Endlich regieren Frohsinn und Narretei, denn ab sofort heißt es wieder "Fasching in Mellerscht!" Die Mellrichstädter Karnevalsgesellschaft (MKG) hatte traditionell kurz nach dem Jahreswechsel zum Rathaussturm geblasen. Mit Verstärkung befreundeter Karnevalsvereine ging es am Samstag voll Getöse daran, Bürgermeister Michael Kraus den Rathausschlüssel und somit die Macht zu entreißen. Stadtchef und Stadtrat setzten sich zunächst tapfer zur Wehr, am Ende blieb ihnen jedoch nur die Kapitulation. Bis es so weit war, wurde dem Narrenvolk ein farbenfrohes Spektakel inklusive höchst vergnüglichem Schlagabtausch geboten.

Musikalisch unterstützt von der MKG-Hauskapelle, den "Los Krawallos", zog der närrische Tross durch die Stadt Richtung Marktplatz. Forschen Schrittes steuerten Elferrat, Prinzenpaar, Kinderprinzenpaar und Garden nebst Gastgesellschaften aus Ostheim, der Bad Neustädter Gartenstadt, Sondheim/Grabfeld und Salz ihr Ziel an. Unterm Fenster des "Rathauspalastes" wurde die Kanone positioniert. Gespannt blickten alle Augen nach oben, wo sich die Stadtvertreter verschanzt hatten.
MKG-Chef Volker Gue gibt sich siegessicher
Vorbei sei nun die dunkle Zeit und die MKG stehe zum Regieren bereit, versicherte Präsident Volker Gue siegessicher. Auch 2025 habe die Stadtführung keinen Nerv für dieses alljährliche Theater, schmetterte Michael Kraus aus sicherer Entfernung zurück. Gestiegene Wassergebühren sowie etliche Baustellen, die allesamt Geld und Nerven kosten, wurden angeprangert – obwohl am Ende der ersten Gefechtsrunde Wortführer Gue beinahe versöhnlich schien. "Es wird viel gebuddelt und wieder zu geteert, im Großen und Ganzen ist das ja nicht so verkehrt", lenkte er ein. Doch der Schein trog. Leider sei bei alldem die städtische Spardose vermutlich bald leer, rieb er dem Stadtrat unter die Nase.

Da das Streustädtchen ohne seine Vereine verloren wäre, lockte der Narrenchef zuckersüß, beim kommenden Streutal-Festival wieder hilfreich zur Seite zu stehen – im Gegenzug sollte seine Gefolgschaft nun endlich hereingelassen werden. "Wir haben Mellerscht auf Vordermann gebracht, das gelingt halt nicht über Nacht", konterte Kraus und fuhr entschieden fort: "Das Tor bleibt zu, damit ihr's wisst, das hält euch stand, weil es aus Eiche ist." Einmal in Fahrt gekommen, nannte er den Elferrat "einen Haufen ohne Disziplin", die "Los Krawallos" wurden als "Musik-Granaten, die wild durcheinander Töne raten" bezeichnet.
Kinderprinzenpaar schnappt den Rathausschlüssel
Derartige Beschimpfungen durften natürlich nicht ungestraft bleiben. Bogenschützen standen bereit, die Kanone wurde geladen. Nach Volker Gues Schlachtruf "Feuer frei" prasselte eine Salve gelber Tennisbälle auf die Eingekesselten nieder. Zu wenig, um Bürgermeister Kraus und sein Gremium zu beeindrucken.
Nach der nächsten Diskussionsrunde donnerten weitere Geschosse Richtung Fenster, einige davon trafen ins Schwarze. Langsam wurde es dem Stadtoberhaupt mulmig. Er erkannte, dass aller Widerstand zwecklos sei und die MKG-Truppe hartnäckig stehen blieb. Weil man mit Narren einfach nicht diskutieren könne, fiel nach kurzer Beratung der Entschluss, taktisch klug vorzugehen und das Rathaus aufzugeben. Geschliffen gereimt leitete der Bürgermeister die Kapitulation ein, der Schlüssel wurde abgeseilt und an das MKG-Kinderprinzenpaar Mila und Jenrik übergeben.

Glücklicherweise dauere die närrische Regentschaft ja nur bis Faschingsdienstag, so Kraus. Dann machte er gute Miene zum abgekarteten Spiel und ließ sich bereitwillig abführen. Der Stadtrat folgte ihm widerstandslos. Die Stadtkasse voller Schokoladentaler war – sehr zur Freude aller kleinen Besucherinnen und Besucher – schnell leer, der Appell "verprasst nicht alles" verhallte ungehört. Zum Trost gab es ein Küsschen von Prinzessin Theresa II. Sie und ihr Prinzgemahl Daniel II. versprachen allen Anwesenden "großen Spaß in der laufenden Session".
Mit einem dreifach donnernden "Mellerscht Helau" wurde die friedliche Machtübernahme besiegelt.