Die Bebauung des ehemaligen Heinlein-Areals im Alten Molkereiweg in Bad Neustadt war erneut Thema im Stadtrat. Den eigentlichen Bauanträgen des Projekts hatten die Räte bereits im April 2024 ihr Einvernehmen erteilt: Auf dem Gelände der Gewerbepark 206 GmbH entstehen unter Geschäftsführerin Claudia Roth der Neubau des Lebensmittel-Discounters Norma, ein Bäckerei-Café der Firma Pappert sowie ein Burger King und zwei Fachmärkte.
In der jüngsten Sitzung ging es nun konkret um die Ausgestaltung der Werbeanlagen. Erstmals öffentlich benannt wurden dabei die Belegung der beiden Fachmärkte: der Non-Food-Discounter Tedi und ein Fressnapf-Markt für Tierbedarf und Tiernahrung wollen sich ansiedeln. Über die Auswahl dieser Märkte gab es im Gremium eine kurze Diskussion.
Sind "Billigsegmente am Stadteingang" nachteilig fürs Bahnhofsumfeld?
"Das wäre der dritte Tedi, den wir in Bad Neustadt kriegen", warf Stadträtin Rita Rösch (SPD) ein. Weitere Standorte gibt es in der Saalestraße und der Hohenrother Straße. Soweit sie sich erinnere, seien in der Vergangenheit auch andere Märkte im Gespräch gewesen. Röschs Sorge, über die Belegung des Areals das Gebiet "runterzuziehen", bekräftigte ihr Fraktionskollege Jürgen Pröscholdt: "Billigsegmente am Stadteingang" seien nicht gut für das Gebiet. Rösch fragte, ob die Stadt Bad Neustadt Einfluss auf die Auswahl der Märkte hatte.
Über das ISEK, das Integrierte Stadtentwicklungskonzept, habe die Stadt einen gewissen Einfluss, so Bürgermeister Michael Werner. Im Zentren- und Sortimentskonzept ist festgeschrieben, welche Sortimente in welchen Standbereichen zulässig sind. "Alles, was beantragt ist, ist nicht schädlich, was das ISEK angeht", so Werner.
Gibt es in Bad Neustadt künftig drei Tedi- und zwei Fressnapf-Märkte?
Im Vorfeld habe es andere Interessenten gegeben, bestätigte Werner. Die hätten dem Investor abgesagt. "Ohne Belegung aller Partien wäre der Investor aber niemals den Schritt gegangen, das ganze Konzept umzusetzen", so Werner.

Seitens Tedi, so der Bürgermeister weiter, habe man ihm über die Bezirksleitung bestätigt, dass wirklich geplant sei, einen dritten Tedi in Bad Neustadt zu eröffnen. Das werde also "kein Umzug". Bezüglich Fressnapf war Werners Aussage weniger klar: "Fressnapf kommt dann eben da mit rüber", formulierte der Bürgermeister in der Sitzung.
Auf Nachfrage dieser Redaktion, ob die Fressnapf-Filiale in der Saalestraße ins Heinlein-Areal umziehe oder ob künftig zwei Filialen in Bad Neustadt geplant seien, hieß es seitens der Fressnapf-Pressestelle: "Tatsächlich planen wir in Bad Neustadt einen Umzug auf eine neue, größere und noch attraktivere Fläche, um den Kunden langfristig ein besseres Einkaufserlebnis zu ermöglichen."
Traffic statt Brache: Weshalb Bürgermeister Werner optimistisch auf das Projekt blickt
Bürgermeister Werner sieht nicht die Gefahr, dass das Bahnhofsumfeld nach unten gezogen werde. "Es ist Bedarf bei diesen Geschäften, sonst würde die Nachfrage nicht so groß sein und die Investitionen getätigt." Durch die Belebung würde das Areal sogar aufgewertet. "Die ganze Zeit war eine Brache dort, unkontrolliert, so haben wir Traffic."
Zur Diskussion um die Fachmärkte erklärte der Bürgermeister: Da hätte man im Rahmen des Bauantrags diskutieren können. Nun gehe es um die Genehmigung der Gestaltung eines Projekts, das bereits beschlossen sei. Als es im Stadtrat um den Bauantrag ging, seien die Einzelbelegungen bereits definiert gewesen.
Wann wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, um über die Belegung der Fachmärkte zu diskutieren?
"Der Tedi ist neu", kam ein widersprechender Zwischenruf aus den Reihen der Räte. Woraufhin Werner verneinte. Er habe über die Absichten von Tedi, einen dritten Markt zu eröffnen und eben nicht umzuziehen, dem Stadtrat bereits referiert.
Offenbar geschah das im nichtöffentlichen Teil. Fakt ist, in den öffentlichen Stadtratssitzungen waren die Märkte bislang nicht explizit benannt worden. Auch Ende des Jahres, als diese Redaktion zuletzt bei der Projektverantwortlichen Claudia Roth diesbezüglich nachfragte, hatte sie noch keine offizielle Aussage zur Belegung der Fachmärkte treffen wollen.
10 Meter statt 4 Meter: Deutliche Abweichungen von der städtischen Satzung
Eine kurze Diskussion gab es im Stadtrat ebenfalls zu den Ausmaßen der Werbeanlagen. Angelika Högn-Kößler (Grüne) fragte, warum der Stadtrat Werbeanlagen zustimme, die deutlich von den Vorgaben der städtischen Werbeanlagensatzung abweichen. Als Beispiel nannte sie die Höhe der Gemeinschaftspylone mit 6,30 Meter und 10 Meter. Zulässig sind laut Satzung 4 Meter. "Das ist ja mehr als das Doppelte", so Högn-Kößler. Ihre Vermutung: Das sei auch in anderen Fällen so ähnlich genehmigt worden und die Satzung müsse überarbeitet werden. Das bestätigte seitens der Bauverwaltung Sabine Denner.
Deshalb hat der Bad Neustädter Stadtrat trotzdem sein Einvernehmen erklärt
Bürgermeister Werner erklärte, dass die Werbeanlagen "im Zuge des Gesamtkonzepts" passen würden. Im Antrag selbst schrieb die Verwaltung "im Hinblick auf die Größe des gesamten Areals und Einkaufzentrums" seien die genannten Abweichungen in städtebaulicher Hinsicht "durchaus vertretbar".
Ob geklärt sei, dass die Höhe der Werbeanlagen vergleichbar mit denen des direkten Mitbewerbers in der Nähe sei, wollte Bettina Wagner (Grüne) wissen. Die seien etwa "gleich groß", so Denners Antwort. Der Stadtrat erteilte letztlich sein Einvernehmen mit den Anlagen mit einer Gegenstimme von Jürgen Pröscholdt.