Wer krank oder pflegebedürftig ist, bleibt oftmals von vielen Aktivitäten ausgeschlossen, die für gesunde Menschen selbstverständlich sind. Das fängt im Alltag an und hört beim Urlaub auf. Einfach mal wegfahren, ausspannen, Erholung finden, wenn man auf Hilfe angewiesen ist – wie kann das gehen? Genau hier setzt das neue Projekt des Pflegeübungszentrums (PÜZ) der Caritas in Mellrichstadt an.
Ein Wohnmobil, das passgenau auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen ausgerichtet ist, soll ab dem kommenden Sommer am Wohnmobilstellplatz in Bad Königshofen einen festen Platz haben. Darin können Menschen, die Pflege brauchen, Freizeit genießen. Betreut werden sie von den fachkundigen Pflegekräftigen der Sozialstation St. Peter. Die Angehörigen können somit ebenfalls ausspannen. Kurz gesagt: einfach mal Urlaub machen.
Pflegebedürftigkeit bedeutet nicht, auf alles verzichten zu müssen
"Oftmals scheitert solch ein Vorhaben bereits bei der Planung", weiß Ulli Feder, Pflegedienstleiterin der Caritas-Sozialstation St. Kilian und Leiterin des PÜZ in Mellrichstadt. Zu groß sei bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen die Unsicherheit, ob die Unterkunft wirklich so ist, dass die Einschränkungen kompensiert werden können. Dabei werden häufig Erinnerungen an frühere Reisen wach. "Die Leute wünschen sich, wieder gemeinsam in Urlaub gehen zu können", sagt Feder.

Auch für die pflegenden Angehörigen ist es ihrer Erfahrung nach wichtig, gelegentlich einen Ortswechsel zu unternehmen, um wieder Energie zu tanken. "Und das möchten viele am liebsten gemeinsam mit den pflegebedürftigen Menschen, die sie betreuen, erleben."
Pflegebedürftigkeit bedeute nicht gleich Verzicht auf alles, so Feder. "Wir müssen vielmehr überlegen, was wir tun können, um den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen diese Lebenszeit so normal und angenehm wie möglich zu gestalten." Mit dem Projekt Pflegeübungs-Wohnmobil, kurz PÜ-Womo, soll genau das gelingen.
Lange Suche nach einem geeigneten Wohnmobil
Das Wohnmobil, das die Verantwortlichen der Caritas nach umfangreicher Suche ausgewählt haben, erfüllt von Haus aus nahezu alle Voraussetzungen, die für das Projekt gefordert sind. Der Zugang zum PÜ-Womo kann mittels einer Rampe oder Einstieghilfe erleichtert werden. Breite Türen und ein relativ breiter befahrbarer Innenraum machen es möglich, sich auch als bewegungseingeschränkter Mensch mit dem entsprechenden Hilfsmittel gut zurechtzufinden, erklärt Ulli Feder.
Eine an die kleine Schwelle der Nasszelle angepasste Rampe ermögliche eine sichere Nutzung des Bads. Auch die Fahrerkabine ist so konzipiert, dass ein bequemes Sitzen auf den drehbaren Stühlen möglich ist. Der Tisch ist klapp- und in der Höhe verstellbar. Und auch das Bett kann nach oben oder unten gelassen werden, beschreibt sie die Funktionen im mobilen Heim.
Beste Voraussetzungen am Stellplatz an der Frankentherme in Bad Königshofen
Der Wohnmobilstellplatz an der Frankentherme in Bad Königshofen wird künftig als fester Standort für das Pflege-Wohnmobil dienen. Der Platz, der bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, bietet laut Caritas die besten Voraussetzungen für das neue Projekt, punktet mit Barrierefreiheit, Komfort sowie modernen großen Sanitäreinrichtungen. Erholung bei Wellness und Kuranwendungen in der Therme inklusive.

Kurdirektor Werner Angermüller habe sich bei einem ersten Kontakt gleich sehr aufgeschlossen gezeigt, berichtet Ulli Feder. "Das Klientel kommt, solch eine Einrichtung wird gebraucht", hieß es aus der Kurstadt. Für die Pflege ist natürlich auch gesorgt: Die Sozialstation St. Peter befindet sich in kurzer Entfernung zum Stellplatz und berät und versorgt die pflegebedürftigen Urlauber vor Ort.
Bei speziellen Schulungen werden Lösungen für auftretende Probleme gesucht. "Dafür wird ein eigenes Team aufgestellt", so Gudrun Rathgeber, Pflegedienstleiterin und verantwortlich für das Projekt in der Kurstadt.
Ein Modellprojekt in Rhön-Grabfeld, das aus dem üblichen Raster hervorsticht
Bei einem Besuch im Pflegeübungszentrum in Mellrichstadt zeigten sich die Landtagsabgeordneten Gerald Pittner (Freie Wähler) und Steffen Vogel (CSU) von den neuen Plänen begeistert. Beide unterstützen die innovativen Pflegeansätze der Caritas Rhön-Grabfeld und setzen sich dafür ein, dass in München Mittel für die Finanzierung zur Verfügung gestellt werden.

Das Konzept für das PÜ-Womo fand ihre volle Zustimmung: "Damit ist die Caritas Rhön-Grabfeld wieder einmal Vorreiter in Bayern", lobte Gerald Pittner. Steffen Vogel bekräftigte: "Hier werden Modellprojekte gestartet, die aus dem üblichen Raster hervorstechen."
Mit dem PÜ-Womo zum Landtag nach München
125.000 Euro stellt der bayerische Landtag für das Pflegeübungs-Wohnmobil zur Verfügung. Ein wenig Geduld ist allerdings noch gefragt: Das Wohnmobil wird jetzt bestellt, die Lieferzeit beträgt etwa ein Jahr, macht Angelika Ochs, Geschäftsführerin für den Kreiscaritasverband, deutlich.
Wenn das Wohnmobil ausgeliefert ist, will sie mit einem Team nach München fahren und das PÜ-Womo vor dem Landtag parken. "Damit sich die Abgeordneten überzeugen können, dass das eine tolle Sache für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ist."
Wohnmobil für PflegebedürftigeUrlaub im PÜ-Wohnmobil soll auch für Nichtcamper eine Möglichkeit bieten, um auszuprobieren, ob dies eine Option für Menschen mit Beeinträchtigung wäre und ob sich möglicherweise die Anschaffung eines eigenen Wohnmobils lohnt, um wieder in ferne Länder verreisen zu können. Das muss man sich dann allerdings leisten können: Die Anschaffung eines solchen Campers kostet laut Ulli Feder einen hohen fünfstelligen Betrag.Quelle: ski