Wolle, Wolle, und noch mehr Wolle: Bis zur Decke stapeln sich im Wollstübchen in der Bad Neustädter Innenstadt die Knäuel. Auch bestickte Spruchbänder finden sich dort, Mützen, Handarbeits-Zeitschriften oder gestrickte Kleidungsstücke. Am Verkaufstresen beraten Inhaberin Renate Mack und ihre Schwester Martina Volkmuth eine Stammkundin, wie sie die Ärmel ihres Strickkleides am besten hinbekommt. Die Wolle für ihre Strickprojekte muss sie bald anderswo kaufen. Denn das Geschäft von Renate Mack wird es nicht mehr lange geben.

"Es ist sehr schwer für mich, den Laden zu schließen. Er ist neben der Familie mein Lebensinhalt und ich hätte nicht gedacht, dass mir dieser Schritt so wehtun würde", sagt Mack im Gespräch mit dieser Redaktion. Auch ihre Schwester, die sie fast von Anfang an im Geschäft unterstützt, bedauert die Schließung. "Der Laden ist mein Leben. Aber ich verstehe die Entscheidung", sagt sie.
Renate Mack aus Mellrichstadt ist gelernte Industriekauffrau
Der Plan, das Geschäft zu schließen, sei schon die letzten zwei Jahre über in ihrem Kopf gewesen, aber sie habe ihn immer wieder hinausgeschoben, so Mack. "Jetzt bin ich 75 Jahre alt und es ist wirklich Zeit, aufzuhören und das Haus zu verkaufen. Ich will nicht in meinem Laden tot umfallen". Ein genauer Termin für die Schließung steht noch nicht fest, sie werde aber zeitnah erfolgen.

Das Handarbeiten wurde Renate Mack in die Wiege gelegt: "Meine Uroma war die erste Handarbeitslehrerin in Sondheim/Grabfeld. Sie ist mit ihrem Körble mit Strickzeug losgezogen und hat Handarbeitsstunden gehalten". In Macks Familie würden fast alle handarbeiten. "Auch mir hat Stricken, Sticken und Nähen immer Spaß gemacht", so Mack.

Dennoch lässt sie sich zunächst zur Industriekauffrau ausbilden und arbeitet in einem Steuerbüro, wo sie auch Wollgeschäfte betreut. Ein solcher Laden in Ostheim gefällt ihr besonders. "Plötzlich hatte ich Lust, auch so etwas zu machen. So eröffnete ich 1982 in Mellrichstadt und später in Ostheim einen Wollladen", erinnert sich Renate Mack.
Renate Mack aus Mellrichstadt denkt gern an die Stricktage im Wollstübchen zurück
Weil viele ihre Kunden aus Bad Neustadt kommen, macht sie auch dort ein Geschäft auf – in dem Gebäude, in dem sich heute der Drogeriemarkt Müller befindet. Es folgt ein Umzug in ein anderes Haus um die Ecke. Kurz nach der Grenzöffnung kaufen Renate Mack und ihr Mann ein Gebäude in der Hohnstraße und bauen es um. Dort hat das Wollstübchen bis heute sein Domizil, die Geschäfte in Ostheim und Mellrichstadt sind seit einiger Zeit geschlossen.

Renate Mack ist nicht nur Inhaberin des Wollstübchens, sondern auch Autorin. Sie entwirft mehrere Bücher mit Stickanleitungen und verschickt sie in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland. "Ich weiß noch genau, wie ich mit meiner Familie hier saß und stapelweise Hefte verpackte", erinnert sie sich und lächelt. "Die 43 Jahre Wollstübchen waren eine wunderbare Zeit. Wir hatten einmal in der Woche Stricktage, da traf sich immer eine große Gruppe Frauen. Manchmal waren Männer mit der Quetsche dabei und spielten Musik."

Am meisten vermissen werde sie die Gespräche mit ihren Stammkunden, denn das seien ganz liebe Menschen, so Renate Mack. Viele würden Blumen bringen und sagen, dass sie das Ende des Wollstübchens schade finden, aber zugleich Verständnis zeigen. "Wenn ich dann zu Hause bin, wird mir aber bestimmt nicht langweilig", sagt Renate Mack. So gehe sie gerne laufen, treffe Freunde, reise und verbringe Zeit mit Tochter und Enkelkindern.