Noch nie war die Neumühle ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Seit jeher produziert die Mühle ihren Strom selbst. Jetzt kapituliert Eigentümer Karlheinz Stumpf. Die Milz, die die Mühle speist, ist nur noch ein Rinnsal und reicht nicht mehr aus, um die Turbine anzutreiben. Seit Monaten behilft sich der Mühlenbesitzer mit einem Notstromaggregat, nun will er seine Selbständigkeit aufgeben.
Nahezu trockenen Fußes kann Karlheinz Stumpf das kleine Gewässer bei seinem Anwesen durchqueren, das zur Gemeinde Aubstadt gehört. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", beteuert der 67-Jährige. Im Vorjahr sei es schon schlimm gewesen, aber doch nicht so dramatisch wie in diesem Sommer. 2018 musste das Notstromaggregat elf Wochen laufen, jetzt ist er schon seit Anfang Juni auf das Dieselaggregat angewiesen.
Es war immer Wasser dagewesen
"Es war immer Wasser dagewesen. Seit ich mich erinnern kann, hat der Bach gerauscht. Jetzt ist es still". Die Milz habe sogar immer mehr Wasser als die Saale bis zu dem Punkt geführt, an dem die beiden Gewässer sich vereinigen.

Das noch ankommende Wasser reiche gerade, um den Mühlgraben aufzustauen. Wenn er ihn dann ablässt, kann die Turbine eineinhalb Stunden pro Tag laufen.
Früher war immer genug Wasser vorhanden, bis 1958 wurde noch Getreide gemahlen, erzählt Stumpf. Entlang der Milz hatte sich gleich eine ganze Reihe von Mühlen angesiedelt. Er übernahm 1967 das Anwesen mit den dazugehörigen Feldern. Sein Geld verdiente er außerhalb und im Nebenerwerb in der eigenen Landwirtschaft.
Früher gab es Strom in Hülle und Fülle
Vor etwa 30 Jahren habe er die Möglichkeit gehabt, sich an das öffentliche Netz anzuschließen. Obgleich eine Fernleitung direkt an seinem Grundstück vorbeiführt, wären die Kosten immens gewesen. So tauschte er 1990 das Wasserrad gegen eine Turbine aus und erhöhte den Wirkungsgrad deutlich. "Wir hatten stets Strom in Hülle und Fülle".
Allerdings erforderte der Betrieb auch große Aufmerksamkeit, schildert Stumpf: Das Auffanggitter muss stets gereinigt werden, das Wehr reguliert und instand gehalten werden, ebenso wie der Mühlgraben. Auch der Wasserstand und der Wechselrichter der Turbine müssen stets beobachtet werden. Neuerdings machen außerdem Biber Ärger, die im Vorfeld das Wasser aufstauen.
Jetzt geht er ans Netz
All dies, aber vor allem das fehlende Wasser, haben nun dazu geführt, dass er sich entschlossen hat, doch ans Netz zu gehen. Dazu muss er auf eigene Kosten ein Kabel über eine Strecke von etwa 500 Metern einpflügen lassen und dabei die Milz unterqueren.
Der Anschluss soll schon in den nächsten Wochen erfolgen. "Zwei Jahre hintereinander solche Sommer mit so gut wie keinem Niederschlag, und auch für die Zukunft sehe ich schwarz, da bleibt mir nichts anderes übrig", bedauert Stumpf.

Simon Mengen, zuständiger Abteilungsleiter am Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, kann auch keine Prognosen abgeben, aber die aktuelle Situation an den hiesigen Gewässern sei tatsächlich dramatisch. Die Bahra oberhalb von Oberstreu und der Mahlbach oberhalb von Mellrichstadt sind wie viele kleinere Zuläufe ausgetrocknet, berichtet Mengen.
Braucht es Talsperren?
An der Saale wird bei Bad Königshofen ein Durchfluss von gerade noch 60 Litern pro Sekunde gemessen, der alljährliche Durchschnitt liegt bei 411 Liter. Der durchschnittlich niedrigste Wasserstand liegt über die Jahre hinaus bei 123 Litern, so dass dieser Wert gerade einmal zur Hälfte erreicht wird. Allerdings lag der niedrigste jemals gemessene Wert im Jahr 2010 sogar bei nur 14 Litern pro Sekunde, fährt Mengen fort.
Insgesamt sei die Lage schon dramatisch, zumal die Entwicklung des Grundwasserstands ähnlich wie bei den Gewässern verlaufe. Im Grabfeld ist schon vor geraumer Zeit - und in diesem Jahr nach früher als im Vorjahr - eine Wassersparverordnung erlassen worden, erinnert der Abteilungsleiter.
Fischzuchtanlagen seien bereits aufgegeben worden, beziehungsweise werde Besitzern der Schritt angeraten. Im Grabfeld hat sich eine Wasserallianz aus verschiedenen Kommunen gebildet, um eine nachhaltige Lösung zu finden, was die Dringlichkeit einer sicheren Wasserversorgung unterstreiche. "Ob wir eines Tages Talsperren brauchen wie in Thüringen, bleibt abzuwarten".