtigt: Zu Wort kommen der Stiftungsvorsitzende, Bürgermeister Eberhard Streit, Ebba-Karina Sander, die als kommissarische Geschäftsführerin nur wenige Monate zuvor mit großem Engagement das schlingernde Boot „Altenheime“ in ruhiges Fahrwasser gebracht hatte, sowie Angehörige von Heiminsassen, die sich dort bisher ehrenamtlich eingebracht haben und dies auch weiterhin tun wollen.

    Vorweg das Bemerkenswerte an den Aussagen, die unabhängig voneinander den Wert der beiden Häuser unterstreichen und als Vertrauensbeweis für die Belegung alter, kranker und pflegebedürftiger Menschen gelten dürfen: In der Pflege habe es zu keiner Zeit Einbußen für die Heiminsassen gegeben, heißt es von allen Seiten. Stiftungsvorsitzender Eberhard Streit lobt: „Die Mitarbeiter haben, allen Belastungen zum Trotz, es stets geschafft, dass sich die Heimbewohner gut versorgt gefühlt haben.“ Das unterstreicht auch Ebba-Karina Sander: „Die Bewohner sind auch in den Krisenzeiten exzellent versorgt worden.“ Und wird bestätigt von Angehörigen, die die Betreuten „immer in guten Händen wussten“.

    Rückblende: Bis 2009 war die Juliusspitalstiftung ein erfolgreiches Unternehmen. Ausgangspunkt für die Schieflage sei dann eine Geschäftsidee der damaligen Geschäftsführung gewesen, mit der Lichtblick GmbH in die Intensivpflege einzusteigen. Eberhard Streit dazu: „Dieses Modell abseits des Kerngeschäfts war nicht so erfolgreich, wie es die Konzepte haben erwarten lassen.“ Was die Zukunft der Heime sichern sollte, hat letztlich das Gegenteil bewirkt, aufgrund hoher Investitionen in kurzer Zeit die Rücklage aufgebraucht und die finanzielle Schräglage verursacht. Folge der Turbulenzen sei gewesen, dass man nicht so auf das Personal geachtet habe, wie dies aus wirtschaftlicher, vor allem aber gerade im Pflegebereich aus menschlicher Sicht erforderlich gewesen wäre. Hohe Personalfluktuation und Krankenstände infolge Überlastung haben dazu geführt, den Schuldenberg wachsen zu lassen. Denn: Was man sich nicht leisten kann, sei falsch eingesetztes Personal oder ein zu hoher Personalstand. „Da wurden in unseren Häusern in der Vergangenheit Fehler gemacht.“

    Keine Frage, die Stiftungskommunen bekennen sich zu den beiden Häusern, denn sie leisten – je nach Finanzkraft – einen finanziellen Beitrag, um die Liquidität zu sichern. Konkret: Das könne eine Summe bis zu einer halben Million Euro sein, so der Stiftungsvorsitzende. In der Pflege, so Streit, sei ein Schlüssel zum Erfolg natürlich das Personal. Aber im System komme es darauf an, „das Personal intelligent einzusetzen“. Soll heißen, den Einsatz so zu organisieren, dass man den gesetzlichen Anforderungen wie auch Qualitätsstandards genügt, machte Streit deutlich.

    Um dies zu sichern und die Fehler zu korrigieren, habe der Stiftungsrat Ende vergangenen Jahres die Experten der Caritas ins Haus geholt. Mit dem Ziel, die Häuser zu erhalten, den Heiminsassen die beste Pflege zu bieten und die Arbeitsplätze zu sichern. „Das ist wichtig für die Menschen der Region, auch für die Stadt“, betonte Eberhard Streit. Statt Krisengerede soll einer verbesserten Kommunikation auf allen Ebenen das Wort geredet und der Wertschätzung der Mitarbeiter besonderer Stellenwert beigemessen werden.

    „Wieso ist es nach nur vier Monaten so chaotisch geworden?“, fragt sich Ebba-Karina Sander – und schüttelt ob der „unglaublichen Vorkommnisse“ den Kopf. Als Stiftungsverwalterin der Altenheime der Juliusspitalstiftung Mellrichstadt von Anfang Juli 2011 bis Ende August 2012 war sie für eine gelungene Sanierung der Häuser gelobt worden. Nun sieht sie nicht nur ihr Werk gefährdet, Ebba-Karina Sander fürchtet auch um ihren Ruf. „Es geht auch um mich, denn ich werde schon kritisch auf die Situation angesprochen.“ Das kann und will sie so nicht hinnehmen.

