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Haselbach: Mitten aus dem Leben: Konzertlesung mit Arne Kopfermann

Haselbach

Mitten aus dem Leben: Konzertlesung mit Arne Kopfermann

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    Unter die Haut ging die Konzertlesung mit Arne Kopfermann.
    Unter die Haut ging die Konzertlesung mit Arne Kopfermann. Foto: Marion Eckert

    Am Ende des dreistündigen Konzertes sagte eine Teilnehmerin leise. "Wer heute Abend keine Tränen in den Augen hatte....Das ging unter die Haut...Mir fehlen die Worte." Unter die Haut ging die Konzertlesung von Arne Kopfermann in der Tat. Im September 2014 freute er sich mit seiner Familie auf einen sonnigen Ferientag, doch ein Verkehrsunfall zerriss die Familie von einer Sekunde auf die andere. Die zehnjährige Tochter Sara wurde mitten aus dem Leben und der Familie gerissen. "Es ist wie eine Amputation", versuchte Arne Kopfermann Worte zu finden für eine Situation für die es keine Worte gibt. "Die Wortlosigkeit gilt es auszuhalten."

    "Mitten aus dem Leben" lautete der Titel der Konzertlesung in der Tagungsstätte Hohe Rhön und so lautet auch der Titel des Buches und der CD, worin er einen kleinen Einblick in die erste Teiletappe seiner Trauer gibt. "Ich habe mich bewusst entschieden, diesen Prozess in einer Phase öffentlich zu machen, in der ich das Leben nicht schon wieder komplett unter den Füßen habe. Es gehört zu meinem Weg, der Trauer mit offenen Augen entgegenzutreten. Den Schmerz anzuschauen und mich nicht abzuwenden." Arne Kopfermann möchte mit seinen öffentlichen Auftritten und Konzertlesungen aber auch denen eine Stimme leihen, "die selbst durch die erdrutschartige Erfahrung eines überwältigenden persönlichen Verlustes gehen müssen. Die manchmal verzweifelt resignierend und dann wieder hoffnungsvoll kämpferisch den Weg zurück ins Leben suchen und die Zerreißprobe zwischen Zweifel und Glaube aus eigener Erfahrung kennen."

    So nahm er die Zuhörer mit auf diese Reise. "Der 13. September 2014 ist der Tag an dem wir unser Mädchen in Gottes Hände legen mussten." Schweigen. Arne Kopfermann erzählt vom Tag des Unfalls, als die Sonne tief stand und er das Taxi übersah, dass in den Wagen der Familie raste und vom Aufschrei seiner Frau Anja. "Sara ist tot." Er erzählt von seinem Schockzustand, den inbrünstigen Gebeten: "Herr, rette mein Kind, rette mein Mädchen". Vom Hoffen, Bitten und Bangen erzählt er, vom abgrundtiefen Schmerz und dem unbedingten Festhalten an Gott.

    Am Flügel saß Anni Gräb, den Bass bediente Matthias Gräb und am Schlagzeug saß Eckhard Jung. Sie begleiteten seine Song. "Es ist gut wenn man in solch einer Zeit Freunde an der Seite hat", schaute Kopfermann zu seine Musikerkollegen und berichtete von guten und weniger guten Ratschlägen nach einem solchen Schicksalsschlag. "Was du trauerst immer noch?", "Wenigstens ging es schnell", "Du musst mal wieder unter Leute", sind vielleicht gut gemeinte aber doch wenig hilfreiche Sätze des Umfelds. Dagegen der Nachbar, der ohne ein Wort zu sagen im ersten Winter Tag für Tag den Schnee vor dem Haus der Familie wegräumte, die Freundin, die kochte und den Topf vor die Tür stellte ohne Erwartung, dass sie ins Haus gelassen und wortreich zu hören bekommt wie es der übrig gebliebenen Familie geht.

    Er erzählte von seiner Bitte an Gott, nachdem seine Tochter der Erde übergeben war: "Herr hilf mir, jetzt nicht hart und bitter zu werden, sondern weich und sensibel." Heute vier Jahre nach dem Unglück sagte er: "Der Preis dafür sind viele Tränen - auch heute noch."

    Durch seine Lebensgeschichte, seine Songs und Texte möchte Arne Kopfermann allen die Trauern Mut machen, ehrlich zu sein und keine vorschnellen Antworten zu geben. Jeder Mensch verarbeite Trauer anders, das sich selbst zu zugestehen, sei von großer Wichtigkeit. Er weitete in der Konzertlesung seine persönliche Erfahrung auf: "Persönliche Verluste gehören zum Leben eines jeden Menschen dazu. Egal ob es sich dabei um eigene Träume, das Wegbrechen des Arbeitsplatzes, das Scheitern einer langjährigen Beziehung oder den Tod eines geliebten Menschen handelt. Dafür brauchen wir tragfähige Strategien."

    Von seinen Strategien erzählte er. Wie er schmerzhaft lernen musste, zu trauern und sein Leben neu auszurichten und zu meistern - ohne dabei seine ewige Hoffnung zu verlieren. Dazu hörte auch sich selbst vergeben zu lernen, geduldig zu sein mit sich und mit anderen. "Wiedergutmachung ist nicht möglich. Rache und Hass würden uns nur selbst schaden", gab er einen kleinen Einblick wie der Fortbestand der Ehe möglich wurde. Vergeben und Vergessen? "Wie können niemals vergessen, aber immer wieder Vergebung praktizieren und gemeinsam gebrochen durch das Leben gehen."

    Ebenso wie die Ehe stand auch die Gottesbeziehung auf dem Prüfstand. "Ich habe von ersten Moment an gewusst, dass es Sara gut geht, da wo sie jetzt ist." Doch die Zweifel und Fragen, das Anklagen blieb dennoch nicht aus. "Leid und Glaube widersprechen sich nicht. Da ist kein Licht ohne Schatten, kein Vertrauen ohne Zweifel." Den Abschluss fand das Konzert mit dem Song "Dann sehe ich Dich" und der großen Hoffnung auf ein Wiedersehen in der Ewigkeit. "Der Tag kommt bestimmt. Wenn wir zusammen sind, dann seh ich dich mein Kind."

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