Zum halbrunden Jubiläum sollte es keinen offiziellen Festakt geben - stattdessen durften sich die Gäste gleich auf zwei verschiedene Stücke freuen, wie Vereinsvorstand und Theaterleiter Sebastian Nickel erklärte. Zusammen mit Sarina Schuchardt (sie verwaltet die Finanzen) plauderte er gegenüber dieser Redaktion aus dem Nähkästchen. Was ist das Besondere an der Freiluftbühne? Besuchen auch Rhön-Grabfelder Kulturfreunde die Vorstellungen im Nachbarlandkreis? Ein Blick hinter die Kulissen.
Unter der Dusche habe er oft die besten Ideen, schmunzelt Theaterleiter Nickel. Dank seiner Fantasie wurde der Kunstfigur Sissi Bauerbach, die er selbst spielte, Leben eingehaucht. Julia Terwald, Dramaturgin am Meininger Staatstheater, inszenierte auf Grundlage historischer Aufzeichnungen ein unterhaltsames Bühnenstück mit Mehrwert - die Sissi Bauerbach Revue. Zudem sorgte das aus sechs Personen bestehende Ensemble beim "Gestörten Schäferstündchen" für Begeisterung.
Aber von Anfang an: Das Motto "Ein ganzes Dorf spielt Theater" sollte keine Eintagsfliege bleiben. Anlässlich der Schillerfestwoche wurde am 4. Juli 1959 das "Arbeiter- und Bauerntheater Friedrich Schiller" gegründet. Alten Erzählungen zufolge hat der Dichter noch heute eine offene Rechnung im Gasthaus "Zum braunen Roß". Freifrau von Wolzogen gewährte dem Verfolgten Unterkunft. In Bauerbach erlebte er seine schaffensreichste Zeit. Anlass genug, sich der Pflege der Schillerschen Tradition zu verschreiben. Zu DDR-Zeiten kam sogar Walter Ulbricht vorbei. Selbst nach der Wende berichtete mehrfach das Fernsehen – Bauerbach und sein Amateurtheater waren von medialem Interesse. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Doch mehr und mehr traten Ermüdungserscheinungen innerhalb der alten Vorstandschaft auf. Wie sollte es weitergehen mit dem Traditionsverein? Die Zukunft schien ungewiss.
2012 stieß Sarina Schuchardt zum Ensemble. Damit wurde ein Kindheitstraum wahr. "Ich wollte immer Schauspielerin werden", berichtet sie lachend. Verantwortung zu übernehmen, ist die medizinische Fachangestellte gewohnt. Ihr alter Freund Sebastian Nickel (beide kennen sich seit der Kinderkrippe) war unterdessen wieder zurück in der Heimat. 2016 trat er als singender, bauchwehgeplagter Wolf im Stück "Es war einmal – 7 Märchen auf einen Streich" auf. Nach etwas Bedenkzeit ließ er sich schließlich zur Kandidatur überreden. Bei der Vorstandswahl 2016 wurden die Weichen für einen Neuanfang gestellt. Mit der verjüngten Leitung gingen weitreichende Veränderungen einher. "Das fanden nicht alle toll", resümieren unsere Gesprächspartner. Als ersten, richtungsweisenden Schritt nennen sie die Gründung der Kinder- und Jugendabteilung unter dem Dach des Theatervereins. Sie spielt das meiste Geld in die Kasse. "Der gestiefelte Kater" feierte am 1. Juni 2024 Premiere und wurde weitere neunmal aufgeführt – ein voller Erfolg. Pro Aufführung verfolgen beim Kinderstück 600 bis 700 Besucher die Handlung. Treue Gäste sind unter anderem alljährlich die Klassen eins bis vier der Malbach-Grundschule Mellrichstadt, das Nicolheim Willmars, der Kindergarten Stetten und die Kita Nordheim.
Nachdem 2015 Schauspieler fehlten, half man seitens des MET-Theaters gerne aus. Ohne sie wäre der "Mittsommernachtstraum" geplatzt, betonen Nickel und Schuchardt dankbar. Stefan Heier ist in Bauerbach hängengeblieben. Der Ostheimer weiß das gute Miteinander, den familiären Charakter sowie die herausragende Organisation zu schätzen. Gerade brachte er das Publikum an der Seite von Mia Müller als Schürzenjäger Benno Hubwedel zum Lachen. Wahrscheinlich liegt das Geheimnis des Erfolgs darin, dass mehrere Generationen voneinander profitieren und aneinander wachsen, meint er.
Mia, Sarinas Tochter, schnupperte von klein auf Theaterluft und glänzt nun in ihrer ersten Hauptrolle. Meinhard Schoder ist seit 1972 dabei. Anlässlich des 65. Jubiläums reizte es den 67-Jährigen, heuer wieder selbst aufzutreten.
Laut Sebastian Nickel finden jede Saison aufs Neue viele Besucher aus dem Nachbarlandkreis Rhön-Grabfeld und darüber hinaus den Weg zur Naturbühne. Altersmäßig ist das Publikum bunt gemischt. Auch Urlauber, die im Fladunger Hotel "Sonnentau" wohnen, sind gern gesehene Gäste.
Wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss investieren. 2018 krempelte man die Ärmel hoch, um das Verwaltungsgebäude zu renovieren. "Das Meiste haben wir in Eigenleistung gestemmt", betonen Sarina Schuchardt und Sebastian Nickel stolz. Dank Fördermitteln aus der Thüringer Staatskanzlei wurde gerade die Hauptbühne für 55.000 Euro grundsaniert. Das Wesentliche jedoch ist unbezahlbar. Weit über 800 Ehrenamtsstunden pro Person haben beide Hauptverantwortliche 2024 investiert. Natürlich steht der Spielplan 2025 bereits fest. Man darf also gespannt sein.