    Die Leistungsbilanz mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die Sander bei ihrer Verabschiedung vorgelegt hat, beeindruckte in der Tat. Hatte sie doch im Zuge der Sanierung – dem Wortsinn nach als „Gesundung“ – das Defizit von 700 000 Euro innerhalb eines Jahres um mehr als eine halbe Million Euro schrumpfen lassen. Dabei aber nahezu eine Vollbelegung der Häuser, bei stabiler Personalsituation, erreicht. So verwunderte es Ebba-Karina Sander sehr, dass in der kurzen Zeit nach ihrem Ausscheiden die Situation derart eskaliert ist. Und machte dafür „eine unglückliche Allianz“, wie sie sagte, in der Nachfolge der Geschäftsführung und der Pflegedienstleitung aus.

    Während ihrer Zeit als Stiftungsverwalterin habe sie Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeiter über die entsprechende Sozial- wie auch Fachkompetenz verfügten. Sie seien der „eigentliche Wert“ der Einrichtung, deshalb sollten die Entscheidungsträger es nicht an Transparenz und Offenheit fehlen lassen. So der gut gemeinte Rat von Ebba-Karina Sander, die grundsätzlich froh ist, dass die Häuser „wieder in guten Händen sind“.

    Kommt man mit Angehörigen von Heiminsassen ins Gespräch, so lässt sich das gestörte Arbeits- und Betriebsklima der vergangenen Monate an einigen Beispielen nachvollziehen. So auch an der Frage, warum der ständige und kurze Wechsel des Personals von einem Bau oder Haus in das andere erfolgt ist? Mit der Folge, dass Bewohner keine richtige Bezugsperson mehr hatten, der sie sich anvertrauen konnten. Nicht minder wurde der Punkt beklagt, dass in zwei Jahren fünf Pflegedienstleitungen (PDL) eingestellt wurden. „Warum solch ein Wechsel?“ Auch an internen Regelungen wie Besprechungen oder Akten schreiben während der Essenszeiten hatten sich Angehörige gestört, die sich insbesondere für den Verbleib der Gruppe im Speisesaal starkgemacht haben. Mit guten Argumenten, können doch die Bewohner vom Speisesaal aus mehr am Alltagsgeschehen teilnehmen und werden auch nicht voneinander getrennt.

    Überhaupt engagiert sich eine ganze Reihe von Angehörigen ehrenamtlich in der Betreuung von Heimbewohnern, und zwar im Alltag, nicht nur bei Festen oder Feierlichkeiten. So ist die Caritas-Heimleitung gut beraten, auf die Erfahrungen dieser Angehörigen zurückzugreifen und sie in das Heimleben einzubeziehen – das trägt zur Klimaverbesserung in den Häusern bei und schafft Vertrauen. Eine gute Basis also für die Zukunft.

    Die Frage der Verantwortung

    „Wie konnte das passieren? Wie konnte es nur so weit kommen?“ Zwei Fragen, die in der Öffentlichkeit gar nicht ausbleiben, wenn über die Krise der beiden Mellrichstädter Altenheime diskutiert wird.

    Als Sanierungsfall bieten sie eben den Stoff, in dem sich die Frage der Mitschuld aufdrängt. Ihr wird sich der Pflegeausschuss stellen müssen, ob zu Recht oder Unrecht wird sicherlich sehr konträr betrachtet und beurteilt.

    An Aspekten jedenfalls mangelt es nicht, über die sich trefflich streiten lässt. Hätte der Pflegeausschuss erkennen müssen, dass das Modell Lichtblick mit dem Angebot der Intensivpflege scheitert? Hätte man nicht besser daran getan, die Geschäftsleitung im Herbst 2012 nicht intern, sondern mit einer Fachkraft „von außen“ zu besetzen? Möglicherweise werden sich Antworten darauf im Zukunftskonzept für die Altenheime finden lassen. Text: sto

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