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Bad Neustadt: Sexuell übergriffig gewesen: Früherer Mitarbeiter des Rhön-Klinikums Bad Neustadt zu Bewährungsstrafe verurteilt

Bad Neustadt

Sexuell übergriffig gewesen: Früherer Mitarbeiter des Rhön-Klinikums Bad Neustadt zu Bewährungsstrafe verurteilt

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    Verurteilt zu einer Bewährungsstrafe: ein früherer leitender Mitarbeiter des Rhön-Klinikums Bad Neustadt vor der Urteilsverkündung am Amtsgericht mit den Verteidigern Marijon Kayßer und Simon Becker.
    Verurteilt zu einer Bewährungsstrafe: ein früherer leitender Mitarbeiter des Rhön-Klinikums Bad Neustadt vor der Urteilsverkündung am Amtsgericht mit den Verteidigern Marijon Kayßer und Simon Becker. Foto: Josef Lamber

    Das Amtsgericht Bad Neustadt hat einen früheren leitenden Mitarbeiter des Rhön-Klinikum Campus wegen sexueller Übergriffe auf zwei Auszubildende zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. Im Fall eines dritten Auszubildenden kam das Gericht am Donnerstag zu einem Teilfreispruch. Außerdem muss die ehemalige Führungskraft je 2500 Euro an zwei soziale Einrichtungen im Landkreis Rhön-Grabfeld zahlen. Der 45-jährige Angeklagte verfolgte die  Urteilsverkündung äußerlich gefasst.

    Staatsanwältin Melanie Roth hatte eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten auf Bewährung und Teilfreispruch gefordert, die Verteidigung einen Freispruch in allen Anklagepunkten. "Wir haben gesehen, wie belastend ein solches Verfahren ist. Sowohl für die Geschädigten, als auch für den Angeklagten. Und welche Probleme entstehen, wenn das Gericht nur auf Zeugen als Beweismaterial zurückgreifen kann", sagte Richterin Kathrin Hofmann in ihrer Urteilsbegründung.

    Gericht hält Aussagen zweier Azubis für "absolut glaubhaft"

    Der Angeklagte habe beim Grillabend im Oktober 2023 Alkohol getrunken und sei gelöst und locker gewesen: "Er war angetrunken, aber seine Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt". Die sexuellen Annäherungen an zwei Azubis mit Griff von hinten in die Hose und unter die Unterhose sehe das Gericht als erwiesen an. Die jungen Männer hätten nicht damit gerechnet, sagte Hofmann. Die Führungskraft habe in beiden Fällen einen Überraschungsmoment ausgenutzt.

    "Sie wollten niemanden erniedrigen, unterdrücken oder ihre Macht ausspielen."

    Richerin Kathrin Hofmann zum Angeklagten

    In seinem Vortrag am Morgen nach dem Grillfest habe der Angeklagte dann gesagt, sich nicht mehr an alles erinnern zu können. Er wolle sich aber entschuldigen. "Es gibt keine begründeten Zweifel daran, dass die Geschehnisse sich so abgespielt haben, auch wenn Sie das bestritten haben", sagte die Richterin zu dem 45-Jährigen. Was die beiden Betroffenen vor Gericht ausgesagt hätten, sei glaubhaft und nachvollziehbar gewesen. 

    Für die Glaubwürdigkeit der Auszubildenden spreche auch, dass sie die Vorfälle erst einige Zeit nach dem Grillfest gemeldet hatten, erklärte Hofmann. Die Azubis hätten sich geschämt und Angst um ihren Ausbildungsplatz gehabt. Und: "Es gibt keinen einzigen Anhaltspunkt für untereinander koordinierte Aussagen."

    Richterin: Homosexuelle Neigungen eine private Angelegenheit

    Dass der frühere Klinik-Mitarbeiter homosexuelle Neigungen habe, sei Privatsache. Die Auszubildenden hätten davon nichts gewusst. Der 45-Jährige habe die Neigung im Verborgenen ausgelebt, erklärte die Richterin. Das belegten Chatprotokolle, auch wenn der Angeklagte dies gegenüber der Polizei bestritten habe. Dass er auch Praktiken ausgeübt habe, wie sie ihm jetzt im Prozess als sexuelle Übergriffe zur Last gelegt wurden, sei einvernehmlich geschehen.

    "Sie sind kein Monster": Richterin Kathrin Hofmann im Prozess gegen eine ehemalige Führungskraft des Rhön-Klinik Campus am Amtsgericht Bad Neustadt.
    "Sie sind kein Monster": Richterin Kathrin Hofmann im Prozess gegen eine ehemalige Führungskraft des Rhön-Klinik Campus am Amtsgericht Bad Neustadt. Foto: Anand Anders

    In seinem letzten Wort hatte der Angeklagte sich selbst "Monster" genannt. "Sie sind kein Monster", sagte die Richterin an den 45-Jährigen gewandt. "Sie wollten niemanden erniedrigen, unterdrücken oder ihre Macht ausspielen. Es sollte sich für Sie um eine Anmache handeln, die schon akzeptiert werde". Auch deshalb werde der 45-Jährige nicht wegen Vergewaltigung verurteilt, wie in der Anklageschrift formuliert.

    Die Vorfälle seien eine "alkoholbedingte Dummheit" gewesen: "Sie haben sich von der lockeren und gelösten Stimmung mitreißen lassen, es halt einmal zu versuchen", sagte Hofmann. Zulasten des 45-Jährigen wertete das Gericht, dass er die Übergriffe als Vorgesetzter an Azubis verübt und damit ein Betreuungsverhältnis ausgenutzt habe. Außerdem war einer der Betroffenen noch minderjährig.

    Aussage des dritten Azubis reichte nicht für eine Verurteilung

    Der dritte mutmaßlich Betroffene habe Vorfälle nur bruchstückhaft, nicht konstant, widersprüchlich und ohne Details vor Gericht dargestellt. "Wir sind uns sicher, dass auch hier etwas passiert ist. Allerdings können wir nicht mit der erforderlichen Sicherheit sagen, was", erklärte die Richterin. Deshalb erfolge in seinem Fall ein Freispruch.

    Für den Angeklagten spreche, dass er nicht vorbestraft sei und dass es sich um zwei kurze Geschehnisse gehandelt habe. Der 45-Jährige habe durch die Vorfälle wirtschaftliche und berufliche Nachteile erfahren. Er und seine Familie würden angefeindet und bedroht. Die ehemalige Führungskraft werde wohl nie wieder wie bisher beruflich Fuß fassen können, sagte Hofmann.

    Weil seine Sozialprognose positiv und der 45-Jährige familiär eingebunden sei, gehe das Gericht nicht davon aus, dass es noch einmal zu ähnlichen Vorfällen komme. Die Strafe werde deshalb für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

    Urteil ist noch nicht rechtskräftig

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Binnen einer Woche kann Berufung oder Revision eingelegt werden. 

    Die Rhön-Klinikum AG erklärte nach der Urteilsverkündung in einer Mitteilung, von den Geschehnissen "tief betroffen" zu sein. Die Klinik wolle weiterhin ein Umfeld schaffen, in dem sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher fühlen.

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