Preh in Bad Neustadt, Bosch Rexroth und Schaeffler in Schweinfurt oder s.Oliver in Rottendorf bei Würzburg: Beispiele für große Unternehmen in der Region, die in jüngster Vergangenheit mit Stellenabbau für Aufsehen gesorgt haben. Immer hieß es: Sozialverträglich soll der Abbau sein, also ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen.
Es werden wohl keine Einzelfälle bleiben. Doch was heißt "sozialverträglich"? Was genau geschieht da? Was müssen Betroffene beachten? Und wie sozial ist "sozialverträglich"?
Antworten auf die zentralen Fragen.
Was genau passiert bei "sozialverträglichem" Stellenabbau?
Alle Maßnahmen, die betriebsbedingte Kündigungen vermeiden helfen, werden als sozialverträglicher Stellenabbau bezeichnet. Unternehmen haben dabei mehrere Möglichkeiten: Sie können die natürliche Fluktuation nutzen und frei werdende Arbeitsplätze nicht mehr besetzen. Sie können zudem Leiharbeit reduzieren, auslaufende Verträge nicht verlängern sowie Vorruhestand oder Abfindungen anbieten. Auch eine Verlagerung von Stellen in andere Betriebssparten oder der Wechsel von Beschäftigten in eine Transfergesellschaft gehören dazu.

Was ist beim Wechsel in eine Transfergesellschaft zu beachten?
Transfergesellschaften sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit machen für einen neuen Job. Die Gesellschaften stellen die ausscheidenden Beschäftigten vorübergehend an. "Man wird insofern nicht sofort arbeitslos, erhält weiterhin einen Teil seines Gehalts und ist weiterhin sozialversichert", erklärt Rechtsanwältin Elisa Härder von der Würzburger Kanzlei Steinbock & Partner.
Betroffene sollten darauf achten, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen per Aufhebungsvertrag für immer beendet wird. Ein Wechsel in eine Transfergesellschaft komme in erster Linie für diejenigen in Frage, "die keine Anschlussbeschäftigung in Aussicht haben", sag die Arbeitsrecht-Expertin. Nachteil sei, dass die Gehälter in einer Transfergesellschaft geringer als im angestammten Unternehmen seien. Das drücke später wiederum das Arbeitslosengeld, wenn jemand in der Transferzeit keine neue Stelle bekommt.
Was muss man zu Vorruhestandsregelungen wissen?
Für den vorzeitigen Wechsel in die Rente gibt es mehrere Möglichkeiten. Zu den bekanntesten zählt die Altersteilzeit, also der stufenweise Übergang in den Ruhestand. Wichtig dabei: Wer früher aus dem Arbeitsleben ausscheidet, muss mit Abschlägen bei der gesetzlichen Rente klarkommen, lautet der Hinweis von Rechtsanwältin Härder.
Es gebe aber "steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, die den Übergang in den finanziell abgesicherten Vorruhestand erleichtern". Wer dabei Hilfe braucht, sollte sich an Steuerberater oder Fachanwälte für Arbeits- und Steuerrecht wenden.
Was ist wichtig bei Abfindungen?
Wie viel Geld ein Unternehmen als Abfindung gibt, sei nicht festgelegt, sagt Anwältin Härder. Sind die Stellenstreichungen mit besonders massiven Einschnitten für die Betroffenen verbunden, könne der Betrag höher ausfallen als bei der sogenannten Regelabfindung. Sie berechnet sich so: halbes Bruttomonatsgehalt mal Zahl der Beschäftigungsjahre in dem Betrieb.
Weil auch das Finanzamt auf die Höhe der Abfindung schaut, sollte im Vorfeld eine Steuerberaterin oder ein Steuerberater eingeschaltet werden, rät Härder. Beispielsweise könne eine verzögerte Auszahlung des Geldes eventuell die Steuerlast senken.

Was sollten Beschäftigte tun, die von sozialverträglichem Stellenabbau betroffen sind?
"Keine überstürzten Entscheidungen treffen" und nichts vorschnell unterschreiben, ist der Tipp von Vanessa Mahler von der DGB Rechtsschutz GmbH in Würzburg. Betroffene sollten erst mal professionellen Rat suchen, zum Beispiel von Betriebsrat oder Gewerkschaft. Mahlers Warnung: Verlockende Angebote bei Aufhebungsverträgen hätten mitunter gravierende Nachteile bei den Sozialleistungen zur Folge.
Die Rechtsschutz-Expertin rät auch, bei Abfindungen vorab einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin einzuschalten, um die steuerrechtlichen Folgen zu klären. Zudem sollte man bei der Deutschen Rentenversicherung und der Agentur für Arbeit die Auswirkungen der Abfindung auf Rente und Sozialleistungen prüfen lassen.

Woran erkennt man, dass das Unternehmen eigentlich betriebsbedingte Kündigungen anstrebt?
Wenn es in dem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, sei die Sache ungefährlich, meint Rechtsanwältin Elisa Härder. Denn mit diesem Gremium müsse der Arbeitgeber verbindliche Vereinbarungen treffen, wie der Stellenabbau ablaufen muss.
Grundsätzlich sei jedes Unternehmen "gut beraten, nach sozialverträglichen Lösungen zu suchen", ist Härder überzeugt. Schon deswegen, weil ein rücksichtsvoller Umgang dem guten Ruf des Betriebes diene.
Ein sozialverträglicher Stellenabbau könne das vom Arbeitgeber gesteckte Ziel auch verfehlen, sagt Vanessa Mahler, Teamleiterin bei der DGB Rechtsschutz. Werde die Abbauquote nicht erreicht, dann "greifen die Unternehmen natürlich zum Instrument der betriebsbedingten Kündigungen". Kommt es so weit, sollten Betroffene erst recht den Betriebsrat einschalten.
Wie sozial ist "sozialverträglicher" Stellenabbau wirklich?
Das sei schwer zu beantworten, so Mahler. Denn alle Beteiligten hätten unterschiedliche Sichtweisen. Die Gewerkschafterin ist überzeugt, dass das Attribut "sozialverträglich" für Unternehmen vor allem eine Art Etikett sei, um die Akzeptanz eines Stellenabbaus "in der Belegschaft und der Bevölkerung allgemein zu erhöhen". Versprechungen der Arbeitgeber "sind oft rosarot" und dienten mehr der eigenen Außendarstellung als dem Wohl der Beschäftigten, meint Mahler.