Nachdem die massiven Proteste der Landwirtschaft etwas abgeflaut sind, treten nun der Mittelstand und das Handwerk verstärkt auf den Plan. Bei einer Protestaktion unter der Überschrift "Demonstration des Mittelstands in der Mitte Deutschlands"am ehemaligen Grenzübergang bei Eußenhausen versammelten sich nach Angaben von Versammlungsleiter Jens Rühlemann mehr als 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Vertreter verschiedener Branchen sowie Politiker aus Bayern und Thüringen griffen teilweise mit scharfen Äußerungen die Bundesregierung an. Hauptredner war Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.

Laut war der Jubel, als Hubert Aiwanger auf der "Schanz" eintraf. Die letzten Meter zum Veranstaltungsort fuhr der bayerische Wirtschaftsminister auf einem Schlepper mit. Seine Solidarität mit der Landwirtschaft brachte der Niederbayer in seiner Rede wiederholt zum Ausdruck.
Die Kundgebung am Grenzstreifen ist die zweite große Aktion, die Jens Rühlemann, Bauunternehmer und Spediteur aus Mellrichstadt, auf die Beine stellte. Bei der Premiere an den Einkaufsstätten im Mellrichstädter Gewerbegebiet drehten etwa 40 Traktoren die Runde. Wurden dort die Forderungen noch eher moderat und sachlich vorgetragen, so war die Stimmung auf der Schanz gereizter und der Ton schärfer.

Schmalkalden-Meiningens parteilose Landrätin Peggy Greiser kritisierte denn auch als eine der letzten Redner die Polemik und den wahlkampfartigen Stil in den Beiträgen ihrer Vorredner, wenngleich sie sich mit den Anliegen der Demonstranten solidarisch erklärte. Insgesamt verlief die Kundgebung, die von einem großen Polizeiaufkommen begleitet wurde, friedlich.
Aiwanger wettert gegen Fehler in der Agrarpolitik
Die deutlichsten Worte gebrauchte der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, der selbst Landwirt ist. Scharf ging Hubert Aiwanger ein weiteres Mal mit der Berliner Ampelkoalition ins Gericht. Die Kundgebung war auch als Solidaritätsveranstaltung für das Transportgewerbe und das Handwerk gedacht. Aiwangers Kritikpunkte waren entsprechend weit gestreut. Im Bereich der Landwirtschaft prangerte er Themen wie Billigimporte, fehlende Schlachthöfe, seiner Meinung nach übertriebene Hygienevorschriften und die Düngemittelverordnungen an. "Die Kuh ist nicht schuld am Klimawandel", rief er.
Kritik am Bürgergeld
Darüber hinaus führte er Themen wie eine zu hohe Steuerlast, überhöhte Energiekosten und Wettbewerbsnachteile für den gewerblichen Güterverkehr ins Feld und forderte einen Abbau der Bürokratie. Außerdem kritisierte er die Auszahlung von Bürgergeld. "Wer eine Arbeitsstelle ablehnt, muss das auch zu spüren bekommen", erklärte Aiwanger. "Hubert, Hubert!" skandierten am Ende die Zuhörer.

Mit scharfen Worten geizte auch Astrid Hatzel von der Agrargenossenschaft Schmalkalden-Schwallungen nicht. Die Proteste hätten die Bauern wieder zu einer Gemeinschaft zusammengeführt und eine breite Solidarität in der Bevölkerung gefunden. Ihrer Meinung nach sei in Thüringen die Bürokratie noch größer als in Bayern. Über die Landesgrenzen hinaus sparte sie auch nicht mit Kritik an der Bundesregierung.
Kritik am Transportabkommen mit der Ukraine
Noch aggressivere Töne schlug Bärbel Karnik aus dem Vorstand des Bundesverbands Logistik und Verkehr an. Lastwagenfahrer würden kein einfaches Leben führen und sähen sich mit Niedriglöhnen konfrontiert. Das Transportabkommen mit der Ukraine würde die heimischen Spediteure benachteiligen und müsse rasch wieder beseitigt werden, richtete sich Karnik direkt an Aiwanger.

Auch der Rhön-Grabfelder Bäcker-Innungsobermeister Ulli Amthor aus Waltershausen wandte sich an den Wirtschaftsminister und forderte eine Entlastung nicht nur seines Handwerks. Um ihm das Thema "schmackhaft zu machen", überreichte Amthor dem bayerischen Wirtschafstminister eine große Brezel.
Aiwanger auf Trassenpläne angesprochen
Der Thüringer Landtagsabgeordnete Michael Heym (CDU) sprach Hubert Aiwanger auf dessen Vorstoß zum Ausbau einer weiteren Stromtrasse über Thüringer Gebiet an. "Redet vorher mit uns", verlangte Heym. Thüringen sei bereits jetzt zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Wie anschließend sein bayerischer Amtskollege Steffen Vogel kritisierte auch Heym scharf die Bundesregierung.
Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus und sein Amtskollege Christoph Friedrich aus der Thüringer Gemeinde Rhön-Blick schlugen wiederum moderatere Töne an. Kraus betonte, dass auch die kommunalen Verwaltungen unter zu viel Bürokratie leiden würden, deren Abbau sich aber stets alle Parteien auf die Fahne geschrieben hätten.
Friedrich begrüßte insbesondere den solidarischen Charakter der Veranstaltung. "Wir sind alle Franken", meinte er.
Der Artikel wurde im Laufe des Montags aktualisiert.