Sie lauten "Mehr Ärzte aufs Land – was wirklich gegen den Ärztemangel hilft", "Versorgung auf dem Land: Warten bis (k)ein Arzt kommt " oder "Ärzte fehlen auch in der Rhön". Mit solchen Schlagzeilen kommt auch Leah Schneider aus Ostheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) immer wieder in Berührung: Die 22-Jährige studiert im siebten Semester Medizin und macht sich viele Gedanken über ihren künftigen Beruf, den sie gerne in ihrer Heimat ausüben möchte.

Leah Schneider kennt den Alltag eines Landarztes von klein auf, ihr Vater Dr. Wolfgang Schneider führt eine Hausarztpraxis im Wohnhaus der Familie. "Er hat aber nie Druck gemacht, dass meine Geschwister oder ich in seine Fußstapfen treten sollen." Sein Beruf habe sie ohnehin lange nicht interessiert. "Ich habe gesehen, wie viel Arbeit der Job macht und wollte in meiner gesamten Schulzeit auf gar keinen Fall Ärztin und viel lieber Journalistin werden", sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion.
Eigentlich wollte die Ostheimerin Leah Schneider Journalistin werden
Doch es kommt anders: Nach dem Abitur weiß sie nicht so recht, wie es für sie weitergehen könnte und absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim BRK in Bad Neustadt, "weil es irgendwie cool klang", so Schneider. Sie merkt, dass sie den Rettungsdienst spannend findet, einen guten Kontakt zu den Patienten aufbaut. Schließlich studiert sie doch Medizin und fährt weiter gelegentlich im Rettungsdienst mit.
Neben der Anästhesie und dem notärztlichen Fachgebiet interessiere sie insbesondere der allgemeinärztliche Bereich, so Schneider. Hier könne sie Menschen jeden Alters durch verschiedene Lebensphasen begleiten. "Ich stelle mir das total bereichernd und schön vor. Man lernt seine Patienten gut kennen. Und sieht sie nicht, wie bei einer anderen Facharzttätigkeit, vielleicht nur kurz und dann nie wieder", sagt Leah Schneider.
Warum Leah Schneider eher nicht die Praxis ihres Vaters in Ostheim übernehmen wird
Dass sie nach Studium und Facharztweiterbildung die Hausarztpraxis ihres Vaters übernimmt, der momentan einen Nachfolger sucht, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn Leah Schneider wird in frühestens acht Jahren fertig ausgebildet sein. "Aber ich mag meine Heimat und würde mich als heimatverbunden beschreiben. Außerdem bin ich in der Stadtkapelle Ostheim und in der Dead Horse Big Band in Bad Neustadt aktiv", begründet Leah Schneider.

Für sie stehe deshalb fest, dass sie auf lange Sicht in der Rhön arbeiten möchte. "Auch einige meiner Kommilitonen wollen bewusst aufs Land. Vor allem die, die von dort stammen." Sie weiß aber auch, dass ländliche Räume nicht für jeden infrage kommen. "Dafür gibt es viele Gründe, zum Beispiel muss sich auch für den Partner eine passende Stelle finden", so Schneider.
In großen Kliniken könne man viel ausprobieren, und derlei Einrichtungen seien häufiger in städtischen Ballungszentren als auf dem Land zu finden. Auch diejenigen, die in die Forschung wollen, fänden dazu fast ausschließlich an Unikliniken Möglichkeiten. Insbesondere wer das Land nicht kenne, würde sich zudem oft fragen: "Was soll ich da machen, da gibt es ja nichts", meint Schneider.
Wichtig ist deswegen aus ihrer Sicht, junge Ärzte mit konkreten Anreizen zu locken. Appelle wie "Es ist doch so schön bei uns, kommt aufs Land, wir brauchen euch unbedingt", reichen aus Sicht der Medizinstudierenden nicht. "Besser wäre es, zu sagen: 'Du kriegst hier einen Betreuungsplatz für dein Kind, bezahlbaren Wohnraum, wir können dir vielleicht schon einen Platz in einer Gemeinschaftspraxis bieten oder finanzielle Unterstützung für deine Praxis-Erstausstattung'", so Schneider.
Leah Schneider: "Appelle reichen nicht, es braucht konkrete Angebote"
Zwar gebe es zum Beispiel Angebote von der Kassenärztlichen Vereinigung oder ländlichen Regionen wie finanzielle Förderungen, bezahlte Praktika oder Listen mit freien Plätzen in Gemeinschaftspraxen. "Aber die werden an uns Studierende noch nicht so gut herangetragen. Man muss sehr genau recherchieren, um sie ausfindig zu machen", meint die 22-Jährige. Regierungsbezirke, Kommunen und Landkreise, die Ärzte für sich gewinnen möchten, sollten offensiver ins Marketing für sich gehen, findet Schneider.

Wenn Leah Schneider fertig aus- und weitergebildet ist, würde sie gerne in einer Gemeinschaftspraxis arbeiten. Das sei der Wunsch von vielen in ihrer Generation, sagt die 22-Jährige. Denn gerade vor dem Hintergrund aktueller Probleme wie Bürokratie, Fachkräftemangel und steigenden Kosten sei eine eigene Praxis herausfordernd. "Ich kenne eigentlich niemanden in meinem Umfeld, der unbedingt in einer Einzelpraxis selbstständig sein möchte. Alle wollen sich lieber anstellen lassen."