"Ich bin immer noch geflasht", erzählt die Fuldaer Fotografin Martina Junk am Montagmorgen am Telefon, "das war schon gigantisch". Wenige Stunden zuvor, um 1 Uhr nachts, hatte Junk von der Abtsrodaer Kuppe aus die Wasserkuppe vor beeindruckenden Polarlichtern fotografiert – in der Rhön ein äußerst seltenes Naturschauspiel. "Es war ein unglaublich ergreifender Moment, ich vergaß vor lauter Staunen fast zu fotografieren."
"Es war eine superschöne Nacht", bestätigt Sabine Frank, Koordinatorin des Sternenparks Rhön, ebenfalls am Montag auf Nachfrage. Das Lichtspiel am Himmel werde durch energiereiche Sonnenwindpartikel ausgelöst, die durch Eruptionen auf der Sonnenoberfläche mit hohen Geschwindigkeiten ins Weltall geschleudert werden und am Ende auf das Erdmagnetfeld treffen, so die Sternen- und Nachtexpertin Sabine Frank.
Polarlichter: Sonnenwind, der aufs Magnetfeld der Erde trifft
Polarlichter sind, wie der Name schon sagt, vor allem in den Polarregionen verbreitet. In Europa und anderen Regionen in den mittleren Breiten ist das Phänomen eher selten. Komme es allerdings zu "stärkeren Eruptionen auf der Sonne", bestünde die Chance, dass Polarlichter auch in der Rhön sichtbar seien, so Frank.
Nach den Eruptionen dauere es ein oder zwei Tage, bis der Sonnenwind auf das Magnetfeld der Erde treffe. Entsprechend seien Polarlicht-Vorhersagen über Webseiten und Apps möglich. "Natürlich muss man aber auch ein bisschen Glück haben." Nicht immer sind die Vorhersagen zutreffend, so Frank weiter.

"Es war das großartigste Polarlicht, das ich bisher auf der Wasserkuppe in der Rhön gesehen habe", berichtet Fotografin Martina Junk. Sie ist 2020 unter die Polarlicht-Jäger gegangen. 2019 hatte sie sich eine Kamera gekauft und sich das Fotografieren nach und nach selbst beigebracht. Hauptberuflich arbeitet Junk beim Energieversorger RhönEnergie Fulda im Energiemanagement und ist da ebenfalls mit dem Thema Schutz der Nacht durch spezielle Straßenlampen befasst.
Als Polarlichtjägerin harrt sie bei Wind und Wetter aus
Kein Wunder also, dass sie sich fotografisch der Nacht und ihrer Phänomene annahm. Über diverse Internetseiten und die App Polarlicht-Vorhersage versuchte sie in den vergangenen Jahren keinen richtigen Moment zu verpassen. Was nicht immer gelang: Oft harrte die Fotografin vergeblich bei Dunkelheit, Wind, Wetter und Minusgraden aus. "Umso mehr freut man sich, wenn man mit so einem schönen Ereignis belohnt wird."

Als ihre App in der Nacht zum Montag die Wahrscheinlichkeit für Polarlichter als "sehr hoch" einstufte, sei sie aus dem Schlafanzug und in die Klamotten gesprungen. Kaum war sie auf der Abtsrodaer Kuppe in der hessischen Rhön angekommen, sah sie auch schon das besondere Phänomen. "Für einige Minuten färbte sich der Himmel in unwirkliches Rot und sogar Grün. Das Polarlicht strahlte als riesige Säulen weit in den Himmel hinein." Das Besondere: Es sei nicht nur fotografisch, also durch die Langzeitbelichtung auf der Fotografie, sondern "auch visuell mit bloßem Auge" sichtbar gewesen. Das war auch für Junk völlig neu.
Auf der Abtsrodaer Kuppe war sie in dieser Nacht als Fotografin allein. Das Bild teilt sie auf Facebook und Instagram gerne mit der Welt: "Hoffe, ihr konntet es auch irgendwo erwischen." Auch mit ihren Kamera-Einstellungen hält sie auf Nachfrage nicht hinterm Berg: Geschossen habe sie lauter Einzelfotos. Es handle sich um zehnsekündige Langzeitbelichtungen mit ISO 1250 und Brennweite 14mm, Lichtstärke 1,8.
Beim Anblick der Polarlichter habe sie "Gänsehaut gekriegt." Dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, nennt Martina Junk ein "Geschenk des Himmels".