Es ist ein gewohnter Aufstieg, den Berthold Lörzer an diesem Sonntagmorgen nimmt. Hoch hinauf geht es die steile Treppe in der Unterelsbacher Kirche zur Empore. Sein Ziel ist, wie an vielen Sonntagen, die Kirchenorgel, mit der er den Sonntagsgottesdienst begleiten wird. Seit 50 Jahren macht Berthold Lörzer das nun schon. Am Dreikönigstag, am 6. Januar, wird er für dieses Engagement geehrt.
Über ein halbes Jahrhundert ist es her, dass Berthold Lörzer zusammen mit seinem fast drei Jahre älteren Bruder Gerhard Lörzer das Musizieren an der Kirchenorgel in seinem Geburtsort Ginolfs begonnen hat. In die Wiege gelegt wurde das den beiden Brüdern von Opa Leo Lörzer, der den Organisten-Dienst in Ginolfs damals innehatte und im August 1971 plötzlich gestorben ist.
Opa Leo war der erste Musiklehrer
"Es war in unserer Kindheit schon ein Thema, dass wir das einmal übernehmen sollten", berichtet Berthold Lörzer. Von Opa Leo gab es auch den ersten Musikunterricht. Daheim gab es kleines Harmonium und ein Akkordeon, an dem die ersten Grundkenntnisse erworben wurden. Pfarrer Eisenmann sowie eine kleine Musikschule in Bad Neustadt trugen ihr Übriges dazu bei. Berthold Lörzer war beim Tod von Opa Leo gerade 15 Jahre alt, sein Bruder Gerhard 18. Beide sollten schnell in die Fußstapfen an der Kirchenorgel in Ginolfs, zumeist im Wechsel, treten.
Berthold Lörzer zog später mit seiner Ehefrau nach Unterelsbach. Seitdem hat er schon in vielen Kirchen der Pfarreiengemeinschaft und der oberen Rhön die Orgel gespielt. Aktuell ist der heute 66-Jährige einer der Hauptorganisten in Unterelsbach, Oberelsbach und Weisbach.

"Man muss schon gerne Musik spielen", stellt Berthold Lörzer fest. Viele Stunden seines Lebens hat Lörzer an diesem Instrument verbracht. Wenn man etwas gerne macht, so erklärt er, dann nimmt man die zeitlichen Einschränkungen in Kauf. "Und auch die Familie muss natürlich mitziehen." Viele Jahrzehnte hat Berthold Lörzer zusätzlich in der Musikkapelle Ginolfs Tenorhorn gespielt. Gerade im Sommer hatte er oft morgens Orgel-Dienst in der Kirche, dann ging er für ein schnelles Mittagessen nach Hause, und dann ging es weiter mit der Kapelle zu irgendeinem Festzug. "Das war schon manchmal stressig", blickt er zurück.
Jede Orgel hat ihre Eigenheiten
"Das Besondere an einer Kirchenorgel ist, dass jede Orgel anders ist", stellt Berthold Lörzer fest. So hat die Unterelsbacher Kirche deutlich größere Abstände zwischen den Pedalen als die Oberelsbacher. Die Farbtöne werden durch die Register an jeder Orgel anders erzeugt. Während in Unterelsbach sämtliche Register manuell eingestellt werden, hat die moderne Orgel in Oberelsbach umfangreiche Speichermöglichkeiten. "Man muss sich schon mit der jeweiligen Orgel vor dem Spielen vertraut machen", erklärt der Organist. Die großen Pfeifen einer Kirchenorgel sorgen für den unverwechselbaren Klang einer Kirchenorgel. Die kleineren Pfeifen sorgen für die höheren, die größeren Pfeifen für die tiefen Töne. "Insgesamt ist die Orgel ein hochkomplexes und dadurch äußerst faszinierendes Musikinstrument", so Lörzer.

Neues Gotteslob, neue Lieder
Der Ablauf der Begleitung eines Gottesdienstes ist in den letzten 50 Jahren gleich geblieben. Ungefähr eine Viertelstunde vor Gottesdienstbeginn findet sich Berthold Lörzer in der Kirche ein. Es folgt eine kurze Absprache über die Liedauswahl beziehungsweise den Liedplan mit dem Pfarrer. Manche Pfarrer wünschen genau die Lieder, die sie sich vorher ausgedacht haben. "Wenn es Lieder sind, die die Leute gar nicht kennen, so kommen diese manchmal nicht so gut an", so Lörzer. Mit dem neuen Gotteslob sind einige neue Lieder hinzugekommen, die die Gottesdienstbesucher noch nicht so gut im Ohr haben.

Andere Zelebranten wie Pfarrer Hubert Grütz lassen den Organisten auch mitbestimmen. "Schau bitte nochmal drüber", heißt es dann. Gut mitgesungen wird bei allen geläufigen Liedern, die jedem im Ohr sind. Und natürlich ist es besonders schön, wenn viele Leute mitsingen und der Kirchenraum gut gefüllt ist.
Die Zahl der Besucher hat deutlich nachgelassen
Was Letzteres betrifft, so hat Berthold Lörzer festgestellt, dass insbesondere mit der langen Corona-Zeit die Zahl der Kirchenbesucher deutlich nachgelassen hat. Nach Aufhebung der Maßnahmen habe sich dies auch nicht mehr wirklich gebessert.
Die Veränderungen der letzten Jahre merke man auch dahingehend, dass in jedem Ortsteil lange nicht mehr so oft Gottesdienst gefeiert wird wie früher. Trotzdem macht Berthold Lörzer jede musikalische Begleitung eines Gottesdienstes Spaß. "Einmal Musiker – immer Musiker", stellt er fest und geht die steile Treppe von der Empore wieder hinunter.
