Bereits um kurz nach 18 Uhr bildet sich vor der Mellrichstädter Streuwiese eine lange Schlange an Menschen, die auf das Gelände des erstmals stattfindenden Streutal-Festivals wollen. Im Nieselregen ist dabei vor allem eines auffällig: Die meisten Besucherinnen und Besucher tragen Schwarz. Ob Lederjacken, Kutten oder Kappen, alles, was ein echter Metal-Fan im Repertoire haben sollte, ist dabei.

Gekommen sind die dunkel gekleideten Festivalgäste wegen der Rammstein-Coverband Stahlzeit, so auch Manu aus Bergrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) und seine beiden Kumpels Timothy und Marco. Der Metal-Fan ist eine mächtige Erscheinung, trägt ein Stahlzeit-T-Shirt und eine Rammstein-Kappe. Wenn er seinen Jackenärmel hochschiebt, sieht man sein Rammstein-Tattoo, das auf seinem rechten Unterarm prangt. "Die Stahlzeitshow finde ich besser, weil man sich Rammstein nicht leisten kann", sagt der Rammstein-Fan. "Ich gebe dafür keine 600 Euro aus."

Beim Gang über das bereits kurz vor 19 Uhr gut gefüllte Festivalgelände fällt Walter Köhler mit seinem Cowboyhut auf. Der 67-Jährige aus Schonungen ist mit einem Freund da - "wegen Stahlzeit und dem Festivalfeeling". "Ich liebe es und bin nicht zum ersten Mal auf einem Festival", erzählt er begeistert und zeigt seine gesammelten Festivalbändchen am Arm.

Kumpel Ulrich Römmelt lobt die Los Krawallos, die das Festival – wie vom Wacken Open Air gewohnt – mit Blasmusik eröffnet haben. "Ich bin positiv überrascht", sagt er. Neben den Los Krawallos heizten auch Metlash aus Mellrichstadt und Rafiki aus Ostheim dem Publikum ein, bevor die große Pyroshow von Stahlzeit beginnt.

Bianca Diesel aus Sondheim im Grabfeld sind die Vorbands nicht so wichtig, sie ist wegen der Metal-Coverband gekommen. "Alles andere interessiert mich nicht", sagt sie selbstbewusst. "Ich höre und sehe die zum ersten Mal", schiebt sie nach, denn eigentlich ist sie Fan der Rockband Böhse Onkelz.

Stahlzeit-Show: Feuer, Flammen und dröhnende Bässe auf der Bühne
Um 21.45 Uhr ist es dann so weit: Unter Feuerregen und Nebelschwaden betritt die Band Stahlzeit die Bühne. Die Bässe dröhnen, das schwarz gekleidete Publikum grölt schon mit. Über den ganzen Abend sind immer wieder Feuerstöße auf der Bühne zu sehen, Funkenregen, der herabregnet und Feuerwerk, das über der Bühne im Nachthimmel explodiert.

Wem das nicht genug ist, der bekommt noch mehr von der Band geboten: einen Sänger, der unter anderem als Metzger verkleidet zu sehen ist oder ein Bandmitglied, das sich von der tosenden Menge auf einem Schlauchboot sitzend zum Bierstand und zur Bühne zurücktragen lässt. Von der Bühne schallt es nur: "Sechs Bier für die Band." Bis wenige Minuten vor Mitternacht dauert die Show der Rammstein-Coverband.
Stahlzeit kommt beim Streutal-Festival gut an
Beim Publikum kommt das Feuerspektakel von Stahlzeit gut an. Während der Show zeigen sich die meisten der Gäste begeistert. Konzertbesucher Max findet das Stahlzeit-Konzert "Klasse", während Yvonne nicht nur Stahlzeit "richtig gut" gefallen hat, sondern auch die zweite Vorband – die Mellrichstädter Band Metlash.
Metalfan Saskia hat das Stahlzeit-Konzert "sehr gut" gefallen. Die Show sei generell gut gemacht, sagt sie. "Wenn man Rammstein schon mal gesehen hat, ist das ein gutes Pendant", lobt sie die Cover-Band. Lediglich Besucher Thomas ist während des Konzerts nicht ganz überzeugt: "Ich habe mir mehr erwartet von der Band – von den Leuten und Action." Insgesamt seien laut Veranstalterin 4000 Gäste am ersten Abend auf der Streuwiese gewesen.
Stahlzeit-Bassist Sam Elflein: "Ich komme gerne wieder"
Für den Stahlzeit-Bassisten Sam Elflein ist der Auftritt auf der Streuwiese ein echtes Heimspiel. Der aus Ebern (Lkr. Haßberge) stammende 52-Jährige arbeitet nämlich nicht nur in Bad Neustadt, sondern wohnt auch in Mühlbach. "Man ist aufgeregt", beschreibt er nach dem Konzert das Gefühl, das er während der Show hatte, bei der seine Freundin, Freunde und Familie im Publikum standen.
"Es war eine Mega-Veranstaltung und hat einfach nur Spaß gemacht", freut sich Elflein über den "total geilen Abend". Aber: "Ich bin echt platt", erzählt er komplett durchgeschwitzt im Backstagebereich. Vor dem Konzert hatte er mit seinen Arbeitskollegen noch ein Teamevent in der Rhön, danach ging es für alle zu Stahlzeit. Elflein kündigt an: "Ich komme gerne wieder."

Mit dem ersten Festival-Tag ist Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus "sehr zufrieden". "Es war ein toller und friedlicher Abend", sagt Kraus. Er habe den ganzen Abend nur positives Feedback bekommen. "Das Set konnte sich wirklich sehen lassen", sagt er.
Kraus meint: "Stahlzeit hat massiv überzeugt." Der Bürgermeister hat aber auch für die lokalen Vorbands ein "großes Lob" übrig. Und: "Ich bin sehr stolz auf unsere Helfer", so Kraus, denn möglich gemacht hätten den Abend unzählige Ehrenamtliche aus den Vereinen der Stadt. Beim Abbau würden sogar die Musiker der Vorbands helfen.
Nebengeräusche vor dem Auftritt der Rammstein-Coverband
Nach Bekanntwerden des Rammstein-Skandals mit Vorwürfen gegen deren Sänger Till Lindemann wegen mutmaßlichen sexuellen Übergriffen, ist man auch beim Streutal-Festival nicht um die Frage herum gekommen, warum eine Rammstein-Coverband in Mellrichstadt auftritt.
"Für uns war das kein Thema, weil es an einer Einzelperson hängt und Stahlzeit eine Coverband ist, die Rammstein nicht persönlich kennt", sagt Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus am Abend zum Thema. Die Band äußerte sich bereits vor einem Auftritt in Würzburg und verwies ebenfalls darauf, dass man keinen persönlichen Kontakt zu Bandmitgliedern von Rammstein habe. Von den Vorwürfen habe man nichts geahnt und könne sich als Außenstehende nicht äußern. Laut Management gelte es, eine Aufarbeitung der Fakten abzuwarten. Bei der "Rammstein Tribute Show" zolle die Band dem "künstlerischen Bühnenwerk" Respekt. Für die Besucherinnen und Besucher war das Thema am Freitagabend Nebensache.
In den nächsten Tagen lesen Sie hier außerdem alles über das Silbermond-Konzert und den XXL-Schlagermarathon beim Streutal-Festival.